Der Glaube im US-Wahlkampf

Religion spielt im öffentlichen Leben der USA eine große Rolle. So haben Glaube und Moral von Politkern auch Einfluss auf die diesjährige Präsidentschaftswahl. Themen wie Abtreibung und Homo-Ehe sind gerade bei evangelikalen Wählern "moralische Lackmustests" für die Bewerber zum höchsten Amt der USA. Das "Pew Forum on Religion & Public Life" stellt die Ansichten der Kandidaten zu ethischen Streitfragen zusammen.
Von PRO

Seit 2001 geht das Forschungsinstitut „Pew Research Center“ auf einem eigenen Internetportal den Zusammenhängen zwischen Religion und öffentlichem Leben ausführlich auf den Grund. Im „Pew Forum on Religion & Public Life“ werden auch die diesjährigen Bewerber um die Präsidentschaft in den USA unter die Lupe genommen. Wie stehen Barack Obama, Hillary Clinton oder John McCain zu Themen wie Abtreibung und Homo-Ehe? Welchen religiösen Hintergrund haben die Politiker?

Das Forum ist zum einen ein Informationsportal, das Nachrichten sammelt und aktuelle Entwicklungen erforscht. Zugleich sei die Einrichtung ein neutraler Ort für Diskussionen. So beschreibt sich das Forum auf seiner Internetseite. Es will zu einem tieferen Verständnis von Themen beitragen, in denen sich Religion und Öffentlichkeit überschneiden. Als unabhängige nicht interessengebundene Organisation bezieht es nach eigenen Angaben keine Stellung in politischen Debatten. So will das Pew-Forum als Quelle für aktuelle, unparteiische Informationen für Politiker, Journalisten, Gelehrte und Interessengruppen arbeiten.

Das Forum erforscht schwerpunktmäßig die Zusammenhänge von Religion mit Politik, Recht, Innenpolitik und Weltgeschehen. Damit ist auch der diesjährige US-Wahlkampf ein wichtiges Thema, das unter „Religion & Politics ’08“ ausführlich behandelt wird. Die Bewerber der Demokraten und Republikaner werden mit Profil und religiösem Lebenslauf vorgestellt. Außerdem werden ihre Positionen zu Streitfragen wie Abtreibung, Homo-Ehe, Stammzellenforschung oder Todesstrafe zusammengefasst und auch mit Quellen belegt.

Zudem verweist das Forum auf Nachrichten sowie Beiträge von Weblogs und anderen Internetseiten. Es werden wichtige Bundesstaaten mit ihrem religiösen Profil und früheren Wahlergebnissen dargestellt. Außerdem kann man wissenschaftliche Analysen und Umfrageergebnisse einsehen, zum Beispiel zum Thema „Der Faktor Religion bei der Wahl 2008“.

Wahlkriterium Religion

Wie relevant das Thema Religion bei den Präsidentschaftswahlen ist, zeigen nicht nur die Beiträge im Pew-Forum. Auch in anderen US-amerikanischen Medien sind Glaube und ethische Positionen der Politiker immer wieder Thema, zum Beispiel die Verbindungen des Demokraten Barack Obama zum Islam. Das Pew-Forum stellt seine religiöse Biografie ausführlicher dar.

Aufgewachsen ist er nach eigenen Angaben nicht „sonderlich religiös“. Sein kenianischer Vater wurde muslimisch erzogen, wurde aber Atheist, bevor er Obamas Mutter, eine weiße Amerikanerin, traf. Die Mutter war in zweiter Ehe mit einem Indonesier verheiratet, der laut Obama eine Art Islam mit animistischen und hinduistischen Einflüssen praktizierte. In Indonesien besuchte er drei Jahre lang eine katholische Schule und für ein Jahr eine hauptsächlich muslimische öffentliche Schule. Auch Obamas zweiter Vorname, Hussein, führte in den Medien zu Fragen nach seiner religiösen Identität. Ein Sprecher sagte dazu: „Senator Obama war nie ein Muslim“ und „ist ein engagierter Christ“. Heute ist er Mitglied der Trinity Church of Christ in Chicago.

„Moralische Lackmustests“: Abtreibung und Homosexualität

Besonders für evangelikale Wähler sind die religiösen Einstellungen der Präsidentschaftsbewerber von großer Bedeutung. Das zeigt die Frage eines protestantischen Pfarrers, der Obama bei einer Versammlung in einem College in Ohio auf die Streitthemen Abtreibung und gleichgeschlechtliche Partnerschaften ansprach. Laut dem Nachrichtendienst CNSNews.com sagte der Geistliche: „Ihre Kampagne bringt die meisten evangelikalen Christen in eine Zwickmühle, denn ich meine, sie glauben an die soziale Agenda, die Sie haben. Aber sie haben ein Problem mit dem, was die Konservativen als moralische Lackmustests dafür angelegt haben, wer würdig ist und wer nicht. So will ich Sie bitten, zu diesen beiden Fragen zu sprechen.“

Obama sprach sich für eine rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Verbindungen aus. Diese sollten, so der Demokraten, jedoch nicht „Ehe“ genannt werden. „Wenn Leute das kontrovers finden, dann würde ich sie einfach auf die Bergpredigt verweisen.“ Diese sei seiner Meinung nach und für seinen Glauben „zentraler als eine obskure Passage im Römerbrief“. Der Brief des Apostels Paulus an die Römer verurteilt praktizierte Homosexualität als „schändliche Leidenschaften“ (Römer 1,26).

Obama verteidigte außerdem seine Haltung zum Thema Schwangerschaftsabbruch. Abtreibungen seien „immer tragisch“. Im Endeffekt sei er jedoch der Ansicht, Frauen seien „in Absprache mit ihren Pastoren und ihren Ärzten und ihrer Familie besser in der Lage, diese Entscheidungen zu treffen als einige Bürokraten in Washington“. Er respektiere Andersdenkende, so Obama. „Aber Ich denke gewiss nicht, dass mich das weniger christlich macht.“ Zuvor bekundete der Politiker: „Ich bin ein strenggläubiger Christ.“ Sein Glaube sei ihm wichtig und eine Führung für sein Leben und seine Werte. Jedoch wolle er ihn niemandem aufdrücken.

Natürlich haben auch Hillary Clinton oder John McCain, der republikanische Favorit, ihre dezidierte Meinung in diesen ethischen Fragen. Das „Pew Forum on Religion and Public Life“ listet die Positionen der Politiker auf. Clinton, Obamas Rivalin, sagt etwa, die Verfassung schütze das Recht auf Abtreibung. Als der Oberste Gerichtshof der USA letztes Jahr entschied, dass Abtreibungen im fortgeschrittenen Schwangerschaftsstadium verboten bleiben, nannte sie dies eine „Aushöhlung unserer Verfassungsrechte“. Ihrer Meinung nach solle die Regierung aktiv dazu beitragen, die Zahl der Abtreibungen zu verringern, zum Beispiel durch bessere Sexualaufklärung. Religiöse Gruppen lobte sie, weil sie für Enthaltsamkeit werben.

Außerdem spricht Clinton sich gegen die Homo-Ehe aus, aber für eingetragene Lebenspartnerschaften. John McCain, Präsidentschaftsbewerber der gemeinhin konservativeren Republikaner, lehnte ebenso wie Clinton eine Verfassungsänderung ab, die Homo-Ehen verbieten sollte. Dennoch sagt er, die Ehe sollte auf Mann und Frau beschränkt sein. Diese Haltung zeigte sich in der Vergangenheit auch in seiner Politik. Auch beim Thema Abtreibung vertritt McCain eine konservativere Position. Er unterstützt das Verbot von Abtreibungen außer in Fällen von Vergewaltigung und Inzest oder, wenn das Leben der Schwangeren bedroht ist.

Weitere Informationen zum Thema (auf Englisch): www.pewforum.org

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