Der Fall Jones: Tut er’s oder tut er’s nicht?

Einen Tag vor seiner geplanten Koranverbrennung scheint US-Pastor Terry Jones einzulenken – oder doch nicht? Am Donnerstag hatte Jones angekündigt, die Aktion abzublasen. Kurze Zeit später nahm er diese Entscheidung wieder zurück. Derweil ist sein Vorhaben zum Selbstläufer geworden: Jones hat bereits Nachahmer gefunden.

Von PRO

Kaum ein Mächtiger dieser Welt hat sich in den vergangenen Tagen nicht öffentlich zum Fall Terry Jones geäußert. US-Präsident Barack Obama bestand darauf, dass der Pastor sein Vorhaben, den Koran am 11. September symbolisch zu verbrennen, absagt. Der afghanische Präsident Hamid Karzai zeigte sich ebenso empört über die fundamentalistische Aktion wie Außenministerin Hillary Clinton oder der Kommandeur der US-Streitkräfte in Afghanistan, General David Petraeus. Medienberichten zufolge soll sogar das FBI Jones einen Besuch abgestattet haben. Am Donnerstag schien es dann, als lenke der Fundamentalist tatsächlich ein.

Öffentlich verkündete er, es werde keine Koranverbrennung geben. Der Grund: Er habe eine Vereinbarung mit der muslimischen Gemeinde in New York getroffen, die für den umstrittenen Bau einer Moschee nahe Ground Zero verantwortlich sei. Die Moschee solle nun an anderer Stelle gebaut werden. Statt wie geplant 200 der muslimischen Glaubensbücher zu verbrennen, werde er am Samstag nach New York fliegen, um sich mit dem für das Moschee-Projekt zuständigen Imam zu treffen. Der jedoch zeigte sich überrascht: "Wir werden nicht mit unserer noch mit irgendeiner anderen Religion spielen. Noch werden wir einen Tauschhandel treiben", hieß es umgehend von Imam Feisal Abdul Rauf aus New York. Auch die Entwickler des muslimischen Kulturzentrums "Park51" bezeichneten die Ankündigung laut "Zeit Online" als haltlos. Daraufhin nahm Jones seine Absage zurück. "Wir sagen die Veranstaltung nicht ab, aber wir setzen sie aus", sagte Jones dem Fernsehsender NBC.

Koran-Streit wird zur Posse

Auch der New Yorker Bauunternehmer Donald Trump hat sich in den Streit eingemischt. Laut "Spiegel Online" soll er der muslimischen Gemeinde ein Kaufangebot für das Grundstück ihrer geplanten Moschee unterbreitet haben. Er wolle den Muslimen 25 Prozent mehr für das Grundstück zahlen, als sie selbst ausgegeben haben. Dafür müssten sie aber zusagen, ihr kulturelles Zentrum mit der Moschee wenigstens fünf Häuserblocks von Ground Zero entfernt zu errichten.

Egal ob Jones seinen Plan in die Tat umsetzt oder nicht: Am Jahrestag des Anschlags auf das World Trade Center könnte der Koran so oder so in Flammen aufgehen. Reverend Bob Old, derzeit Leiter der Gruppe "Disciples of Christ" ("Jünger Christi") im Bundesstaat Tennessee, teilte Medienberichten zufolge mit, er werde zum Jahrestag der Terroranschläge des 11. September auf seinem Grundstück eine Ausgabe des Koran verbrennen und ein Video davon ins Internet stellen. "Wenn die ihre Religion haben wollen, sollen sie sie anderswo haben", zitiert ihn das "Hamburger Abendblatt" unter Berufung auf die Tageszeitung "The Tennessean".

Der deutsche Afghanistan-Experte Thomas Ruttig hat unterdessen auf die Gefahren durch eine solche Aktion hingewiesen: "Der Taliban-Propaganda dient das auf alle Fälle", sagte der Ko-Direktor des Afghanistan Analysts Network (AAN) der Nachrichtenagentur dpa. Sollten die radikalen Christen in den USA ihre Drohung wahr machen, "werden islamistische Kreise das als Argument gegen das gesamte internationale Engagement in Afghanistan nutzen". Derweil meldet der Evangelische Pressedienst den ersten Toten bei Protesten gegen Jones Aktion. Ein Demonstrant soll bei Ausschreitungen vor einer NATO-Militärbasis im Norden Afghanistans erschossen worden sein. (pro)

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