Im Mittelalter habe es Päpste gegeben, die behauptet hätten, an Jesu Stelle die Welt zu regieren. Auf der anderen Seite habe es die Mönche gegeben, die sich der Welt entziehen wollten, sagte Wright, der Research Professor für Neues Testament und frühes Christentum an der St. Andrews University in Schottland ist. "Die Reformatoren haben beide Ansätze verworfen." In Deutschland habe sich dann besonders Luthers "Zwei-Reiche-Lehre" durchgesetzt, die Theologen später aus Luthers Schriften ableiteten. Manche Christen hätten sich mit dieser "Trennung von Himmel und Erde, die Jesus eigentlich vereinigen wollte", abgefunden, erklärte der Neutestamentler. Der Charakter des "Reiches Gottes" sei aber missverstanden worden. Das Reich Gottes könne nicht durch Kraft oder Kämpfe aufgerichtet werden, das würde seinen Charakter zerstören. Mit wem Jesus sein Reich bauen wolle, habe er in der Bergpredigt erklärt, sagte Wright: Das Reich "kommt dann, wenn die Sanftmütigen, die Armen im Geist, die Friedensstifter und die nach Gerechtigkeit streben, Jesus nachfolgen." Es komme zunächst auf die innere Erneuerung der Menschen an. "Jesus zwingt nicht zur Unterordnung, schmeißt keine Bomben auf Menschen, sondern sendet die Armen und die Sanftmütigen, die Versöhnungsbereiten. Er segnet sie und dadurch werden sie zum Segen." Die Kirche habe die Berufung von Jesus, den "Mächtigen der Welt die Wahrheit zu sagen".
Weiter referierte Wright, im Laufe der Zeit hätten sich immer wieder Machtverschiebungen und neue Probleme ergeben, auf die die Kirche Antworten geben müsse. "Die Kirche muss dafür beten, die Zeichen der Zeit zu erkennen." Dafür gebe es in der Geschichte viele positive Beispiele wie Desmond Tutu, der im Gebet und in der Tat für die Wahrheit und die Versöhnung gekämpft habe. Dazu gehörten auch "viele Gemeinden, die trotz des Widerstands von Säkularisten Tag und Nacht arbeiten, um die heilende Liebe Gottes zu bringen". Diese Arbeit müsse "in der Kraft und durch den Sieg des Kreuzes geschehen". "Ohne die Kraft des Heiligen Geistes – nur aus unserer eigenen Kraft – wird unsere Arbeit einfach noch eine Art von Sozialarbeit, die mehr oder weniger Erfolg hat."
Vieles habe sich durch Jesus in der Welt schon verändert, betonte Wright. Menschen lägen falsch, wenn sie das Gegenteil behaupteten. Viele Werte und Fortschritte, die wir heute schätzten, seien christlichen Ursprungs. "Die meisten großen Imperative der Bildung, Erziehung, Medizin, Fürsorge waren in der antiken Welt nicht bedeutsam." Wright forderte die Zuhörer auf, für diese Werte zu kämpfen und sie zu ihren christlichen Wurzeln zurückzubringen. Dafür sollten sich Christen einsetzen, denn: "Die Welt gehört schon jetzt Jesus. Er ist nicht nur gekommen, um uns Dinge zu lehren oder uns einfach einen Weg in den Himmel zu zeigen. Er wollte das Reich Gottes ‚im Himmel und auf der Erde‘ starten. Das bleibt die Grundlage für die Arbeit des Reiches Gottes." (pro)