Es ist üblich, dass Organisationen mit politischen Anliegen vor anstehenden Abstimmungen Wahlprüfsteine veröffentlichen. So hat es in dieser Woche anlässlich der Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg auch die „Demo für Alle“ getan. Entsprechend ihrer eigenen politischen Anliegen befragte die Organisation nach eigenen Angaben acht Parteien danach, wie sie zu Gender Mainstreaming, dem Adoptionsrecht für Homosexuelle, Leihmutterschaft oder Sexualerziehung in Schule und Kita stehen. Die Auswertung aber gibt ein erstaunlich einseitiges Bild ab: Die AfD kommt in beiden Bundesländern ausschließlich gut weg. Die Grünen und die SPD hingegen stimmen mit keinem der Anliegen der „Demo für Alle“ überein.
In Sachsen hat die „Demo für Alle“ neben CDU, SPD, Grünen, AfD und Linken auch die Blauen von AfD-Aussteigerin Frauke Petry aufgenommen. Die FDP hingegen kommt überhaupt nicht vor. In Brandenburg sind lediglich SPD, CDU, Linke und AfD in der Liste enthalten. Auch hier fehlt die FDP und darüber hinaus auch die Grünen. Das wirkt parteiisch. Die Begründung lieferten die Macher der Wahlprüfsteine am Donnerstag via Twitter. Befragt worden seien alle Parteien, die derzeit in den jeweiligen Landesparlamenten vertreten sind oder Wahlumfragen zufolge Chancen haben, einzuziehen. Das umfasst auch die Blauen in Sachsen, da insgesamt fünf AfD-Abgeordnete nach der letzten Landtagswahl aus ihrer Fraktion aus- und in Petrys neue Partei eintraten. Offiziell werden sie als fraktionslos geführt. In Brandenburg fehlen in der Liste der „Demo für Alle“ damit wie in Sachsen die FDP, darüber hinaus aber auch die Freien Wähler und die Grünen. „Leider haben uns nicht alle Parteien auf die Wahlprüfsteine geantwortet“, begründen die Macher das.
Gegen Gender Mainstreaming und Adoptionsrecht für Homosexuelle
Insgesamt legte die „Demo für Alle“ den Parteien in Brandenburg und Sachsen sieben Thesen als Wahlprüfsteine vor, die sie zustimmend, ablehnend oder neutral bewerten konnten. Diese lauten zum Beispiel so: „Wir lehnen – insbesondere in Kitas und Schulen – Maßnahmen des Gender Mainstreaming ab, die statt die Gleichberechtigung der Geschlechter sicherzustellen, einer Verwirrung der Geschlechtsidentität Vorschub leisten.“ Oder: „Jedes Kind hat von Natur aus das Recht, eine Mutter und einen Vater zu haben und von ihnen beschützt, erzogen und umsorgt zu werden – auch wenn dies aufgrund von Schicksalsschlägen (Tod oder Trennung) manchmal nicht erfüllbar ist (siehe UN-Kinderrechtskonvention). Dieses Recht auf Mutter und Vater muss auch im Fall einer Adoption geachtet werden.“
Die Thesen wenden sich weiterhin gegen die „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ und eine „Sexualpädaogik der Vielfalt“ als Inhalte in Schulen und Kitas, gegen eine Legalisierung von Leihmutterschaft und gegen eine Einführung expliziter Kinderrechte ins Grundgesetz. Für gewöhnlich sind die Fragenkataloge bei Wahlprüfsteinen wesentlich umfassender. Zum Vergleich: Die Vereinigung Evangelischer Freikirchen stellte den Parteien vor der Bundestagswahl 35 Fragen zu ethischen und religiösen Themen. Die Arbeiterwohlfahrt verschickte vor der Europawahl 39 Fragen.
Obwohl die Auswertung der Parteiangaben, vielleicht auch aufgrund der wenigen Aspekte, ein sehr eindeutiges Bild ergibt – die AfD und die Blauen stimmen allen Aussagen zu, die Grünen in Sachsen und die SPD in beiden Bundesländern keiner einzigen – besteht die „Demo für Alle“ darauf, keine Wahlempfehlung abgeben zu wollen: „Unsere Wahlprüfsteine dienen allein der Orientierung über die familienpolitischen Positionen der verschiedenen Parteien“, heißt es in einem Blogeintrag auf der Internetseite der Organisation.
EAK und CdL: Keine Unterstützung der „Demo für Alle“
Auffällig ist, dass es bei den Thesen auch bei der CDU nur teilweise Übereinstimmungen gibt. Und das, obwohl die Christdemokraten für das Leben (CDL) in Baden-Württemberg und verschiedene Kreisverbände des Evangelischen Arbeitskreises der CDU (EAK) auf der Homepage der „Demo für Alle“ als Bündnispartner gelistet sind. Auf Anfrage von pro erklärte ein Sprecher des EAK Heilbronn, Kontakte zur „Demo für Alle“ habe es nur bis 2016 gegeben. Seither bestehe kein Kontakt. Die Bundesvorsitzende der CdL, Mechthild Löhr, erklärte telefonisch, es gebe keine Unterstützung der „Demo für Alle“, die gemeinsamen Aktivitäten beschränkten sich auf eine einzige in der Vergangenheit durchgeführte gemeinsame Veranstaltung. Zu den weiteren gelisteten Unterstützern der „Demo für Alle“ zählen verschiedene familienpolitisch ausgerichtete und katholische Organisationen, aber auch der Verein „Frau 2000plus“ dem Journalistin Birgit Kelle vorsitzt.
In Sachsen und Brandenburg wählen die Bürger am kommenden Sonntag neue Landtage. Die AfD könnte in beiden Bundesländern zu den Gewinnern gehören. In Brandenburg liefert sie sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der SPD. In Sachsen liegt sie Prognosen zufolge mehrere Prozentpunkte hinter der CDU an zweiter Stelle.
Von: Anna Lutz