Es ist schon länger bekannt, dass der beliebte Kinderbuchautor Janosch nicht nur nette Geschichten für Kinder geschrieben hat, etwa die über das schöne Panama. In den vergangenen Jahren setzte sich der zurückgezogen lebende 73-Jährige mehr denn je als Kirchenkritiker ein. „Katholisch geboren worden zu sein ist der größte Unfall meines Lebens“, sagt Janosch. Die Taufe karikierte er in einer Zeichnung so: Ein Priester schlägt ein Kreuz wie einen Pflock in das Herz des Täuflings ein, der von seiner Mutter über dem Taufbecken gehalten wird. Die Karikatur sorgte verständlicherweise für Wirbel.
Janosch: Kirche ist „Kasperletheater“
Janosch jedenfalls engagiert sich daher auch in der anti-religiösen Giordano-Bruno-Stiftung, die sich unter Aufwartung einiger Prominenter – derzeit allen voran Buchautor Richard Dawkins – den Kampf gegen die Religion auf die Fahnen geschrieben hat. Warum das ein erklärtes Ziel sein kann, ließ Janosch bei „Menschen bei Maischberger“ durchblicken. Er berichtete von seinen Erfahrungen mit der Kirche in seiner Kindheit, die ihn zu einem Glaubensgegner haben werden lassen. „Zuerst lehrte uns der Priester die Angst vor dem Teufel, später brachte mir meine Großmutter bei, dass ich mich auch vor Gott fürchten muss“, erzählte Janosch. Auch von seinen Erlebnissen mit Christen im Zweiten Weltkrieg wurde er geprägt, begab sich schließlich sogar in therapeutische Behandlung, um seine tief sitzende Angst zu überwinden. Jetzt geht er in die Offensive – und nennt etwa den katholischen Gottesdienst mit all seinen Ritualen ein „Kasperletheater“.
Scholl-Latour: „Atheismus wird zu einer Religion“
Ganz anders war die religiöse Prägung bei Peter Scholl-Latour, Deutschlands erfolgreichstem Sachbuchautor. Er wurde, so berichtete der Journalist, ebenfalls streng religiös erzogen, doch bei ihm habe diese Strenge keine Abneigung gegen den Glauben hervorgebracht, im Gegenteil. Er bete bis heute jeden Tag und geht sogar soweit, der katholischen Kirche eine Angepasstheit an den Zeitgeist vorzuwerfen. Von den Protestanten ganz zu schweigen, denen bescheinigt Scholl-Latour einen erheblichen „Substanzverlust“, zumindest in Deutschland. Dennoch habe die Religion einen nach wie vor großen Einfluss und trotz massiver Glaubenskritik werde dieser Einfluss noch größer werden. Treffend stellte Scholl-Latour jedoch fest: „Man ist dabei, aus dem Atheismus eine Religion zu machen.“
Gegen die Vertreter einer Religion des Atheismus, die jeglichen Glauben an Gott oder ein „höheres Wesen“ ablehnen und statt dessen den Menschen mit seiner Vernunft als das non plus ultra propagieren, war die Schwalmtaler Dominikanerin Schwester Jordana als sichtbare Christin eingeladen. Sie ist Kinderkrankenschwester und auch Sprecherin des „Wort zum Sonntag“. Schwester Jordana jedenfalls erläuterte, was sie unter Glauben versteht, und dieses Verständnis bringt sie auch den Kindern bei, die ihr anvertraut sind: „Gott liebt die Menschen, er steht ihnen bei.“ Sie ist der Gegenpart zu Janosch, der bis heute unter der selektiven Vorstellung des Drohenden und Furchteinflößenden leidet. Es war aufschlussreich, dass diese beiden „Gläubigen“ in der Talkrunde saßen und über ihr Verständnis von Glauben Auskunft gaben. Denn genau hierin liegen bei vielen Abneigung und Zuneigung zu Kirche und Religion begründet: In den Erfahrungen und Prägungen, die Menschen gerade im Kindesalter mit Christen gemacht haben. Es ist eine allseits bekannte Tatsache, dass in den ersten Lebensjahren die Grundlagen für jegliches Verhalten und Verständnis auch eines Weltbildes gelegt werden. Wem als Kind der Glaube als Bedrohung gelehrt wurde, wird sich als Erwachsener nur schwer von dieser Vorstellung lösen können. Und schon gar nicht aus eigener Kraft.
Die Prägung zum Glauben – und Unglauben
Argumentativ lässt sich gegen derart tief sitzende Prägungen nicht ankommen. Auch das hat die Sendung gezeigt. Dennoch ist es wichtig und richtig, dass sich Christen in der intellektuellen Debatte einbringen. Wohlwissend jedoch, dass es nicht um Überzeugungsarbeit geht, sondern um eine notwendige Verteidigung des Glaubens gegen pauschale Angriffe. So hält Matthias Matussek, Katholik und Kulturchef des „Spiegel“, viel von der Kirche und den Glauben nicht für überflüssig. Dafür hat er gute Gründe. Er ist überzeugt davon, wie er bei Maischberger sagte, dass jede Gesellschaft einen „Glaubenskern hat, der geschützt werden muss“. Dieser Glaube halte Gesellschaften zusammen. „Wenn es keinen Gott gibt, wozu soll ich mich dann noch ‚gut‘ verhalten?“, fragte Matussek und erläuterte damit, worum es bei diesem „Glaubenskern“ geht. Daher gelte: „Gesellschaften, die ihn verloren haben, sind debil.“
Das sind Grundüberzeugungen, die erklärte Atheisten nicht gelten lassen. Zumindest wollen sie es nicht wahrhaben, dass Glaube auch gute Auswirkungen hat, im Leben eines Menschen ebenso wie für eine ganze Gesellschaft. „Ohne die Religion ginge es uns besser“, lautet deshalb ihre These. Begründet wird die etwa mit islamistischen Selbstmordattentätern, die eben aufgrund ihrer Glaubensüberzeugung morden. Oder auch mit einem streng-gläubigen Vater, der seinen Sohn ermordete. Die Schreckenstat sorgte im Oktober 2006 für Schlagzeilen. Weil sich sein Sohn nicht verbieten lassen wollte, eine Freundin zu haben oder auf Partys zu gehen, brachte der Vater ihn um. Bei Maischberger wurde die Tat in einem Filmbeitrag nochmals als Beispiel dafür angebracht, welche Auswirkungen der Glaube haben kann. Ja, es ist unbestritten, Fanatismus und blinder Hass sind unter Muslimen wie auch unter manchen Christen verbreitet. Doch finden zumindest Christen in der Bibel für einen derartigen Glauben keine Begründung, im Gegenteil. Wer selbst in den härtesten Debatten die Liebe für seinen Mitmenschen vergisst, hat schon verloren und ist per se auf dem falschen Weg. So schreibt es der Apostel Paulus.
Daher kann man trefflich über katholische Lehren streiten und diskutieren, wofür der Kritiker Hans Küng ein Paradebeispiel ist. Der exkommunizierte frühere Theologieprofessor erläuterte bei Maischberger nochmals seine Kritik an Zölibat und Papstverständnis.
Es ist eine Debatte auf theologisch-intellektueller Ebene, die Menschen aber nicht in ihrem Unglauben oder Glauben erschüttern kann. Dazu gehört viel mehr. Für Ersteres Christen, die vorleben, was sie glauben. Die die Liebe nicht vergessen haben. Für Letzteres genau das Gegenteil. Dafür war die Talksendung eine lehrreiche Fernsehstunde.
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Am Donnerstag geht die Debatte über „Das neue Interesse am Atheismus“ weiter. Bei Johannes B. Kerner (23:15 Uhr, ZDF) diskutieren Richard Dawkins („Der Gotteswahn“), der Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Wolfgang Huber, der ehemalige CSU-Generalsekretär Heiner Geißler sowie der katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke über Glaube und Unglaube.
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