Das Wort zum Sonntag: Recycling-Tipps am Samstagabend
Seit 60 Jahren läuft jeden Samstagabend das „Wort zum Sonntag“ im Ersten. Matthias Drobinski von der Süddeutschen Zeitung hat sich die Sendungen über mehrere Wochen hinweg kritisch angesehen und kommt zu einem wohlwollenden Ergebnis.
Von PRO
18. April 2015
Foto: ARD
Ein Redakteur der Süddeutschen Zeitung hat sich über mehrere Wochen samstagabends das Wort zum Sonntag angesehen
Am Anfang klingt es wie ein klassischer Verriss. Matthias Drobinski beschreibt in der Süddeutschen Zeitung eine typische Samstagabend-Ansprache der Wort zum Sonntag-Sprecherin Nora Steen. Sie ziehe Vergleiche zwischen der Zeit Jesu und dem Medienzeitalter von heute, und Drobinski möchte der Pastorin zurufen: „Halt! Tun Sie das bitte nicht! Man möchte nicht wissen, ob Jesus heute Golf fahren würde, ob er bei den Grünen wäre oder bei der CSU.“ Sehr überrascht habe ihn die Ansprache Steens dann nicht.
Biedere Blusen oder Cordjacketts
„So ist es, das Wort zum Sonntag“, resümiert Drobinski. „Wenn einer sagen will, dass etwas hohl pathetisch ist, onkelhaft oder tantig, ins Leere gesprochen, dann sagt er: Wie beim Wort zum Sonntag.“ Die Sprecher der Sendung trügen „biedere Blusen oder Cordjacketts“. „Der Wasserverbrauch steigt, wenn das Wort zum Sonntag beginnt. Dann geht das Volk pinkeln.“
Doch der SZ-Autor fragte sich: „Woher kommen die knapp zwei Millionen Menschen, die jeden Samstag einem Sendeformat folgen, das allen Gesetzen des Mediums spottet?“ und schaute sich die Sendungen von Neujahr 2015 bis Ostern an.
„Geistlicher ist kein Recycling-Experte“
Vier Frauen und vier Männer schreiben und sprechen die Beiträge. Sie sind zwischen 38 und 64 Jahre alt, vier sind katholisch, vier evangelisch. Die erste Sendung lief bereits am 8. Mai 1954.
„Die Ansprachen beginnen meist mit einem aktuellen Beispiel aus der Zeitung oder dem Privatleben und führen übers allgemeine Philosophieren hin zum Glauben, in Struktur und Aufbau sind die Beiträge selten originell. Manchmal reduzieren die Texte den Gottesbezug auf Andeutungen.“ Enttäuscht habe ihn besonders Alfred Buß, der für das Recyceln plädierte und dagegen, das alte Handy einfach in den Müll zu werfen. „Das hat man schon tausend Mal gehört – und neunhundert Mal war es besser. Ein Geistlicher ist ein Geistlicher und kein Recycling-Experte.“
„Viel Nachdenkliches, Suchendes, Tastendes“
Doch Drobinski kann dem Format unterm Strich etwas abgewinnen. „Insgesamt aber sind die Vier-Minuten-Stücke meist besser als erwartet, befürchtet“, schreibt er. Ja, es gebe lahme Einstiege und schiefe Bilder, und die Beiträge könnten mutiger sein, findet er. Aber: „Es gibt Samstagabend für Samstagabend sehr viel Nachdenkliches, Suchendes, Tastendes.“ Die Sendung wolle die Leute nicht in die Kirche ziehen. „Es versucht, Sinn und Leben zusammenzubringen.“
Am Ende die direkte Ansprache an die Wort zum Sonntag-Macher: „Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Aber man muss eurer Sendung noch viele gute Jahre wünschen. Wer sonst wagt es, den durchgestylten Samstagabend zu unterbrechen? Religion ist Unterbrechung, hat der Theologe Johann Baptist Metz einmal gesagt. Ihr seid im besten Sinne religiös.“ (pro)
Bei PRO sind alle Artikel frei zugänglich und kostenlos - und das soll auch so bleiben. PRO finanziert sich durch freiwillige Spenden. Unterstützen Sie jetzt PRO mit Ihrer Spende.
Sie haben Fragen, Kritik, Lob oder Anregungen? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht direkt an die PRO-Redaktion.
Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell
Cookie-Zustimmung verwalten
Um dir ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn du diesen Technologien zustimmst, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn du deine Zustimmung nicht erteilst oder zurückziehst, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Funktional
Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Externe Inhalte / Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.