Das wirkliche Erbe der Reformation

Die Vorbehalte gegen das Amt des Papstes sind eine der wesentlichen Folgen der Reformation. Dass das spätmittelalterliche Ereignis Einsichten mit sich bringt, die die Wünsche einiger Ökumeniker zunichte machen können, zeigt der Theologe Thomas Kaufmann in einem Aufsatz in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ).

Von PRO

Das Reformationsjubiläum naht, die Lutherdekade ist in vollem Gange. Doch das Credo des spätmittelalterlichen Ereignisses, die Berufung auf die Bibel, hat laut dem Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann von Beginn an mehr Spaltung als Einheit hervorgebracht. Als eines der wesentlichen Elemente der protestantischen Identität und der Reformation macht Kaufmann nämlich die Abneigung gegen die päpstliche Ausübung der vollen Kirchengewalt aus.

Ökumeniker äußerten in er Vergangenheit immer wieder den Wunsch, das Jubiläumsfest im Jahr 2017 gemeinsam zu begehen. Das birgt laut dem Göttinger Theologen aber die ein oder andere Schwierigkeit. Denn in Bezug auf die "theologische und religiöse Substanz des Christentums" seien durch die Reformation Dinge zur Sprache gebracht worden, die existenziell für das Christentum und oft nur schwer mit dem römischen Katholizismus zu vereinbaren seien. Damit meint Kaufmann unter anderem die bedingungslose Liebe Gottes zu den Menschen, die Menschwerdung des Schöpfers durch Jesus und die persönliche Bejahung des christlichen Glaubens. Wer also demnach den Unterschied zwischen dem römischen Katholizismus und den reformatorischen Grundsätzen ausblende, hintergehe sich selbst und auch seinen ökumenischen Partner.

Die "Gegnerschaft gegen die römische Kirche und deren rechtlich-institutionelle Grundlagen" sei schon lange Zeit ein "konstitutives Moment" dessen, was ironischerweise als "Einheit der Reformation" angepriesen werde. Das Ausblenden dieses Aspekts rücke die Reformation an populäre Vorstellungen und Werte heran, die keiner historischen Überprüfung standhielten. Solche Ansichten dienten und dienen lediglich der "Legitimation bestimmter Gegenwartsinteressen".

Kaufmann fordert daher eine Standortbestimmung der evangelischen Kirche, um Gedanken an ein gemeinsames Begehen des Reformationsfestes überhaupt entstehen zu lassen. Hinsichtlich der Lutherdekade habe die evangelische Kirche in den Medien immer wieder vom "schwierigen Erbe der Reformation" gesprochen. Gemeint war damit, wie Kaufmann in der FAZ schreibt, unter anderem Luthers politische Ethik, sein Verhältnis zum Judentum. Dass das ursprüngliche Problem aber in erster Linie in der begriffsgeschichtlichen Klärung der Reformation liege, sei oft vergessen worden.

Die Luther-Forschung sei nicht, wie viele denken, mit der Reformations-Forschung gleichzusetzen und das Ereignis sei auch nicht alleine am Thesenanschlag festzumachen. Er selbst macht das Erbe der Reformation an der Entstehung rechtlich verbürgerter Alternativen zum römisch-katholischen Kirchentum fest. "Es bedarf einer substantiellen Selbstverständigung des evangelischen Christentums über sein eigenes Verhältnis zur Reformation", so Kaufmann. Erst dann seien die Grundlagen für gemeinsame Arbeit geschaffen. (pro)

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