In manchen Gegenden von New York hat sich die Zahl evangelikaler Gemeinden in den vergangenen Jahrzehnten verzehnfacht. Ein Kirchenforscher spricht von einem "Silicon Valley der Gemeindegründung". Die "New York Times" hat dem Phänomen am Sonntag einen ausführlichen Artikel gewidmet.
Von PRO
Foto: kaysha (flickr)
"The God Squad" – "Die Gottes-Mannschaft" lautet die Überschrift des Artikels in der gedruckten "New York Times". Online lautet die Überschrift "Die Evangelikalen-Mannschaft". Der Artikel porträtiert die "Trinity Grace Church", eine christliche Gemeinde im Stadtteil East Village als Beispiel für enormen Gemeindewachstum in der Millionen-Metropole.
Guy Wasko, 33 Jahre alt, verließ seinen gut bezahlten Job in Pittsburgh und startete die evangelikale Gemeinde in East Village, einer Gegend, die eher als wüst gilt. Jeden Mittwochabend trifft er sich mit anderen Pastoren und betet für die Gemeinde, für die Nachbarschaft und die ganze Stadt. "Sie beteten für Bürgermeister Michael R. Bloomberg und seine Entscheidungen. Sie beteten für Lehrer, Obdachlose und die Titanen der Wall Street", erklärt die überregionale amerikanische Tageszeitung mit einer Auflage von über einer Million.
Viele Künstler, Banker, Architekten und Prominente kämen nach New York, schreibt die Zeitung. "Aber diese Männer kamen, um Kirchen zu gründen." Der 34-jährige gebürtige Australier Jon Tyson war früher Jugendpastor und gründete die Gemeinde mit. Anfangs predigte er in T-Shirt und mit Irokesenschnitt und wollte eine Kirche für Menschen aufbauen, die keine Kirche mögen – "radikal, knackig und basierend auf der Bibel ebenso wie auf den Schriften des Autors Richard Florida über das moderne, mobile urbane und kreative Leben".
Mehr als Verdammung von Homosexualität und Abtreibung
Die Gemeinde wuchs und bekam Ableger in Chelsea, Brooklyn und an der Upper East Side. Tyson begann irgendwann damit , Krawatten zu tragen, und seine Gemeinde gab sich eine traditionellere Liturgie. "New York, so scheint es, mag wohl lieber Kirchen, die mehr wie Kirchen aussehen", heißt es im Bericht.
Fünf Jahre nach der Gründung gründete Wasko den fünften Ableger der Gemeinde in East Village. Dort ist die Bevölkerung recht jung, und es gibt viele arme Menschen dort, denen die Gemeinde helfen will. "Wir haben keinen strategischen Plan oder eine imperialistische Vision", erklärt Tyson. Doch die Kirche und ihre Ausbreitung belege eine Zunahme an Evangelikalen aus der Mittelklasse in Manhattan, "eine Gegend, die Kirchen immer als ‚Epizentrum der Sünde‘ gemieden haben". Doch es sei eben auch die Gegend, in der Menschen mit sehr großem Einfluss auf die ganze Welt wohnten.
In den vergangenen Jahrzehnten habe sich die Zahl evangelikaler Gemeinde südlich von Harlem verzehnfacht, stellt Tony Carnes fest, Wissenschaftler und Gründer des Online-Journals "A Journey Through NYC Religions". Er hat die Kirchen in New York seit den 70er Jahren untersucht. Die Gemeinden hätten sich gut vernetzt und Geld sammeln können für die Gründung neuer Gemeinden. New York sei geradezu wie ein "Silicon Valley der Gemeindegründung" geworden, so Carnes. "Man kann hierher kommen, neue Ideen ausprobieren und wieder neu anfangen. Hier ist Scheitern keine Schande." Maßgeblich für die evangelikale Renaissance der Millionen-Metropole sei die "Redeemer Presbyterian Church", die 1989 gegründet wurde, so die "New York Times". Durch die Kirche entstanden schon 170 andere Gemeinden in 35 Städten, heiße es auf der eigenen Webseite.
Zwar habe die "Trinity Grace Church" klare Vorstellungen von Sexualität und Abtreibung, doch Pastor Wasko findet, dass Pastoren von Mensch zu Mensch helfen und nicht von oben herab verdammen sollten. Die Kirche habe in der Zeit der AIDS-Epidemie viele Menschen abgestoßen, als Christen sagten, es sei eine Strafe Gottes für Homosexualität. "Ich habe als Pastor in East Village die Verpflichtung, mich dafür zu entschuldigen, auch wenn ich damals nicht dabei war. Ich glaube, Jesus hat viele Menschen dadurch gewonnen, dass er sie zuerst geliebt hat." Er wolle sich vor brisanten Themen wie Homosexualität und Abtreibung nicht verstecken, sagt Wasko. Jesus selbst habe einige strenge Predigten gehalten. Er lege aber keinen Wert darauf, die Menschen zu polarisieren. "Ich möchte, dass unsere Kirche für mehr steht als für ihre Positionen bei bestimmten heißen Themen." (pro)
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