Das Religionen-Hasser-Buch fürs Kinderzimmer

Der Gott der Bibel ist brutal, eifersüchtig und blutrünstig. Die Thesen der so genannten "neuen Atheisten" sind mittlerweile nicht mehr ganz so neu. Aber der missionarische Eifer, mit dem die "Humanisten" ihren Kampf gegen den Glauben führen, wächst von Tag zu Tag. Ein Kinderbuch soll auch den Kleinsten von Anfang an klarmachen, dass es Gott nicht gibt. Das Bundesfamilienministerium will das Buch stoppen und warnt vor Antisemitismus.
Von PRO

Das Buch sieht aus wie viele andere Kinderbücher. Auf dem Titel prangt die Zeichnung von einem Schwein und einem Igel. „Wo bitte geht’s zu Gott?, fragte das kleine Ferkel“. Inhalt: die drei Weltreligionen Christentum, Judentum und Islam sind Humbug, kein Kind muss den Märchen der gläubigen Menschen glauben oder Angst vor einem strafenden Gott haben. So heißt es denn im Untertitel: „Ein Buch für alle, die sich nichts vormachen lassen“.

Ein kritisch-theologisches Buch für die Kinderstube? Nicht nur das, sagt das Bundesfamilienministerium. Denn darin fänden sich antisemitische Tendenzen, es sei jugendgefährdend und müsse daher geprüft werden. Wie die Vorsitzende der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM), Elke Monssen-Engberding, am Dienstag mitteilte, habe das Familienministerium bereits am 21. Dezember 2007 in einem Brief moniert: „In dem Buch werden die drei großen Weltreligionen Christentum, Islam und das Judentum verächtlich gemacht.“ Die BPjM entscheidet am 6. März darüber, ob das Buch auf den Index kommt oder nicht.

„Dawkins for Kids“

Worum geht es? Autor des Kinderbuches ist Michael Schmidt-Salomon, sendungsbewusster Atheist, der in dem britischen Autoren Richard Dawkins einen Gesinnungsgenossen gefunden hat. Im Oktober 2007 verlieh die deutsche Giordano-Bruno-Stiftung, die für einen „evolutionären Humanismus“ streitet und in deren Vorstand Schmidt-Salomon sitzt, den mit 10.000 Euro dotierten Deschner-Preis an Dawkins. Namensgeber Karlheinz Deschner ist ein Kirchenkritiker, der unter anderem seit Jahrzehnten an der „Kriminalgeschichte des Christentums“ schreibt. Die Illustrationen des Kinderbuches stammen vom Zeichner Helge Nyncke, der ebenfalls der Giordano-Bruno-Stiftung nahe steht.

„Dawkins for Kids“ kündigte der „Humanistische Pressedienst“ das Buch an, das im Oktober 2007 im Verlag „Alibri“ aus Aschaffenburg erschienen ist. Es kläre „bereits Sechsjährige auf amüsante Weise über den ‚Gotteswahn‘ auf“, hieß es. Der „Gotteswahn“ ist ein Ausdruck Dawkins‘ für Religion. Der Brite vergleicht gläubige Menschen mit einer Art Virus, der „schwer auszurotten“ sei. Auf dem Klappentext des 12 Euro teuren Kinderbuches verspricht der Verlag einen „Heidenspaß für Groß und Klein“.

Erzählt wird die Geschichte von einem Ferkel und einem Igel, die ein Plakat finden, auf dem steht: „Wer Gott nicht kennt, dem fehlt etwas“. Um der Frage auf den Grund zu gehen, ob daran etwas stimmen könnte, machen sie sich gemeinsam auf den Weg, um Gott zu finden. „Über die Abenteuer, die unsere beiden Helden später auf dem ‚Tempelberg‘ erleben, sei an dieser Stelle nicht zu viel verraten“, schreibt der „Humanistische Pressedienst“. „Nur soviel: Rabbi, Bischof und Mufti erscheinen, obgleich sie sich in den Haaren liegen, als gleichermaßen verrückt, wie Ferkel und Igel nach überstandener Suche im Irrgarten der Religionen einhellig feststellen. ‚Und die Moral von der Geschicht‘: Wer Gott nicht kennt, der braucht ihn nicht!'“ Und so widmen sich Schwein und Igel wieder dem Heidenspaß.

Erste-Hilfe-Buch bei nervigen Fragen nach Gott

Der „Pressedienst“ der Atheisten, der unverhohlen Werbung für das Buch macht, ist begeistert: „So etwas hat es bislang noch nicht gegeben: Ein Bilderbuch, das die Religionskritik unverhohlen in die Kinderzimmer bringt, das (religiöses) Judentum, Christentum, Islam schon für Grundschüler verständlich als Wahnsysteme entlarvt!“

Dass das Buch manchen Gläubigen beleidigen und zu erbosten Reaktionen führen könnte, war den selbsternannten „Humanisten“ von Anfang an klar. Der „Humanistische Pressedienst“ schreibt: „So werden sich tiefgläubige Muslime wohl schon allein darüber erzürnen, dass hier ausgerechnet ein kleines Ferkel in einer Moschee auftaucht.“ Bei derartigen „Schweinereien“ verstünden Muslime eben „gar keinen Spaß“. Auch verletzte religiöse Gefühle bei Juden und Christen nahmen die Autoren nach eigener Aussage bewusst in Kauf. „Wer Aufklärung betreibt, also Klartext redet, statt die Dinge hermeneutisch zu vernebeln, der verletzt nun einmal religiöse Gefühle“, sagte Schmidt-Salomon.

„Humanismus“ bedeutet, sich besonders für den Wert des Menschen einzusetzen. Die Religion, unter Milliarden von Menschen weltweit verbreitet, gehört nach Ansicht der selbsternannten Humanisten der „Giordano Bruno-Stiftung“ indes nicht zum schützenswerten Teil des Menschseins. Für den Autor steht fest: bereits die Kinder haben ein „Recht auf Aufklärung und Satire, auf freies, klares Denken jenseits aller Denktabus“. Wenn Kinder mit tiefgehenden Fragen zu Gott und Religion zu ihren Eltern kämen und nervten, diene sein Buch quasi als „Erste-Hilfe-Set für genervte Eltern“: „Stellen Sie sich vor, Ihr Kind kommt eines Mittags aus der Schule und redet plötzlich seltsame Dinge über das ,Jesuskind‘ und den ,lieben Gott‘, der uns angeblich alle beobachtet. Was sollen konfessionslose Eltern in dieser peinlichen Situation tun? Mein Tipp: Das Ferkelbuch aus dem Regal ziehen und es gemeinsam mit den Kindern lesen! Aus eigener Erfahrung weiß ich: Das hilft hervorragend!“

Judentum „angsteinflößend und grausam“

Das Bundesfamilienministerium indes findet, dass das Buch „die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gefährden“ könne. Zudem würden „die Besonderheiten jeder Religion (…) der Lächerlichkeit preisgegeben“. „Text und Abbildung“ zeige zudem antisemitische Tendenzen. Denn insbesondere das Judentum werde „als besonders Angst einflößend und grausam“ dargestellt. Es werde der Eindruck vermittelt, „dass die jüdische Glaubensgemeinschaft andere Religionsgemeinschaften vernichten will“.

Monssen-Engberding von der Prüfstelle erläuterte: „Jugendgefährdend sind nach dem Gesetz unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende Medien.“ Das Gremium ihrer Behörde werde in einer mündlichen Verhandlung prüfen, ob die Geschichte des kleinen Ferkels diese Kriterien erfüllt.

Judentum ja, Orthodoxes Judentum nein

Schmidt-Salomon zeigte sich auf seiner Plattform, dem „Humanistischen Pressedienst“, empört vom Vorwurf des Antisemitismus. Er sei „ungeheuerlich“ und einzig ein „fadenscheiniger Vorwand, um Religionskritik aus den Kinderstuben zu verbannen“. Der Religionskritiker fügte hinzu: „Doch mit dem Antisemitismusvorwurf spaßt man nicht!“ In dem Indizierungsantrag des Familienministeriums komme ein „undifferenziertes Bild des Judentums“ zum Ausdruck. Denn die „allermeisten Juden“ seien „progressiv, wenn nicht gar säkular“, und sie würden sich „in einer Schärfe, die das Familienministerium arg erschrecken würde, von jenen ultraorthodoxen Wirrköpfen, die meinen, das Alte Testament beziehungsweise die Thora wörtlich nehmen zu müssen, distanzieren“. Nur das orthodox-religiöse Judentum werde „mit guten Gründen“ in dem Buch kritisiert, nicht „die“ Juden schlechthin, betont Schmidt-Salomon, der in seinen Schriften am Gott der jüdischen Überlieferung kein gutes Haar lässt.

In Bezug etwa auf die Sintflut schreibt Schmidt-Salomon über sein antireligiöses Kinderbuch: „Unser Buch hebt diese biblischen Ungeheuerlichkeiten doch auf humorvolle Weise auf! Es sagt den Kindern augenzwinkernd: Nur keine Sorge, ihr braucht wirklich keine Angst zu haben! Diese Geschichte vom biblischen Rachegott, der Omas, Babys und kleine Meerschweinchen ertränkt, ist frei erfunden!“

Auch der Leiter des „Alibri“-Verlages, Gunnar Schedel, wies den Vorwurf des Antisemitismus als Verleumdung zurück. „Mir war klar, dass Religionskritik im Kinderzimmer ein politisches Reizthema ist.“ Eine politische Auseinandersetzung habe der Verlag bewusst in Kauf genommen. „Alle drei Religionen werden in dem Buch gleichwertig behandelt. Es sollte niemand negativ herausgehoben werden“. In Aschaffenburg sprach man von einem „Anschlag auf die Meinungsfreiheit“. Und der „Humanistische Pressedienst fragt: „Folgt auf den Karikaturenstreit nun ein Kinderbuchstreit?“

„Gegengift zur religiösen Indoktrination“

Unterstützung finden die Autoren beim Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Peter Riedesser, der im Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung sitzt. Sein Urteil: „Als Gegengift zu religiöser Indoktrination von Kindern pädagogisch besonders wertvoll! Schauen Sie sich doch einmal an, was den Kindern in unseren Kindergärten und Schulen sowie in vielen Elternhäusern beigebracht wird!“ Mit seinem Kollegen Axel Verderber arbeitet er derzeit an einem Buch über die Folgen von Religionserziehung aus psychologischer und psychiatrischer Sicht. Man wird also noch einiges hören vom Kreuzzug der Ungläubigen.

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