Das Kreuz leichtgemacht

Können die Menschen einen leidenden Jesus nicht mehr aushalten? Laut einem Beitrag der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) geht der Trend bei religiösen Devotionalien in Richtung einer Wohlfühlreligion. Das Kruzifix mit dem leidenden Jesus sei für viele Menschen einfach zu grausam.
Von PRO

Illustriert ist der Artikel mit einem modernen Kreuz, das an ein Computer-Verbindungskabel angeschlossen ist. Eine "Verjüngung" stellt jedenfalls Markus Bercker, Geschäftsführer der Firma "Butzon und Bercker" – des größten Anbieters christlicher Waren – fest. Dabei seien nicht nur neue Materialen gefragt, sondern auch ein neuer Stil. Ablesen lässt sich diese Verjüngung auch am Namen, schreibt die FAS-Redakteurin Wibke Becker: Früher hieß es Devotionalienhandel, heute religiöses Kunsthandwerk.

"Je abstrakter ein Kreuz, desto unkonkreter"

Becker hat auch mit einigen Betroffenen gesprochen. Eine Schwester aus der Klosterburg Dinklage in Niedersachsen bemängelt: "Je abstrakter ein Kreuz ist, desto unkonkreter wird es, desto eher wird es ein Schmuckstück. Sich zum leidenden Christus zu bekennen und ihn auszuhalten bedeutet schon etwas anderes." Leid werde den Menschen heute fast nur noch durch die Medien vermittelt, sieht sie einen Grund dafür, warum die Menschen den leidenden Jesus nicht mehr aushalten: "Dies aber mit Christus in Verbindung zu bringen fällt schwer."

Eine Verkäuferin eines Klosters in Baden-Württemberg macht, was die Verbreitung der Kruzifixe betrifft, ein deutliches Nord-Süd-Gefälle aus. Im Trend, so der Beitrag, läge auch der Verkauf von Engeln, "weil viele Menschen die Einsamkeit" fürchteten. Der Engel sei lieb, gütig und sanft. Markus Bercker betont, dass neunzig Prozent seiner Produkte nach wie vor christlich seien. Dass die Herstellung und der Verkauf einen Einfluss auf den Glauben seiner Kunden haben, glaubt er aber nicht: "Die Kunden bestimmen das Programm", so der Geschäftsführer, der sich nach eigenen Worten dem Christentum nicht verpflichtet, wohl aber verbunden fühlt.

Eigentlich kein Verständnis mehr dafür

Ebenso zu Wort kommt der Bildhauer Edmund Melzl. Der passionierte Kruzifixsammler erinnert daran, wie das Kreuz aus dem öffentlichen Leben nahezu verschwunden ist: "Damals, da war das Kreuz allgegenwärtig, da waren die Prozessionen, Fronleichnam, Christi Himmelfahrt, die Flurbegehungen, da ging der Pfarrer mit dem Kreuz voraus. Auch in den Kirchen war das Kreuz allgegenwärtig: In jedem Bauernhaus hat es den Gekreuzigten gegeben." Ihm persönlich tue es leid, dass man "mit der Modernisierung, mit der Abstrahierung, dem Kruzifix eine Form gibt, die von vielen als verständlich angesehen werde, weil es modern ist, weil es ‚in’ ist, aber eigentlich kein Verständnis mehr dahinter".

Heinz Lehnen, Geschäftsführer einer Kunsthandlung im katholisch geprägten Mainz bilanziert: Vor allem Glas sei derzeit als Material sehr beliebt, die Jüngeren hätten es gerne abstrakter. Gerade für die Kinder sei ein leidender Jesus einfach zu grausam. Er bilanziert: "Jeder nimmt sich, was er möchte, was er braucht, es geht um freundliche Lebensbegleitung und nicht mehr wie früher um Schuld, Sühne." (pro)

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