Das Himmlische Jerusalem am Rhein – eine Baustelle

Der Kölner Dom ist eine architektonische Meisterleistung, eins der bekanntesten Wahrzeichen Deutschlands und ein "Himmlisches Jerusalem" am Rhein. Ein neuer Dokumentarfilm des WDR beleuchtet die Geschichte des Bauwerks, das seinen Ruhm der katholischen Verehrung von Reliquien verdankt. Aber auch bei Nichtkatholiken löst es Faszination aus.
Von PRO

"Mer losse d’r Dom in Kölle". Dieses Kölsche Statement hat die Kölner Musikband "Bläck Fööss" in alle Welt getragen. Und sie lieferte die Erklärung nach gewohnt kölscher Logik gleich mit: "Wat sull di dann woanders?" Der Kölner Dom ist aber nicht nur fester Bestandteil der kölschen Identität, sondern auch Ausdruck einer tiefen religiösen Verehrung.

Der Dom, der über die enorme Zeitspanne von sechs Jahrhunderten erbaut wurde, ist die drittgrößte Kirche der Welt. "Und für viele Menschen die schönste von allen", fügt der Sprecher des Dokumentarfilms "Dom von Köln" hinzu. Der 45-minütige Film, der am 1. November in der ARD gezeigt wird, ist eine Liebeserklärung vom Filmemacher Martin Papirowski an "das bestbesuchte historische Monument Deutschlands", die "am meisten fotografierte Sehenswürdigkeit unseres Planeten".

Tausende Menschen haben viel für die Entstehung des Gebäudes geopfert, manche sogar ihr Leben. Der Innenraum ist so hoch wie ein Haus mit 15 Stockwerken. Aber sind diese Dimensionen das einzige, was daran fasziniert? "Es ist mehr als die Erhabenheit seiner Architektur, die seine Besucher bewegt", behauptet der Film. Ein Stück vom Himmel wollten die Baumeister des Mittelalters schaffen, ein "himmlisches Jerusalem".

Vor allem aber war es das gut funktionierende Geschäft mit der Verehrung von Reliquien, das in der katholischen Welt des Mittelalters die Menschen bewegte, und das für den Wohlstand der Rhein-Metropole sorgte. Die Überreste von Kaspar, Melchior und Balthasar, den "Weisen aus dem Morgenland", sollen angeblich im Dom liegen. "Ohne die drei Heiligen gäbe es den Dom nicht", das steht fest. In der Domschatzkammer liegen außerdem Kettenglieder, die angeblich Petrus an die Wände seines Kerkers in Rom gefesselt haben. Neben Leichenteilen beherbergt der Dom noch andere, für viele faszinierende Gegenstände: Die Schatzkammer hält, was ihr Name verspricht, in ihren Räumen befinden sich Edelsteine und Gold von unschätzbarem Wert. Der Katholizismus – ein florierendes Geschäft. Die Pilger, die im Mittelalter oft weite und aufwändige Wege auf sich nahmen, erhofften sich dadurch Erlass ihrer Sünden. Erst der Mönch Martin Luther erklärte der Welt, dass keine toten Knochen und Edelsteine das Heil erkaufen, sondern das Blut Jesu.

Barbara Schock-Werner, Dombaumeisterin Köln, vermittelt im Film etwas von ihrer Faszination für die mathematisch berechnende Baukunst der Gotik, der es tatsächlich gelingt, sogar noch Menschen unserer Zeit in ihren Bann zu schlagen. Der damalige Dombaumeister Gerhard von Rile begann 1248 die Arbeiten am Fundament des Domes. Würde man die Baukosten auf heutige Verhältnisse übertragen, handelte es sich um sieben bis zehn Milliarden Euro. Damals war der Dombau das größte Bauprojekt auf deutschem Boden.

Der Film von Martin Papirowski vermittelt interessante Fakten über das imposante Bauwerk. Etwa, dass das Fundament, auf dem er ruht, fast so schwer ist wie die Kathedrale selbst. Oder, dass die Architektur voller biblischer Zahlensymbolik steckt: Der Dom hat 12 Türen – das himmlische Jerusalem 12 Tore. Er enthält einen Kranz von sieben Chorkapellen, denn die Drei der Dreifalitigkeit und die vier Evangelisten ergeben in der Summe Sieben. Die Länge des Bauwerks entspricht 144 Metern, 12 mal 12, seine Breite sind 86 Meter Breite, 7 mal die 12. Weil die damaligen Baumeister nicht an den sauren Regen der Neuzeit dachten, müssen ihre modernen Nachfolger permanent den empfindlichen Tuffstein durch Oberkirchener Quarzit ersetzen. Der Kölner Dom – eine ewige Baustelle. "Wenn der Dom fertig ist, geht die Welt unter", sagt der Kölner Volksmund. Angesichts der Arbeit, die noch geleistet werden muss, besteht kein Grund zur Sorge.

Wenige Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Kölner Wahrzeichen 70 Mal von Bomben getroffen. Doch er blieb stehen. Die Liebe zum Dom ist groß, auch unter nicht-religiösen Kölner. Und so ist es nicht verwunderlich, dass der Komponist der Filmmusik an manchen Stellen fast unscheinbar das Lied "Mir losse den Dom in Kölle" versteckt hat. (pro)

"Dom von Köln"
1. November .2011, 11.15 bis 12 Uhr im Ersten

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