Das Große Experiment

Manchmal kommt ein gläubiger Mensch an die Grenzen seines Glaubens. Und gerade in diesen Momenten wird der Glaube auf seine wahre Tauglichkeit getestet. Der amerikanische Theologe John Ortberg erinnert in seinem Buch „Die Ewigkeit ist jetzt“ daran, dass ein Leben mit Gott nicht erst nach unserem Tod im Himmel stattfindet, sondern schon jetzt begonnen hat. Eine Rezension von Jörn Schumacher
Von Jörn Schumacher
„Gott wartet nicht darauf, dass die Ewigkeit anfängt. Er lebt schon jetzt darin.“ Eine der zentralen Aussagen des neuen Buches des amerikanischen Theologen John Ortberg.

Wenn ein gläubiger Mensch an die Grenzen seines bisherigen, vielleicht oft sicheren Glaubenslebens stößt, sind solche Momente kein „Unfall“ im Plan Gottes, sondern – im Gegenteil – die elementaren Bestandteile im Leben eines Christen. Das beschreibt John Ortberg, Pastor in Kalifornien und Bestsellerautor, in seinem jüngsten Buch „Die Ewigkeit ist jetzt. Was Jesus wirklich über Rettung, Ewigkeit und den Himmel gesagt hat“, das auf Deutsch bei Gerth Medien erschienen ist.

In uns allen herrsche eine Sehnsucht nach etwas Heilem, Ganzem, nach Versöhnung und Liebe, die nur Gott füllen kann, schreibt Ortberg. Ein Leben im Glauben bedeute nicht, einmal ein Ticket für den Himmel zu bekommen, um dann darauf zu warten, dass man endlich stirbt und in den „Vergnügungspark“ eintaucht, den Gott für uns vorbereitet hat. Glaube bedeute vielmehr, ständig auf der Reise zu sein, immer Neues über Gott dazuzulernen und das Vertrauen auf ihn zu üben.

Nicht nur kommen wir in den Himmel, sondern Himmel kommt zu uns

Wollte man die Quintessenz dieses wertvollen, lesenswerten Buches herauskristallisieren, so wäre es wohl diese: „Gott wartet nicht darauf, dass die Ewigkeit anfängt. Er lebt schon jetzt darin.“ Was ist dieses ewige Leben überhaupt, von dem im Christentum ständig die Rede ist? Warum sehnen wir uns danach? Und woher wissen wir, dass wir es haben? Beginnt es erst nach dem Tod, oder hat es bereits Bedeutung für unser Leben hier auf der Erde? Für Ortberg ist das ewige Leben nichts, das wir „irgendwann vielleicht einmal“ bekommen, sondern ein Abenteuer mit Gott, das schon jetzt beginnt. „Wir können schon hier und heute in den Genuss des ewigen Lebens kommen.“

Jeder Mensch warte während seines Lebens in seinem tiefsten Inneren auf das Ankommen. Auf etwas Besseres. Die Bibel nenne dies die „Ewigkeit“. Gott habe sie uns „ins Herz gelegt“, wie schon die Bibel sage (Prediger 3,11). Aber das Besondere an diesem Ewigen Leben sei nicht seine anhaltende Dauer. Sondern seine Qualität. „‚Ewig‘ beschreibt Leben von der Art, wie man es in Christus hat“, so Ortberg. „Das bedeutet, ewiges Leben hat nicht nur mit der Zukunft zu tun. Wir können es jetzt schon haben.“

Das Ziel ist es: Gott zu erkennen. „Gott zu erkennen bedeutet ein reiches, von Dankbarkeit erfülltes, partizipatorisches Miteinanderleben von Augenblick zu Augenblick.“ Gott zu erkennen bedeute, sich selbst zu erkennen „als von Gott geliebten Freund, was ein Geschenk der Gnade ist“. Zudem bedeute „Gott zu erkennen“ das, was Paulus „die Kraft seiner Auferstehung“ genannt habe. „Und zwar in den Details und Aufgaben und Herausforderungen meines ganz normalen Alltags“, fügt Ortberg hinzu. Der Glaube solle also nicht mehr wie eine einmal erworbene Eintrittskarte in den Himmel gesehen werden. Der Pastor schreibt: „Was wäre, wenn Erlösung nicht vor allem bedeutete, uns in den Himmel zu bekommen, sondern vielmehr den Himmel in uns zu bekommen?“

Der Mensch – immer auf der Reise

Und so handelt der zweite Teil des Buches davon, was es heißt, „mit Jesus auf dem Weg“ zu sein. Die Reise sei ohnehin eine der großen, wenn nicht die große, Geschichte des Menschen. Denn auch für einen Christen gebe es zwar eventuell „Stufen“ des Glaubens, aber nicht in dem Sinne, dass sie linear aufeinander folgten und man über sie immer höher käme. „Es gleicht mehr einem Monopolyspiel, bei dem wir immer wieder dasselbe Spielbrett umrunden und wo uns sowohl das Gefängnis als auch die Schlossallee recht vertraut sind.“ Wenn es wirklich stimme, dass wir Menschen für die Einheit mit Gott geschaffen wurden, dann mache dieses Leben nur Sinn, wenn wir diese Einheit immer wieder neu, jeden Tag suchen. „Nur wenn wir zu tun versuchen, was Jesus sagt, werden wir entdecken, dass das Reich Gottes, von dem er redete, sehr real is und man tatsächlich darauf vertrauen kann. Dies ist das Große Experiment, zu dem Jesus selbst uns einlädt.“ Dabei bedeute Jesus zu gehorchen, „zum Gipfel dessen aufzusteigen, was ich sein kann“.

John Ortberg: „Die Ewigkeit ist jetzt. Was Jesus wirklich über Rettung, Ewigkeit und den Himmel gesagt hat“, Gerth Medien, 208 Seiten, 16 Euro, ISBN: 9783957345912

Von: Jörn Schumacher

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