Das Glück hat viele Gesichter

Sabine Langenbach ist Journalistin, Referentin und Mutter einer ganz besonderen Tochter: Birte ist mehrfach behindert. Das Glück hat bei Langenbach dennoch viele Gesichter. Eines davon findet sie in ihrer „Standleitung“ zu Gott.
Von PRO
Moderatorin Sabine Langenbach findet: Das Leben ist schön.

Das Leben ist schön, findet Sabine Langenbach. Die vielen kleinen Glücksmomente gelte es zu finden, zu genießen und abzuspeichern. Während die 48-Jährige das sagt, drückt ihre Tochter Birte ihr kleine Kärtchen, Pixiebücher und Zettel in die Hand. Eines nach dem anderen holt Birte aus einer kleinen schwarzen Handtasche auf ihrem Schoß. Auf dem großen Gartentisch vor dem weißen Haus, an dem Langenbach auf einer Bank sitzt, liegt ein buntes Kinderbuch. Daraus hatte sie dem Mädchen kurz zuvor vorgelesen, den Arm um sie gelegt, beide waren ganz vertieft in die Geschichte. Ein idyllischer Mutter-Tochter-Moment wie aus dem Bilderbuch.

Doch Birte ist bereits 17 Jahre alt. Sie ist mehrfach behindert und blind. Das Sprechen fällt ihr schwer. Alleine gehen kann sie noch nicht. „Bei uns ticken die Uhren anders“, sagt ihre Mutter. Es müsse viel mehr organisiert und abgeklärt werden, Birte brauche immer eine Betreuerin. Die Familie müsse im Alltag viel Rücksicht nehmen auf die Bedürfnisse des Mädchens. Langenbach erzählt das alles sehr trocken. Es ist Normalität. „Ich kann es mir nicht anders vorstellen“, sagt sie. Birte lacht und erzählt etwas vom „Chor“. Ihre Tochter sei in der Kantorei einer benachbarten Gemeinde dabei, erklärt Langenbach. Jeden Moment müsse „die Lena“ kommen, um sie abzuholen. Sie ist sehr dankbar für solche Freunde, die Birte besuchen oder etwas mit ihr unternehmen.

„Von inneren Impulsen leiten lassen“

Birte kam knapp anderthalb Jahre nach ihrem Bruder Niklas auf die Welt. Die Eltern wussten nicht, dass sie behindert sein würde. „Ich weiß noch wie heute, dass mein Mann und ich uns heulend gefragt haben: Warum?“, erinnert sich Langenbach. Ihrem Mann sei es aber gelungen, diese Frage sehr schnell „ad acta“ zu legen. Er sei ein sehr nüchterner Mensch. „Ich bin da ein bisschen hinterhergehinkt. Aber dann kam auch bei mir die Erkenntnis: Jetzt ist es eben so. Wir wissen nicht, warum.“

Diese Frage spiele mittlerweile keine Rolle mehr. Das klingt einfach und problemlos. Und die energiegeladene, fröhliche Art, mit der Langenbach das alles erzählt, verstärkt diesen Eindruck noch. Doch hinter dieser Einstellung steckt ein starker Glaube. Sie hätte das nicht geschafft, „wenn ich nicht die Gewissheit hätte, dass jeder Mensch, so wie er ist, von Gott geliebt ist. Wenn ich nicht wüsste, dass auch unsere Birte ein Gedanke Gottes ist und kein Ausrutscher oder Versehen, dann hätte ich ein Problem.“ Viele Gebete von Menschen, „die wir teilweise gar nicht kennen“, hätten die Familie in der ersten Zeit mit Birte begleitet. Das sei jetzt immer noch so.

Sie habe viel von ihrer Tochter gelernt, sagt Langenbach. Birte habe kaum Berührungsängste: „Sie macht das, was aus ihrem Herzen kommt.“ Das bewundert die Mutter an ihrer Tochter und das wünscht sie sich auch für ihr eigenes Leben. „Ich will lernen, mich immer mehr von meinen inneren Impulsen leiten zu lassen, und nicht nur das tun, was man tun sollte“, sagt sie und zitiert den französischen Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry, der gesagt habe: „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“

Von links: Sabine Langenbach, Sohn Niklas, Tochter Birte, Ehemann Frank Foto: Julia Schwafert
Von links: Sabine Langenbach, Sohn Niklas, Tochter Birte, Ehemann Frank

Dabei hält sich die Moderatorin ohnehin weniger an Konventionen. Schon als kleines Mädchen „habe ich immer das gemacht und das angezogen, was ich wollte“. Am liebsten das, was ihre Mutter ihr häkelte und strickte. Dass die Klassenlehrerin ihrer Mutter riet, das Kind doch mal vernünftig anzuziehen, interessierte sie nicht. Auch ihren Job als Einzelhandelskauffrau gab Langenbach mit 19 Jahren auf, obwohl ihre Eltern in dem Bereich arbeiteten; ihr Weg wäre vorgezeichnet gewesen. Sie war in der Damenwäsche- und Miederwaren-Abteilung einer großen Kaufhauskette in Dortmund beschäftigt. Wer einen gut sitzenden BH brauchte oder die etwas eleganteren Dessous für den Abend suchte, dem stand Sabine Langenbach mit Rat und Tat zur Seite.

Die älteren Damen „sind oft unglaublich dankbar davongegangen, wenn ich ihnen ein anständiges Korselett verkauft habe, was endlich mal passte“. Die blonde Frau mit dem Kurzhaarschnitt lacht lauthals, als sie sich daran erinnert. Die Arbeit dort habe ihr „unheimlich Spaß gemacht“. Doch sie wollte aber lieber etwas „für Gott“ machen. Eine innere Stimme sei das gewesen.

Zu Hause spielten Kirche und Glaube kaum eine Rolle. Erst durch den Konfirmandenunterricht kam sie damit in Kontakt. Als junge Frau habe sie dann beim CVJM in Dortmund „Feuer gefangen“ für den christlichen Glauben. Heimlich schrieb Langenbach Initiativbewerbungen an christliche Werke, unter anderem an ERF Medien, das damals noch Evangeliumsrundfunk hieß. Bei einem seiner Konzerte traf sie den damaligen Vorstandsvorsitzenden Jürgen Werth.

„Kirche live zu hören, ist faszinierend“

Obwohl der nichts von ihrer Bewerbung wusste, bot er der 19-Jährigen, die so „dreist nachgefragt“ hatte, spontan eine Stelle in der Telefonzentrale an. „Dann ging alles ganz schnell“, erinnert sich die Journalistin. Fortan nahm sie mit freundlicher Stimme Anrufe entgegen und stellte sie in die Büros durch, rief den Radio-Chefredakteur aus, wenn der sich am Empfang zu melden hatte, oder begrüßte gerade eingetroffene Gäste. Beinahe jeder Mitarbeiter im Haus kannte ihre Stimme. Als die Radio-Redaktion sie entdeckte, kam eins zum anderen und sie landete dort als Volontärin. Viel später kam auch eine Talksendung im ERF Fernsehen dazu.

Heute arbeitet sie zwar nicht mehr dort, die Leidenschaft für das Moderieren ist aber geblieben. Seit 1993 steht Langenbach jeden Sonntagmorgen beim Kirchenmagazin „kreuz & quer“ des Lokalsenders Radio MK vor dem Mikrofon. Die freie Journalistin findet es „faszinierend, dass Kirche dann live zu hören ist und ich auch auf aktuelle Themen eingehen kann“. Über ihre Arbeit bei „kreuz & quer“ sagt sie: „Ich bin Moderatorin, Chefredakteurin, Producerin – alles in einem.“ Sie ist für die Inhalte und deren Umsetzung in der Sendung allein verantwortlich.

„Wir brauchen als Christen nicht schüchtern zu sein.“

Im Vergleich zum christlich geprägten Rundfunk schätzt sie an „ihrer“ Sendung im säkularen Radio die Vielfalt der Meinungen und Einflüsse. Wer nur im „frommen Radio“ arbeite und im frommen Umkreis zu Hause sei, dem fehle manchmal der Kontakt zu „ganz normalen Menschen“, befürchtet sie. Langenbach mag es, die Dinge aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.

Besonders spannend findet sie es zum Beispiel, dass sie einen Sportredakteur für das Kirchenmagazin gewinnen konnte, der nun regelmäßig Beiträge für ihre Sendung produziert. Er sehe die kirchlichen Themen wesentlich kritischer und sei damit viel näher am Hörer dran. In einer säkularen Redaktion werde aber auch „mit harten Bandagen“ gekämpft, gibt sie zu und ist froh, ihre Nische zu haben. „Ich bin eher so die Freie“, sagt sie über sich.

Über das Glück gestolpert

Die Moderatorin wünscht sich, dass es bei den Hörern „klick macht, dass christlicher Glaube was mit dem Alltag zu tun hat und mit Lebensfreude“. Ihr geht es um ein befreiendes und glückliches Leben. „Durch den Glauben habe ich entdeckt, worauf es im Leben ankommt: Es kommt darauf an, dass ich eine Konstante habe und weiß, was ich wert bin. Weil ich ein Original Gottes bin, wie jeder andere Mensch auch.“

Als Referentin tritt sie am liebsten vor Menschen auf, die gar nichts mit dem christlichen Glauben zu tun haben. Sie wünscht sich, dass sie denen etwas von „ihrem“ Glück mitgeben kann. Auf die Frage, was das denn sei, lacht sie laut und sagt: „Die politisch korrekte Antwort ist wohl: Gott nahe zu sein.“ Dann wird sie ernst und erklärt, ihr Glück habe wirklich etwas mit dieser Aussage zu tun. „Ich fühle mich immer online mit Gott.“ Der Glaube sei wie eine Standleitung. Deshalb könne sie ihm auch jederzeit alles sagen: „Gott ist da.“ Für diesen Satz ist Langenbach beinahe schon berühmt. Wenn ihre Zuhörer sonst nichts mitnähmen, dieser Satz bleibe hängen. Hinter ihm steckt eine besondere Geschichte.

„Ich fühle mich immer online mit Gott.“

Die Aussage stammt von Birte. Wann ihre Tochter den Satz zum ersten Mal sagte, weiß Langenbach nicht mehr. Aber sie sage es, wenn sie merke, dass ihre Mutter „am Rad dreht“ oder unausgeglichen ist. Und, wenn es ihr selbst schlecht geht. „Amen. Amen. Gott ist da“, habe sie einmal in der Schule gesagt, als es ihr nicht gut ging. „Und es war keine fromme Mutti in der Gegend, die ihr das hätte einflüstern können“, sagt die Mutti augenzwinkernd.

Sie ist überzeugt, dass ihre Tochter weiß, wer Gott ist. Langenbach wird auf einmal ruhiger. Die Worte sprudeln nicht mehr so hervor, sondern sind bedachter, als sie sagt, dass sie trotz allem an Heilung für Birte glaubt. Gleichzeitig sagt sie, das klinge wohl verrückt. Aber „wenn ich höre, dass den Menschen in Afrika Gliedmaßen nachwachsen und Blinde sehen, warum sollte Gott in seiner himmlischen Datenbank nicht noch ein paar Augen für meine Tochter haben?“ Es sei eine „Gratwanderung“: Zwar wolle sie die Situation so annehmen, wie sie ist. Langenbach traut Gott aber auch zu, „dass es anders werden kann“. Er könne auch heute noch Wunder tun. Dafür will sie offen bleiben. „Aber Gott entscheidet, was, wie und wann“, betont sie. Birte selbst habe vor einiger Zeit davon gesprochen, ohne dass die Familie das Thema ihr gegenüber erwähnt hätte. Der Teenager sagte: „Augen schenken. Gott.“ In den Augen ihrer Mutter glitzert etwas.

Vielleicht Kabarett oder Chansons

Der Moment gedrückter Stimmung ist schnell verflogen. Sie könne anderen Menschen wohl nicht so viel vom Glück erzählen und Mut zum Leben machen, wenn die Situation ihrer Familie nicht so wäre, wie sie ist, sagt Langenbach wieder fröhlich. „Ich möchte Mut machen!“, prangt in großen Lettern auf ihrer Homepage. Das richtet sich auch an Christen. „Wir dürfen als Christen sagen, was wir können. Wir brauchen nicht schüchtern zu sein“, sagt sie. Langenbach versteht die Zurückhaltung nicht, die ihr oft begegnet. Christen sollten mutiger über ihren Glauben reden, findet sie.

Dann fügt sie mit einer ausholenden Handbewegung hinzu: „Ich hab‘ noch tausend Ideen!“ Ein hochwertiges Abendprogramm mit Dinner und guten Künstlern – das wäre was. Kabarett und Chansons kann sie sich auch gut vorstellen, Moderationsseminare sowieso. Und natürlich ein Glücksfestival. (pro)

Der Text stammt aus der Ausgabe 4/2015 des Christlichen Medienmagazins pro. Lesen Sie mehr über christliche Themen aus Politik, Pädagogik und Gesellschaft in der aktuellen Ausgabe 1/2017. Sie können Sie online bestellen, per E-Mail oder unter 06441/915151,

Von: sz

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