Das EKD-Leitbild und die Basis

Evangelische Ehepaare fühlen sich auf einmal als Spießer und allein verdienende Väter als Unterdrücker. Die Süddeutsche Zeitung hat drei Personen portraitiert, für die das neue EKD-Leitbild zur Familie ganz unterschiedliche Auswirkungen hat.
Von PRO

Zu den Mitautoren des Papiers gehört die Theologin Stefanie Schardien. Sie hat sich bewusst für Kind und Familie entschieden und bemüht sich, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Für Schardien steht fest, dass das Papier niemanden abwerte, „bloß weil wir andere Lebensformen aufwerten“.

Unter den positiven Rückmeldungen auf die Orientierungshilfe gäbe es viele von Frauen oder Mitarbeiter von evangelischen Familien-Beratungsstellen, die die Orientierungshilfe als Befreiung empfänden. Im Nachhinein sieht sie Verbesserungspotential bei einigen Formulierungen. Auch hätte es ausführlichere theologische Begründungen geben dürfen, aber der Auftrag der EKD sei ein sozialpolitischer gewesen.

Kirche nicht der Resonanzboden für die Gesellschaft

Der Regensburger Regionalbischof Hans-Martin Weiß findet das Papier „herabsetzend“. Luther habe die Ehe zwar als weltlich Ding, aber auch als einen geistlichen Stand bezeichnet. Die Kirche dürfe nicht der Resonanzboden sein für das, was sich entwickelt hat. Das Papier beschädige den Dialog mit den Katholiken, für die die Ehe ein Sakrament ist. „Vielleicht ist es auch nur der Ton der Orientierungshilfe, der verletzt“, meint Weiß.

Der Weidener Dekan Wenirch Slecka kritisiert, dass die evangelische Kirche „im Bemühen allen nachzugehen, auf einmal nicht mehr für alle rede“. Für den „reflektierten Konservativen“ fühlen sich Menschen fremd in der Kirche, „wo sie doch bislang dachten, sie stünden in der Mitte“. Auf die Frage, was seine Gemeinde über das Papier denkt, sagt Slencka: „Hat vermutlich keiner gelesen.“

Abschied von der Ehe

Das EKD-Papier hatte zu heftigen Kontroversen geführt: Einige forderten sogar den Rücktritt des EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider. In dem Papier ist die lebenslange Ehe mit Kindern nicht mehr das Leitbild der Kirche, sondern als eine von vielen möglichen Lebensformen aufgezeigt. Der Evangelist Ulrich Parzany sah darin den „Abschied von der Ehe“, Peter Hahne bescheinigte dem Papier „geistliche Schwäche“, andere Vertreter forderten, das Papier wieder einzustampfen. Die Bischöfe Heinrich Bedford-Strohm und Ulrich Fischer verteidigten es.

Süddeutsche-Autor Matthias Drobinski sieht die Debatte deswegen so emotional, weil sie die Tiefenschichten der persönlichen Existenz, der Kirchen und der ganzen Gesellschaft trifft, weil sie um die eigenen Lebensentwürfe geht und darum, wie das Leben auszusehen hätte“. (pro)

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