Das achte Gebot und die Medien

"Das achte Gebot – für Medienmacher noch aktuell?" So lautete das Thema eines Vortrags, den der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) zum Abschluss des zweiten Christlichen Medienkongresses am Samstag in Schwäbisch Gmünd gehalten hat. Mehr als 200 Medienschaffende haben sich an drei Tagen in Vortragsveranstaltungen, Seminaren und Gesprächsrunden über Herausforderungen und Perspektiven christlicher Medienarbeit informiert und ausgetauscht.
Von PRO

"Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten". Dieses achte Gebot der zehn Gebote sei für Medienmacher deshalb besonders relevant, weil die Medien allein aufgrund ihrer Bedeutung als vierte Gewalt in unserer Demokratie zu einem sorgfältigen Umgang mit der Wahrheit verpflichtet seien, betonte Günther Beckstein. "Mehr denn je haben wir das, was man in der Politikwissenschaft eine Mediokratie nennt." Man müsse einerseits feststellen, "dass die Informations-, Desinformations- und Manipulationsmacht der Medien heute so groß ist wie niemals zuvor". Andererseits vergrößere sich mit diesem Zuwachs an Macht auch die moralische Verpflichtung der Medienmacher, verantwortungsbewusst mit ihr umzugehen. "Die Journalisten des 21. Jahrhunderts müssen dieses Mehr an Verantwortung annehmen. Ihre Aufgabe ist es, kritische Fragen zu stellen, Hintergründe auszuleuchten, objektiv zu berichten", sagte der CSU-Politiker und Vizepräses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Mehr denn je könne den Journalisten das achte Gebot dabei Mahnung und journalistischer Auftrag zugleich sein.

Tendenziell verzerrtes Bild der Wirklichkeit

Man müsse sich allerdings auch des besonderen Fokus der Medien bewusst sein, die in erster Linie an negativen Nachrichten interessiert seien, unterstrich Beckstein. Aufgrund dieser besonderen Perspektive gäben die Medien ein tendenziell verzerrtes Bild der Wirklichkeit wieder. Alleine die Auswahl des journalistischen Gegenstandes verzerre die Wirklichkeit. Daher seien die Medien seiner Meinung nach immer auch dazu aufgerufen, den kleinen Wirklichkeitsausschnitt, den sie sich momentan vorgenommen hätten, umfassend darzustellen. "Man kann Wahrheit auch verfälschen, wenn man weglässt oder auch nur Sätze umgruppiert." Dazu müsse man gar nicht unbedingt aktiv lügen oder etwas Falsches sagen. Beckstein machte deutlich, dass es eine Art von Berichterstattung gebe, die schlicht und ergreifend eine Kampagne sei – "die gezielte Zuspitzung einer Situation durch gezielte Fehlinformation, möglichst bis zum Exitus der Zielperson". Mit Information oder objektiver Berichterstattung habe das nichts mehr zu tun. In dem Zusammenhang, räumte Beckstein auch ein, dass Christian Wulff Fehler gemacht habe, er bezeichnete die Medienberichterstattung über den Bundespräsidenten aber als scheinheilig.

Der frühere bayerische Ministerpräsident stellte fest, dass nicht nur negative Nachrichten, sondern auch negative Kommentare in den Medien überwiegen. Offensichtlich sei es attraktiver, etwas zu kritisieren, als etwas zu loben. Das sei ein gewisser Weise nachvollziehbar, weil die Medien einen Gegenpol zu den Handelnden bilden wollten und auch sollten. Manchmal wirke es aber so, dass man als Politiker ständig kritisiert würde. "Und da Politik immer die Suche nach Kompromissen ist, wird es von fast jeder Seite immer gute Argumente gegen politische Entscheidungen geben. Zu kritisieren ist das einfachste von der Welt", sagte Beckstein. Hier müssten die Medien aufpassen, dass sie nicht zu einer ständigen Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Politik beitrügen. Es bestehe in gewissem Sinne auch eine moralische Pflicht zur Konstruktivität der Medien.

Das achte Gebot bei der Themenauswahl

Ein konstruktives Agieren dürfe man sich als Medienkonsument ebenfalls bei der Auswahl von Themen erwarten, sagte der CSU-Politiker. "Belanglosigkeiten zu Staatsthemen hochzustilisieren, ist auch eine Verzerrung der Wirklichkeit." Deswegen sei das achte Gebot auch im Sinne einer verantwortungsbewussten Auswahl von Themen eine Orientierung und eine Mahnung für Medienmacher. Umgekehrt dürften die Medien sich aber auch nicht vor den Themen fürchten. "Es gibt eine Form der ‚Political Corrrectness‘, eine Art der vorauseilend-gehorsamen Selbstzensur bei manchen Medien, die der Wahrheit und der Wahrhaftigkeit entgegensteht." Als Beispiel nannte er, dass es eine zeitlang nicht opportun gewesen sei, auf den hohen Anteil ausländischer Straftäter hinzuweisen. Als Medienmacher müsse man ungeachtet solcher sinnloser Tabus diejenigen Themen aufgreifen, die die Menschen bewegten.

Zum Schluss seines Vortrags zitierte Beckstein einen katholischen Theologen, der einmal über die Wahrheit gesagt habe: "Gott ist die Wahrheit. Darum wird er durch den Dienst an der Wahrheit verehrt." So gesehen komme einer wahren und wahrhaftigen Medienarbeit für den Gläubigen auch eine starke religiöse Komponente zu. "Die Wahrheit, die wir den Menschen angedeihen lassen, lassen wir auch Gott angedeihen." Das achte Gebot sei in dieser Perspektive nicht nur hoch aktuell für Medienmacher, sondern ein absolutes Muss für jeden, der sich des Wortes mit einer gewissen Wirkungsabsicht bediene.

"Fürchtet euch nicht!"

Der Medienkongress endete mit einem Statement des Leiters der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, Helmut Matthies, zum Thema "Fürchtet euch nicht! – Zur Zukunft christlicher Medien". Christliche Medienschaffende müssten sich nicht fürchten, so der Journalist und Theologe, "weil wir ein festes Fundament haben". Auch weil Gott sich an ein Medium, die Bibel, gebunden habe und der Auftrag der Christen noch nicht erfüllt sei, müsse man keine Angst haben. Ferner könne man all das in Anspruch nehmen, was Gott an Hilfe zugesagt habe. "Wir müssen uns auch nicht fürchten, wenn wir zusammen stehen", betonte Matthies und verwies darauf, dass so ein Medienkongress, bei dem Medienschaffende sowohl aus dem evangelikalen wie auch aus dem liberalen Lager zusammenkämen, vor zwanzig Jahren noch nicht denkbar gewesen sei. "Das Bewusstsein, dass wir in einem Boot sitzen, ist gewachsen." Nun stelle sich die Frage, wie man noch mehr kooperieren könne. "Alle haben wir einen Auftrag und glänzende Aussichten", sagte Matthies. "Wir erreichen mehr Menschen als jeder andere Beruf erreicht. Machen wir doch mehr daraus!"

Der Christliche Medienkongress hat in diesem Jahr zum zweiten Mal nach 2009 stattgefunden und sich in erster Linie an Medienschaffende aus dem Bereich der Kirchen gerichtet. Zu den Veranstaltern gehörten die Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die Evangelische Landeskirche in Württemberg, die christlichen Sender Bibel TV und ERF Medien, das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik, die Stiftung Christliche Medien und Verlage, die Stiftung Marburger Medien, das Christliche Gästezentrum Württemberg Schönblick, die Evangelischen Nachrichtenagentur idea und der Christlichen Medienverbund KEP. (pro)

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