Cyber-Mobbing: Jeder dritte Schüler „betroffen“

Ein Drittel aller Schüler haben Erfahrungen mit Cyber-Mobbing. Dies heißt jedoch nicht, dass jeder dritte Schüler Opfer ist, wie einige Medienberichte glauben machen.
Von PRO

Wissenschaftler der Universitäten Münster und Hohenheim haben 5.656 Schüler aus 33 Schulen zu virtuellen Schmähungen befragt. Aus der Untersuchung ziehen sie das Fazit: „Das Ausmaß von Cybermobbing an Schulen ist bislang eher unterschätzt worden. (…) Ein Drittel der 5.656 befragten Schüler ist davon betroffen.“

Auf den ersten Blick scheint ein Vergleich mit anderen Studien das Urteil der Autoren zu bekräftigen: Keine Studie zum Cyber-Mobbing hat bislang eine so hohe Zahl Betroffener vermeldet. Im Juni 2012 hieß es beim LBS-Kinderbarometer, dass nur 3 Prozent der 9-14-Jährigen von Cybermobbing betroffen sind. Sollte die Rate binnen eines Jahres um 1.100 Prozent gestiegen sein?

Nicht alle Betroffenen sind Opfer

Bei genauerem Hinsehen relativieren sich die Zahlen der aktuellen Studie. Für die Autoren sind Schüler „betroffen“, wenn sie etwas mit Cyber-Mobbing zu tun hatten. Demnach sind auch Täter „Betroffene“. Einige Medien haben den Begriff falsch verstanden und geschrieben, jeder dritte Schüler in Deutschland sei „Opfer“ von Cyber-Mobbing: so zum Beispiel Heute.de, Evangelisch.de oder Heilpraxis.net. Beim Lesen der Studie ist aber Vorsicht geboten. Faktisch sind ein Drittel der „Betroffenen“ oder 16 Prozent der Befragten insgesamt Opfer von Cyber-Mobbing, ohne selbst beleidigend aufgetreten zu sein.

Das Internet eignet sich für Racheakte

Die Untersuchung zeigt, dass ein weiteres Drittel der „Betroffenen“ sowohl Opfer als auch Täter sind, ein Drittel sind lediglich Täter. Im traditionellen Schulmobbing falle der Anteil der „Täter/Opfer“ geringer aus als beim Cyber-Mobbing. Das bedeutet in den Worten des Münsteraner Kommunikationswissenschaftlers Thorsten Quandt, „dass sich das Internet besonders gut für Racheaktionen eignet, wenn man selbst Opfer wurde“.

Die Befragung lässt außerdem erkennen, dass „besonders verletzende Formen“ des Cyber-Mobbing wie das Hochladen peinlichen Bildmaterials auf YouTube nur zu 1,9 Prozent vorkommt. Am weitesten verbreitet sind beleidigende Nachrichten (14,5 Prozent) und das Weiterleiten vertraulicher Informationen an Dritte (7,9 Prozent).

Quandt leitet das Projekt „Cybermobbing an Schulen“ zusammen mit der Kommunikationswissenschaftlerin Ruth Festl aus Hohenheim. Bis zum Jahr 2015 befragen sie 6.000 Schüler dreimal zu dem Themenfeld, um Mechanismen und Motive zu erkunden, die hinter Cyber-Mobbing stehen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Projekt. (pro)

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