CSU-Politiker vermisst klare Worte der Kirchen zu Feiertags-Urteil

Ein Feiertagsschutz ohne Ausnahmen geht zu weit. Dies hat das Bundesverfassungsgericht Ende November geurteilt. Dass die Kirchen zu diesem Urteil schweigen, schmeckt dem Sprecher des Gesprächskreises Christsozialer Katholiken (CSK) Thomas Goppel gar nicht.
Von PRO
Thomas Goppel findet es bedenklich, dass von den Kirchen keine offizielle Stellungnahme zum Urteil über die möglichen Ausnahmen bei „stillen Feiertage” kam

Der CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Goppel versteht die Kirchen nicht. Ende November hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass der ausnahmslose Schutz des Karfreitags in Bayern gegen das Grundgesetz verstößt. Dass die Kirchen in dieser Angelegenheit keine Stellungnahme abgegeben hätten, kritisiert der Sprecher der Christsozialen Katholiken.
Der frühere bayerische Wissenschaftsminister erklärte diese Woche: „Wie es sich gehört, haben wir Laien in der Kirche seit dem Verfassungsgerichtsurteil vom November 2016 auf eine eigene Stellungnahme verzichtet, um der Amtskirche nicht vorzugreifen.“ Zwei Wochen nach dem Urteil meldete sich Goppel jetzt doch zu Wort.

Evangelische und katholische Sprachlosigkeit

Vor allem das Schweigen des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Kardinal Reinhard Marx hält er für befremdlich. „Hier soll sichtlich die Grundorientierung der Gesellschaftsordnung untergraben und schließlich eliminiert werden“, findet Goppel. Die „evangelische Sprachlosigkeit“ bezeichnete der Politiker als „noch ungewöhnlicher“. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, übergehe das Urteil zum höchsten evangelischen Feiertag mit Schweigen. Dies lasse die Amtskirche „als selbstzerstörerisch erscheinen“, zitiert die Süddeutsche Zeitung.
„Man stelle sich vor, der Islam erführe eine ähnliche Einschränkung seiner Existenzberechtigung, was dann die protestantische Seite unserer christlichen Religionsgemeinschaft zur Ehrenrettung der ‚Brüder in Allah‘ unternähme“. Das katholische Erzbistum München und Freising hatte kurz nach dem Urteil lediglich davor gewarnt, die „stillen Tage“ mit diesem Urteil womöglich auszuhöhlen. Sie seien keine rein kirchliche Angelegenheit, sondern beträfen die ganze Gesellschaft.

EKD vertraut auf respektvolle Regelungen

Diese Vorwürfe weist der Pressesprecher der Evangelische Kirche in Deutschland gegenüber pro zurück. Der Präsident der Kirchenamts der EKD, Hans Ulrich Anke, habe bereits am 30. November erklärt, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil die Feiertags-Schutzregelungen ausdrücklich als verfassungsgemäß bestätigt habe – auch wenn es Ausnahmen zuließ: „Es hat damit auch den besonderen Schutz des Karfreitags als stillen Feiertag auch vor dem Hintergrund immer mal wieder auftretender Anfragen bekräftigt. Das ist zu begrüßen. Denn der Gesellschaft wie dem Einzelnen tut es gut, wenn das geschäftige Treiben des Alltags an einem solchen besonders geprägten Feiertag eine auch äußerlich besonders deutlich zu spürende Unterbrechung erfährt.“
Für den christlichen Glauben sei es von zentraler Bedeutung, Jesu Leiden und Sterben zu bedenken. Dieses auch in äußerlich gewährleisteter Stille tun zu können, habe die Feiertagskultur in Deutschland geprägt. „Niemand wird gezwungen, sich dem anzuschließen. Das aber zu respektieren, ist auch für andere zumutbar. Darauf wird auch der Freistaat Bayern sicher bei der Regelung von Ausnahmemöglichkeiten für andere Veranstaltungen am Karfreitag achten“, findet Anke.

Kardinal Marx: „Dankbar für Schutz der Feiertage“

Die Pressestelle der Deutschen Katholischen Bischofskonferenz verwies auf eine Predigt von Reinhard Kardinal Marx, die er am 5. Dezember in München hielt. Darin bezeichnete er die Sonn- und Feiertage als „heilsame Unterbrechungen“, die von zentraler Bedeutung für Kirche und Gesellschaft seien. „Solche Unterbrechungen des Rhythmus, der Arbeit und der Nützlichkeit helfen der ganzen Gesellschaft, Orte der Hoffnung, des Aufatmens, der Zuversicht zu finden“, sagte der Erzbischof von München und Freising. Der Schutz des Sonntags, der Feiertage und der Stillen Tage sei „nicht etwas, was uns von der Vergangenheit irgendwie überkommen ist“, sondern „sehr wichtig auch für die Zukunft einer Gesellschaft“.
Er sei „der Politik dankbar, dass sie alles Mögliche tut, um diesen Schutz für den Sonntag, für die Feiertage, für die Stillen Tage weiter zu gewähren“, auch wenn Gesetze sich änderten, findet der Kardinal mit Blick auf das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Es bleibe „die Notwendigkeit solcher Unterbrechungen, die alle miteinander teilen, wo jedenfalls alle eingeladen sind, sich auf eine neue Dimension hin zu öffnen“. Dabei seien auch die kirchlichen Feiertage „kein Privileg für die Kirche, dass wir uns hinter unsere Kirchenmauern zurückziehen, dass wir etwas für uns bewahren, sondern sie sind Zeichen der Hoffnung für die ganze Gesellschaft“, betonte der Erzbischof.

Liberalisierung könnte auf lange Sicht zur Abschaffung führen

Was an den „stillen Tagen“ erlaubt ist und was nicht, regeln die einzelnen Bundesländer. Einzige Ausnahme ist der Tag der Deutschen Einheit. Besonders geschützt ist der Karfreitag, an dem im Freistaat jede Art von Musik in Schankbetrieben bislang verboten war. Nach dem Urteil muss es auch Ausnahmen geben dürfen, weil sonst die Versammlungsfreiheit eingeschränkt ist. Früher hatten die Kirchen davor gewarnt, eine Liberalisierung könne auf lange Sicht der Anfang der Abschaffung der „stillen Tage“ sein.
Auslöser für das Urteil war eine angemeldete Veranstaltung des Bundes für Geistesfreiheit an Karfreitag 2007. Die dort geplante „Heidenspaß-Party“ wurde untersagt. Sie hätte erlaubt werden müssen, weil es den Veranstaltern nicht nur um Spaß oder kommerzielle Interessen ging. (pro)Karlsruhe entscheidet: Feiertagsschutz ohne Ausnahmen geht zu weit (pro)
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