Corona-Bibel verbindet Menschen

Eine Bibel, die von Menschen aus St. Gallen handschriftlich abgeschrieben wird, erlangt auch über die Stadtgrenzen hinaus immer größere Beliebtheit. Mittlerweile sind 80 Prozent aller 1.189 Kapitel in Bearbeitung – auch international.
Von PRO
Die Gestaltung des Bibelkapitels ist jedem Schreiber selbst überlassen

Mit dem Projekt „St. Galler Corona-Bibel“ wollte der Pfarrer der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Straubenzell, Uwe Habenicht, gemeinsam mit der Cityseelsorge der Katholischen Kirche in St. Gallen die Verbundenheit der St. Gallener untereinander während der Coronakrise fördern. Doch aus der lokalen Idee ist mittlerweile ein internationales Projekt geworden. Menschen aus der gesamten Schweiz, Österreich, Deutschland, Liechtenstein und den USA beteiligen sich. Das Ziel, die Bibel bis Pfingsten fertigzustellen, ist so in greifbare Nähe gerückt.

Ende März ins Leben gerufen, sind bereits 80 Prozent der 1.198 Kapitel der Bibel fertiggestellt oder in Bearbeitung. Mitmachen kann jeder – unabhängig von einer Religionszugehörigkeit. Über eine Doodle-Liste können die noch nicht vergebenen Kapitel eingesehen und reserviert werden. Besonders beliebt seien das Hohelied der Liebe, Psalm 23 oder die Schöpfungs- und Weihnachtsgeschichte, sagte Habenicht dem Online-Portal kath.ch. Dagegen seien die eher unbekannten Geschichtsbücher wie die Chroniken teilweise noch verfügbar. Bei diesen Kapiteln hätten sich die Schreiber vorher erst kundig machen müssen, worum es darin eigentlich geht.

Dieses Beschäftigen mit den biblischen Texten ist eine der Ideen vom „St. Galler Corona-Bibel“ Projekt. Das Schreiben setze eine gewisse Bereitschaft voraus, sich auf das Geschriebene und die dabei aufkommende Fragen und Einsichten einzulassen. Habenichts freue sich vor allem über die vielen Zuschriften der Teilnehmer, in denen sie von ihren Bibelerlebnissen berichten. „Plötzlich nehmen die Leute wahr, was da steht. Es brechen viele spannende Wahrnehmungen und Fragen auf.“

Schreiben wie die Mönche

Die Schreiber sollen das Projekt aber nicht nur auf einer individuellen Ebene erleben, so Habenicht. Vielmehr können sie „sich als Teil von etwas wahrnehmen, was außerhalb ihrer selbst liegt“, denn jedes einzelne Kapitel gehöre zu einem großen Ganzen.

„Lustigerweise hatte ich zunächst die Vorstellung, dass Abschreiben in den Klöstern im Mittelalter eine einsame Tätigkeit war“, erklärt Habenicht. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Vielmehr hätten die Mönche im Skriptorium gemeinschaftlich gearbeitet. „Somit hat sich auch schon dort die Einzel- mit einer Gemeinschaftsleistung verbunden.“

Nachdem die Bibel in ihrer Gesamtheit abgeschrieben wurde, soll sie in der St. Galler Stiftsbibliothek als Zeichen der Hoffnung und als Zeitzeugnis aufbewahrt werden. Wegen der anhaltenden Coronakrise steht der Festtermin noch nicht fest.

Von: Martin Schlorke

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