Vielleicht hätte Günther Jauch in seinem Gespräch zum Thema „Frauen an die Macht“ mehr Zeit für spannende Fragen an Hillary Clinton gehabt, hätten nicht aus irgend einem Grund auch Lutherbotschafterin Käßmann und Verteidigungsministerin von der Leyen in der Runde gesessen, um das Interview zwischendurch zu kommentieren. So blieb es auf einem neuen Höhepunkt der Spionagestreitigkeiten zwischen der Bundesregierung und den USA bei wenigen Nachfragen. Stattdessen wurde über „gläserne Decken“ gesprochen und darüber debattiert, wie ärgerlich es ist, dass so oft über das Aussehen von Politikerinnen debattiert wird.
Käßmann tat sich schwerer als üblich, die Deutungshoheit über die Geschehnisse zu behalten, und zeigte weitgehend Verständnis für alles und jeden. Edward Snowden sei weder Held noch Verräter, sowohl Begeisterung als auch Skepsis für die USA seien nachvollziehbar. Käßmann kritisierte die „Ermordung“ von Osama bin Laden. Clinton schilderte, wie sie Barack Obama die gezielte Tötung empfohlen habe, und dass bin Laden der Gerechtigkeit zugeführt worden sei. Freude über bin Ladens Tod konnte Käßmann – mal wieder – nachvollziehen, sie persönlich hätte aber mehr Freude daran gehabt, wenn man ihn vor den internationalen Strafgerichtshof gestellt hätte. Jauch fragte, ob Clinton als Methodistin und Käßmann als Protestantin in solch einer Frage nicht einer Meinung sein müssten. „Das ist unter Kirchen der Reformation üblich: Christen können in ethischen Fragen verschiedener Meinung sein“, antwortete Käßmann.
Von der Leyen hatte zum Thema lediglich beizutragen, dass sie es sich nicht vorstellen könne, am Bildschirm einer gezielten Tötung zuzuschauen, „wenn sie von uns ausgeht“ – als hätten deutsche Politiker den Mut, so etwas überhaupt anzuordnen. Immerhin verteidigte sie den internationalen Einmarsch in Afghanistan, einer „Brutstätte des Terrorismus“, und betonte, dass 41 Nationen daran beteiligt gewesen waren.