„Cicero“: Warum sich „Mystik“ so gut verkaufen lässt

B e r l i n (KEP) – Mystik, Geheimkulte und Verschwörungstheorien liegen im Trend. Das belegt die Liste der meistverkauften Bücher des Jahres 2005: Auf Platz 1 liegt der Roman "Sakrileg" von Dan Brown, Platz 2 belegt "Harry Potter und der Halbblutprinz", heißt es in der neuen Ausgabe des Magazins "Cicero". Doch warum ist das so?
Von PRO

„Die Wiederkehr von Geheimlogen und Verschwörungstheorien in Bestsellern wie ‚Harry Potter‘ oder ‚The Da Vinci Code‘ kann man nur verstehen, wenn man ihre Funktion als ‚Heilmittel‘ gegen das Chaos, gegen die Regellosigkeit und Unübersichtlichkeit unserer Welt begreift“, schreibt der Medienwissenschaftler Norbert Bolz, Professor am Institut für Sprache und Kommunikation der TU Berlin, in „Cicero“.

Weil unser Alltag immer komplexer werde und Menschen ständig mit undurchschaubaren Systemen konfrontiert seien, „weil es keine verlässlichen Orientierungsmarken in Wirtschaft und Politik mehr gibt, brauchen wir einen Ausgleich der Einfachheit und Transparenz.“

Unterhaltungsindustrie reagiert

Daher stelle die Unterhaltungsindustrie Ersatzschauplätze zur Verfügung, die dieses Bedürfnis stillen. Märchen wie Telenovelas, Fantasy oder Science Fiction würden durch die „Synthese von High-Tech und Kindlichkeit“ modern.

Schon immer waren Leute fasziniert von Geheimgesellschaften, Verschwörungstheoretikern und Kryptologen. Sie ermöglichten einen Zugang zur Wahrheit, die den normalen Menschen verschlossen bleibt. Und genau diese Faszination treibe die Autoren dazu, eine Welt zu schaffen, deren Ereignisse sich als dicht vernetzt und zutiefst bedeutsam erwiesen, so der Medienwissenschaftler.

Religion ebenfalls betroffen

Zum anderen sehnen sich die Leser nach Spiritualität. „Gegen die Entzauberung der modernen Welt durch Wissenschaft und Technik setzt ein Marketing des spirituellen Mehrwerts heute auf Strategien der ästhetischen Wiederverzauberung. Die Leute interessieren sich heute für das Religiöse nicht mehr als Sünder, die auf Vergebung hoffen, sondern als Konsumenten, die einen spirituellen Mehrwert spekulieren“, schreibt Bolz und kommt zu dem Schluss: „Das religiöse Bedürfnis verlässt den kirchlichen Raum und siedelt sich auf dem Unterhaltungsmarkt an.“

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