Christlicher Verein „Wüstenstrom“ in „Zeit“-Artikel kritisiert

Ta m m (PRO) - Der christliche Verein "Wüstenstrom" fühlt sich durch einen Artikel diffamiert, der in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit" erschienen ist. Darin wird die Arbeit des Vereins in Frage stellt. Nach eigenen Angaben wurde der Vorsitzende von "Wüstenstrom", Markus Hoffmann, jedoch falsch wiedergegeben, schon die Überschrift des Beitrages stimme nicht.
Von PRO

Gegenüber dem Christlichen Medienmagazin „pro“ sagte Hoffmann: „Der ganze Artikel ist dazu angetan, uns zu diskreditieren. Die Aussagen in dem Artikel sind teilweise aus dem Kontext gerissen. Ich fühle mich total falsch wiedergegeben, auch fachlich.“

In dem „Zeit“-Beitrag unter dem Titel „Heilung in Gottes Namen“ von Karin Kontny heißt es etwa: „In dem ehemaligen Bürgermeisterhaus des Ortes (Tamm) leitet Markus Hoffmann, ein 44-jähriger Theologe, den Verein Wüstenstrom. Homosexualität, so Hoffmanns Überzeugung, sei Ausdruck eines Traumas und könne suchtartige Züge annehmen. Zum Glück sei sie nicht genetisch bedingt und damit ‚heilbar‘. Wer, wenn nicht er als ehemaliger Schwuler, könnte das besser beurteilen? Und behandeln! Für 50 Euro die Stunde.“

Hoffmann: „Ich bin Sozialarbeiter und Diakon, kein Theologe“

Schon hier wurden offenbar die journalistischen Grundsätze nicht beachtet. Hoffmann stellte richtig, dass er kein „Theologe“ sei, sondern Sozialarbeiter und Diakon der evangelischen Landeskirche in Württemberg. Er habe verschiedene psychotherapeutische Qualifikationen erworben, etwa in der so genannten Gestalttherapie. Zudem befinde er sich in der Ausbildung zum Traumatherapeuten und Transaktionsanalytiker und habe Kurse im Bereich Verhaltenstherapie besucht. Auch habe er im ganzen Kontext nie von „Heilung“ gesprochen. Die Überschrift „Heilung im Namen Gottes“ sei irreführend und suggeriere, dass Menschen gesundgebetet werden oder durch das Wort Gottes umerzogen werden sollten. Wohl aber könnten Menschen eine „Veränderung“ erleben, wenn sie bestimmte traumatische Beziehungserfahrungen bearbeiten könnten, erklärte der Therapeut.

Hoffmanns These, dass homoerotische Gefühle veränderbar seien, komme „vor allem in streng christlichen Kreisen wie den evangelikalen Freikirchen“ an, heißt es in der „Zeit“ weiter. Damit begibt sich die Autorin auf die Ebene anderer Journalisten, die undifferenziert über Christen berichten. Sie kritisiert, dass „sogar“ die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) einen Infostand von Wüstenstrom auf dem Kirchentag in Hannover akzeptiert habe.

„Wüstenstrom“ arbeitet nach allgemeinen therapeutischen Kriterien

Der Verein „Wüstenstrom“, mit Sitz in Tamm bei Stuttgart, begleitet mit seelsorgerlichen und therapeutischen Hilfskonzepten seit zehn Jahren Menschen, die im Bereich Identität und Sexualität Fragen haben. „Wir haben eine Therapieform, die nach allgemeinen therapeutischen Kriterien verläuft. Doch wir wurden so dargestellt, als ob wir Scharlatane wären“, sagte Hoffmann weiter. Auf der Homepage des Vereins finde sich sogar eine Selbstverpflichtung, um auszuweisen, wie gründlich der Verein „Wüstenstrom“ arbeite.

Weiter heißt es in dem Artikel, dass in Tamm „Ehrenamtliche am Telefon“ berieten. Auch dies sei „verkürzt“ dargestellt, beziehungsweise missverständlich, kritisierte Hoffmann. Zwar gebe es teilweise ehrenamtliche Mitarbeiter, allerdings hätten diese regelmäßige Fortbildungen zu Themen wie Homosexualität, Sexsucht, Missbrauch oder Eheproblemen durchlaufen und würden monatlich supervisiert. Bestimmte Fachfragen würden allerdings nicht von ehrenamtlichen Mitarbeitern beantwortet, sondern von Fachpersonal, also von Psycho- und Traumatherapeuten, Transaktionsanalytikern und anderen. Auch das geschulte Fachpersonal müsse Fortbildungen besuchen.

Die Autorin des Artikels schreibt weiterhin, dass bei „Wüstenstrom“ den Ratsuchenden unter anderem erklärt werde, dass „ein Schwuler lebenslang gegen seine Neigung kämpfen müsse – ähnlich wie ein Alkoholiker“. Diese Aussage, so Hoffmann, sei ebenfalls falsch. „Das ist überhaupt nicht unsere Meinung. Das ist rein fachlich voll daneben.“ Ebenso seien auch andere Aspekte verkehrt oder verkürzt wiedergegeben worden. Zum Beispiel sind die im Artikel erwähnten „Hanteln“ nicht Therapiemittel, sondern lagen am Tag des Interviews dort für den privaten Gebrauch. Dem Leser solle aber wohl suggeriert werden, dass man seine Homosexualität nur dann überwinden könne, wenn man sportlich und weniger feminin sei, so Hoffmann.

Aussagen teilweise aus Kontext gerissen

Dass die Aussagen Hoffmanns teilweise aus dem Kontext gerissen wurden, zeige auch das in der „Zeit“ erwähnte Bibelzitat aus dem 3. Buch Mose 18,22, aus dem Hoffmann die Leitsätze für seine Arbeit ziehe. Dort heißt es: „Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau; es ist ein Gräuel.“ Der Therapeut stellte gegenüber „pro“ klar: „Wir haben keine Evangelisierung oder Missionierung mit Bibelstellen. Wir reden auf Wunsch Ratsuchender aber selbstverständlich über Konflikte, die sie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung mit dem Wort Gottes haben.“

Die Autorin des Artikels schrieb weiter: „Mittlerweile schöpft er seine Argumente auch aus anderen Quellen, zum Beispiel aus der Werkausgabe von C.G. Jung. Für den waren Schwule schlichtweg verhaltensgestört.“ Hoffmann kann sich nur wundern. In den Bücherregalen des Vereins „Wüstenstrom“ stehe kein einziges Buch von C.G. Jung, wohl aber rund 150 Bücher der neueren Sexualwissenschaft, die „durchaus Befürworter der Homosexualität“ seien, und die von der „Flexibilität der Sexualität“ redeten, so Hoffmann. Auf einem der Fotos zu dem Beitrag ist sogar eine Broschüre mit einem Textausschnitt abgebildet, in dem die „Zeitschrift für Sexualforschung“ erwähnt wird. Das dort gezeigte Zitat sei besonders interessant, stamme es doch aus einem Untersuchungsbericht einer Universität in Utah/USA, der kritisiert, dass Psychotherapeuten zu schnell von einer Unveränderbarkeit der Homosexualität ausgingen, wo doch nachgewiesen sei, dass eine Veränderung möglich sei. „Uns liegt viel daran, uns ständig über die neuesten Forschungsergebnisse zu informieren und unsere Arbeit auch von dort her ständig zu hinterfragen“, sagte Hoffmann.

Nicht zuletzt sei sogar fehlerhaft wiedergegeben worden, was der Verein „Wüstenstrom“ eigentlich ist. Er sei nämlich kein „Freundschaftsnetzwerk“, das sich in Selbsthilfegruppen trifft und mit „150 Mitgliedern deutschlandweit organisiert ist“. Vielmehr, so Hoffmann, „wird die Arbeit von Wüstenstrom von einem kleinen Verein getragen. Die Arbeit aber von Wüstenstrom gliedert sich in den Bereichen Lebensberatung und Therapie, Selbsthilfe, Fortbildung und Politische Arbeit. Ein kleiner Teil dieser Arbeit ist das so genannte Freundschaftsnetzwerk, mit rund 150 Männern und Frauen, die sich auf ihrem Weg der Veränderung von Homosexualität gegenseitig stützen und ermutigen.“ Ein weitaus größerer Arbeitszweig, der auch unter der Rubrik Selbsthilfe subsumiert wird, sind die „Aufbruch Leben“-Gruppen, die von etwa 500 ehrenamtlichen Mitarbeitern in verschiedenen christlichen Gemeinden der Frei- und Landeskirche durchgeführt werden. In diesen Gruppen werden in erster Linie Menschen begleitet, die im Bereich ihrer Identität als Mann und Frau sowie hinsichtlich ihrer sexuellen Orientierung Fragen haben.“ Die Arbeit findet vornehmlich im deutschsprachigen Raum statt, also in Deutschland, Österreich und der Schweiz, aber auch in ganz Europa.

Dass es „viele Fälle“ gebe, in denen sich Betroffene nach einer Beratung in Tamm mit Selbstmordgedanken hegten, wie es in dem Artikel weiter heißt, bezeichnet Hoffmann schlichtweg als „Verleumdung“ – zumal die Frage bestehe, wie viele Menschen, die in Süddeutschland zur Beratung gingen, den Weg zur Schwulenberatung in Berlin fänden, um sich dort über die Arbeit von Wüstenstrom zu beschweren: „Der Artikel ist suggestiv und bösartig.“

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