Christliche Gewerkschaft fordert: „Hände weg vom Sonntag!“

Wegen des enormen Paketaufkommens will die Post auch sonntags Lieferungen zustellen. Die Christliche Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation fordert stattdessen, mehr Zusteller zu beschäftigen.
Von Norbert Schäfer
Packstationen haben 24 Stunden am Tag geöffnet – auch am Sonntag

In Bayern werden wegen der Corona-Situation Pakete nun auch sonntags zugestellt. Das geht aus einem Bericht der Tageszeitung Die Welt hervor. Demnach stellt das Tochterunternehmen der Deutschen Post, DHL, im Freistaat Pakete an dem gesetzlichen Ruhetag zu. Offenbar versucht das Unternehmen, dies auch in anderen Bundesländern zu tun. DHL suche derzeit Fahrer, die zur Sonntagsarbeit bereit seien, heißt es in dem Bericht.

Grund für die Zustellungen am Sonntag seien die immer größer werdenden Paketmengen. Die Welt zitiert aus einem internen Schreiben des Unternehmens. Demnach sei die „Zahl der täglich bearbeiteten Sendungen auf vorweihnachtliche Höhen von neun Millionen Paketen“ gestiegen. Gegenüber dem Vorjahr bedeute das einen Zuwachs von rund 45 Prozent. Dem Bericht zufolge bestellten die Deutschen in der Coronakrise „Rekordmengen“ in Onlineshops.

Christliche Gewerkschaft: „Mehr Zusteller einstellen“

Die „Christliche Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation“ (CGPT) lehnt die Überlegungen der Post ab und kritisiert die bereits praktizierte Zustellung von Paketen an Sonntagen. Um mit den größeren Sendungsmengen fertigzuwerden bedürfe es keiner Sonntagszustellung, teilt die Gewerkschaft auf ihrer Internetseite mit. Der CGPT-Vorsitzende Ulrich Bösl fordert die vermehrte Einstellung von Zustellern und faire Löhne. Die Sonntagszustellung raube den Betroffenen einen Tag zur Erholung und Besinnung. „Auch wenn in Zeiten von Corona-Pandemie keine Gottesdienste stattfinden, sollte an der Sonntagsruhe nicht gerüttelt werden“, lautete es in einer Erklärung der Gewerkschaft. Die Corona-Pandemie rechtfertige nicht alle Einschnitte. „Hände weg vom Sonntag“, fordert Bösl.

Gesetz verbietet Sonntagsarbeit

„Sonntagsarbeit ist in Deutschland eigentlich verboten. Das steht in Paragraph 9 Arbeitszeitgesetz“, erklärt der Anwalt für Arbeitsrecht Klaus Schultze-Rhonhof auf Anfrage. Die Idee dahinter: Jeder Mensch soll sich mindestens an einem Tag in der Woche körperlich und geistig erholen können. Das Verbot gelte an Sonn- und Feiertagen von 0 bis 24 Uhr. Für Schichtarbeit und Kraftfahrer könne der Zeitkorridor geringfügig verschoben werden. Ansonsten darf nur dann an Sonn- und Feiertagen gearbeitet werden, wenn das Gesetz es ausdrücklich erlaubt. „Das gilt natürlich für akute Notfälle, Feuerwehr, Rettungsdienste und Krankenhäuser, aber zum Beispiel auch für die tagesaktuelle Presse, Gaststätten oder Theater“, erkärt der Jurist. Ausnahmeregelungen könnten jedoch Bundes- oder Landesregierungen und die jeweiligen Aufsichtsbehörden ermöglichen.

„In den vergangenen Wochen haben wir einen neuen Begriff gelernt: Systemrelevante Berufe. Politiker haben sich bei Ärzten, Verkäuferinnen und Müllmännern bedankt. Paketzusteller gehören allemal dazu“, erklärte der Politikbeauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz, Uwe Heimowski, auf Anfrage von pro. „Sie mussten quasi im Akkord arbeiten.“ Den Zustellern jetzt noch den Sonntag aufzubürden sei das Gegenteil von Wertschätzung. Auch der Gesellschaft als Ganzer tue es nicht gut, wenn der Lockdown eine 24/7-Mentalität befördere. „Menschen brauchen Pausen. Darum hat Gott den Ruhetag eingeführt, ihn leichtfertig außer Kraft zu setzen tut niemandem gut“, sagte Heimwoski. Darum würden Sonn- und Feiertage durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 140, geschützt: „Der Sonntag und staatlich anerkannte Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung geschützt.“ Es gebe keinen Grund, das anzutasten.

Für die Tätigkeit an dem gesetzlichen Ruhetag braucht auch die Post in der Coronakrise außer der Zustimmung der Betriebsräte eine Genehmigung in dem jeweiligen Bundesland. Bislang habe die Post in Berlin und Bayern sonntags ausgeliefert, in anderen Bundesländern seien entsprechende Anträge bei den Behörden gestellt worden. Gewerkschaften sind mit der aktuellen Situation nicht einverstanden und argumentieren, dass die Angestellten ohnehin „am Limit“ arbeiteten und regelmäßige Sonntagsarbeit eine zusätzliche Belastung für die Angestellten bedeute. Die Gewerkschaften fordern deshalb, dass mehr Personal eingestellt wird.

Von: Norbert Schäfer

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