In fünf Tagen ist es soweit: Das evangelikale Mega-Event „Christival“ wird eröffnet. Grund genug für die Veranstalter, in einer Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag den Journalisten aktuelle Zahlen und Fakten mitzuteilen und erneut Stellung zu kritischen Themen zu beziehen.
Unter dem Motto „Jesus bewegt“ werden bis zu 20.000 junge Teilnehmer auf dem Christival erwartet, die ihren Glauben stärken wollen. Der Vorsitzende des Kongresses, Roland Werner, ist der Überzeugung: „Ich glaube, dass die Bremer erstaunt sein werden, was für nette, positive Zeitgenossen kommen“.
Jeder sechste Teilnehmer aus Baden-Württemberg
Die bisher angemeldeten 15.150 Dauerteilnehmer sind zu einem Drittel zwischen 14 und 17 Jahren alt. 43,3 Prozent sind zwischen 18 und 25 Jahren und jeder vierte Teilnehmer ist 26 Jahre und älter, teilten die Organisatoren des Christivals in Bremen mit.
Von den Teilnehmern gehören 54,8 Prozent zur Evangelischen Kirche, 43 Prozent zu Freikirchen und die übrigen 2,2 Prozent zur Katholischen Kirche. Im Schnitt kommt jeder fünfte Teilnehmer aus Norddeutschland, jeder sechste aus Baden-Württemberg. Direkt aus Bremen haben sich knapp 540 Dauerteilnehmer (4 Prozent) angemeldet.
Christival trifft auf Bremen
Von den insgesamt 229 Seminaren und Workshops sind die beliebtesten „Gaben entdecken, entwickeln und einsetzen“ (863 Teilnehmer) und „Wie erkenne ich Gottes Willen für mein Leben?“ (811 Teilnehmer). Bei den Festivals am Abend haben sich über 8.600 Teilnehmer für „Jesus bewegt – Das Festival“ angemeldet. „Jesus bewegt“ soll gleich dreimal stattfinden und den Teilnehmern „Lobpreis-Hits, die unter die Haut gehen“ bieten, so die offizielle Website christival.de. „Das Jesus-bewegt-Festival ist die Jesus-Party zum Mitschnipsen und Abfeiern.“
Auch die als „Straßenbahnparty“ bezeichnete Veranstaltung „Christival meets Bremen“ soll mit 4.100 Anmeldungen erfolgreich werden: „Junge Musiker werden einige Fahrzeuge begleiten und somit wird die ‚Bremen Tour‘ auch musikalisch ein Highlight sein“, beschreibt die Website die Aktion. Inzwischen jedoch sind laut Medienberichten die Bremer Verkehrsbetriebe davon abgerückt, in allen Straßenbahnen missionarische Musikgruppen zuzulassen: Nach Protesten gegen die „Belästigung“ dürfe nur in Sonderfahrzeugen musiziert werden.
„Nette, positive Zeitgenossen“
Prominente hingegen lassen sich von dem Attribut „umstritten“ nicht davon abhalten, das Christival zu besuchen: Der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber, Europas erfolgreichster Schuh-Einzelhändler Heinz-Horst Deichmann, der Bremer Bürgermeister a.D. Hennig Scherf und der Sänger von „Die Prinzen“, Jens Sembdner, sind nur einige der bekannten Gäste. Ebenfalls angekündigt haben sich Prinz Philipp von Preussen, die als „Mutter Teresa von Dresden“ bekannte Sabine Ball sowie der ehemalige Fußballprofi Oliver Page.
Sie und die weiteren 15.000 Dauerteilnehmer ließen sich von den zahlreichen kritischen Stimmen in der Öffentlichkeit nicht abschrecken. Ein Kritikpunkt war das Seminar „Homosexualität verstehen – Chance zur Veränderung“, das Betroffenen, die den Wunsch nach Veränderung haben, Hilfe anbieten wollte. Christival-Pressesprecher Steve Volke bedauerte die fortwährende Kritik am Seminar, das längst abgesetzt wurde. „Dieses Thema findet definitiv nicht statt“, sagte er. Dennoch haben Schwule und linke Gruppen parallel zur Eröffnung des Christivals zu Demonstrationen aufgerufen.
Druckerei brannte ab, Elektronik und Wasser wurde geklaut
Ebenfalls in der Kritik steht die Veranstaltung „Sex ist Gottes Idee – Abtreibung auch?“ der Schwangerschaftskonfliktberatung „Die Birke“. Die Bremer Frauenbeauftragte Ulrike Hauffe und „Pro Familia“ forderten die Absetzung des Seminars. Hauffe sehe hilfesuchende Frauen durch den Verein „bewusst verängstigt und herabgesetzt“.
Ganz andere Herausforderungen hatten die Mitarbeiter in den letzten Tagen: Vor kurzem entwendeten Schrottdiebe die Elektronikeinrichtung und Wasserinstallationen einer leer stehenden Schule, in der für eine Nacht 600 Mitarbeiter untergebracht werden sollten. Außerdem brannte am vergangenen Mittwoch die Druckerei ab, in der die Christival-Zeitung gedruckt werden sollte. Christival-Geschäftsführer Heiko Linke teilte mit, dass man inzwischen eine Ausweichmöglichkeit gefunden habe und die Produktion nicht mehr gefährdet sei. (PRO)