Christentum in der Defensive

Lidl hat in europäischen Ländern Kirchenkreuze auf seinen Produktverpackungen entfernt. Das negiert nicht nur die christliche Tradition. Das Beispiel zeigt, wie sich das Christentum in Europa in der Defensive befindet. Ein Kommentar von Michael Müller
Von PRO
Auch auf den deutschen Lidl-Produkten ist kein Kuppelkreuz zu sehen

Die blau-weißen Kirchen erstrahlen stolz an der Klippe der griechischen Insel Santorin. Die Kuppeln mit ihren Kreuzen sind ein echter Hingucker. Deswegen zieren sie auch die Verpackung der Fertiggerichte der Lidl-Eigenmarke Eridanous, um die Konsumenten in die richtige Stimmung während der griechischen Verkaufswochen zu bringen. In Belgien und den Niederlanden entfernte der Discounter Lidl aber digital die Kreuze auf der Verpackung der Auberginen-Lasagne „Mousaka“. Nachdem der belgische Sender RTL info die Retusche bekannt gemacht hatte, brach ein Sturm der Empörung über Lidl herein. „Wir wollten die Abbildung von religiösen Symbolen vermeiden, denn wir wollen keinen Glauben ausschließen“, lautete die Rechtfertigung des Konzerns.

Dabei haben sich nicht nur Belgier beschwert. Auch unter Griechen kam die Lidl-Aktion nicht gut an. „Keiner auf dieser Welt hat das Recht, das christliche Kreuz aus unseren Fahnen oder über unseren Kirchen zu entfernen“, heißt es etwa in der Stellungnahme der Facebook-Seite GriechenausDeutschland.de. Die Reaktion unterstreicht, dass Lidl mit seiner falschen Rücksichtsnahme die griechische Kultur untergräbt und deren christliche Tradition negiert. Auch auf deutschen Lidl-Produkten der Eigenmarke Eridanous sind auf der Webseite keine Kreuze auf den Kirchen zu sehen.

Nur ein Mosaikstein im aktuellen Gesamtbild

Die entfernten Kreuze auf der Mousaka-Packung sind nur ein Mosaikstein in einem aktuellen Gesamtbild: Der größte Fußballverein der Welt, Real Madrid, entfernt das Kreuz seines Logos auf Fanartikeln, die er in arabische Länder verkauft. Gipfelkreuze werden von Unbekannten mehrfach in Bergregionen beschädigt. Auch um das Kuppelkreuz des Berliner Schlosses entbrannte eine Debatte. Parteien wie die Grünen und die Linke hätten gerne beim Neubau auf das Kreuz verzichtet. Nach und nach verschwinden christliche Symbole aus vermeintlicher Rücksichtnahme aus dem öffentlichen Raum.

Es besteht keine Gefahr, dass das Christentum in Deutschland seine Sichtbarkeit verliert. Kirchen wie der Kölner Dom sind Wahrzeichen und Aushängeschilder ihrer Städte. Sie stiften Orientierung – im geografischen wie im geistlichen Sinne. Aber christliche Symbolik ist in den vergangenen Jahren immer weiter in eine defensive Haltung geraten. Sie muss gerechtfertigt und verteidigt werden.

Kunden mehr Eigenständigkeit zutrauen

Alle Menschen und Religionen müssen so viel Toleranz aufbringen, dass sie sich nicht an architektonischen Tatsachen wie den Kreuzen auf den Kirchen der Insel Santorin stören. Wem beim Anblick eines Kreuzes der Appetit auf ein Mousaka vergeht, der verdient es nicht, in den Genuss desselbigen zu kommen.

Der vorauseilende Gehorsam von Lidl, die Kreuze wegzuretuschieren, ist nicht ideologisch bedingt, sondern rein profitorientiert. Auf Anfrage von pro sagte Lidl, dass es der Firma sehr leid tue, dass das aktuelle Design der Verpackung für Unmut sorge. Aber dahinter stecke keine böse Absicht. „Wir werden das Feedback weitergeben und dieses bei der Gestaltung künftiger Verpackungen berücksichtigen“, hieß es aus der Pressestelle. Die Erregung der Belgier, die einen Shitstorm im Internet gegen Lidl verursachte, zeigt, dass die Kunden nicht bevormundet werden wollen. Der Discounter sollte ihnen mehr Eigenständigkeit bei der Wahl seiner Produkte zutrauen. (pro)

Von: mm

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