Christen wollen Digitalisierung mitgestalten

Computerinteressierte stehen in Gemeinden oft alleine da. Auf der Konferenz „Gott@Digital“ haben sich die IT-Profis vernetzt. Sie wollen bei der Digitalisierung ihre Gaben und Werte einbringen, Prozesse prägen und mitgestalten.
Von Norbert Schäfer
Michael Zettl, Mitglied im Leitungsteam bei Gott@Digital und IT-Profi, ist der Meinung, dass viele christliche Gemeinden und Organisationen Prozesse nicht effektiv genug gestalten

Am Samstag haben sich in Darmstadt rund 130 Technik-und Computerinteressierte aus Kirchen, Freikirchen und christlichen Werken auf der Konferenz „Gott@Digital“ vernetzt. Die Veranstaltung, die in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfand, richtet sich in erster Linie an IT-Profis, Digitalisierungs-Visionäre und Multiplikatoren, aber auch an Technikbegeisterte aus Gemeinden und christlichen Werken. Ziel der Konferenz ist, „digitale Projekte mit christlichem Fokus im deutschsprachigen Raum“ bekannt zu machen, zu initiieren und zu fördern. Die IT-Profis wollen die Digitalisierung mit christlichen Werten besetzen und für christliche Gemeinden und Unternehmen nutzbar machen.

„Viele Mitarbeiter, die digitale Innovationen in christlichen Organisationen und Gemeinden einführen, werden von den ‚Bewahrern des Bewährten‘ entmutigt und stehen oft alleine auf weiter Flur“, sagt Michael Zettl, Mitglied im Leitungsteams bei Gott@Digital und Vorstand einer IT-Unternehmensberatung. Die Konferenz sei ein idealer Ort, um sich neue Ideen zu holen und wieder Motivation zu erhalten. „Mit Hilfe digitaler Innovationen können wir unsere raren und meist ehrenamtlichen Ressourcen besser nutzen“, erklärte Zettl auf Anfrage. Es sei schade, wenn Gemeinden oder Organisationen heute noch Spendengelder „verbrennen“, weil sie Prozesse nicht effektiver gestalten möchten oder könnten. „Die Konferenz bietet hierfür praxistaugliches Know-How“, sagte Zettl.

„Für technik- und computeraffine Menschen gibt es in den Gemeinden kaum Betätigungsfelder“, „IT-Profis werden in den Gemeinden oft damit betraut, den Beamer zu bedienen oder das Mischpult zu steuern“, sagt das Mitglied im Team der Konferenz-Initiatoren. In der Wirtschaft würden solche IT-Experten hingegen enorm gesucht.

Digitale Fähigkeiten Gemeinden nutzbar machen

Viele Gemeinden wünschten sich einen gemeinsamen Cloud-Speicher für Protokolle der Gemeindegremien oder eine webbasierte Raumbelegungsübersicht. Oft mangele es in den Gemeinden an einfachsten Lösungen, weil schlicht das nötige Fachwissen für Lösungen fehle oder nicht erkannt werde. Mit der Konferenz sollen Gemeinden und digitale Fähigkeiten einander bekannt gemacht werden und die Expertise der IT-Profis für die Digitalisierung in den Gemeinden besser erschlossen werden.

Unternehmensberater Joachim Stängle hielt es für einen Fehler, beim Thema Digitalisierung zuerst an Technik in Form einer Homepage, Social Media oder irgendwelcher Apps zu denken. „Das sind Werkzeuge, die eingesetzt werden. Digitalisierung ist aber wesentlich mehr und heißt letztlich: Neu denken zu lernen.“ Viele Organisationen hätten Schwierigkeiten damit, den „Mindchange hin zu vernetztem Denken“ zu vollziehen. „Wer bei der Digitalisierung mit dem technischen Bereich beginnt, der bleibt dort stehen“, erklärte Stängle in einem Vortrag, und weiter: „Dann gelingen zwar die Automatisierung und Optimierung von Prozessen, aber man lernt nicht, neu zu denken.“

Digitalisierung ist nach Ansicht von Joachim Stängle mehr als nur Technik Foto: pro/Norbert Schäfer
Digitalisierung ist nach Ansicht von Joachim Stängle mehr als nur Technik

Bei Digitalisierung ausschließlich an Technik zu denken, ist nach Stängles Ansicht „eine Etage zu tief gedacht“. Vielmehr gelte es, einen Sinneswandel zu vollziehen. „Wer die Digitalisierung einem Dienstleister überlasse, der handelt fahrlässig“, sagte Stängle. Der Anstoß und die Unterstützung für die Digitalisierung in Gemeinden und Unternehmen müsse von den Leitern kommen, weil die Digitalisierung alle Ebenen berühre. Es gelte daher einen umfassenden Transformationsprozess in Gang zu bringen. „Nicht die Raupe muss schneller werden, sondern es muss am Ende ein Schmetterling entstehen“, sagte Stängle.

Beispielsweise könnte ein Bericht von einer Gemeindeveranstaltung direkt in einer Art Blog auf der Gemeindewebseite veröffentlicht werden, nicht erst Monate später im Gemeindebrief. Die Veröffentlichung auf der Webseite ermögliche es den Gemeindegliedern, ein Thema zu kommentieren und öffentlich zu diskutieren, während ein gedruckter Gemeindebrief in der Regel allein die Sicht der Reaktionen wiedergebe. Die neue Form der Veröffentlichung spiegele so das tatsächliche Stimmungsbild der Gemeinde in Echtzeit. „Das ist echte Transformation und der Prozess ist zu Ende gedacht mit den Möglichkeiten, die sich bieten.“

Der Berater sieht in der Digitalisierung nicht nur die Chance, dass in den Gemeinden durch die Digitalisierung wieder mehr Zeit bleibt für die „Kernaufgaben“, weil Organisation und Verwaltung effektiver werden, sondern auch Herausforderungen beim Thema Ethik. „Der ganze Bereich der Künstlichen Intelligenz ist hinsichtlich der ethischen Herausforderungen noch lange nicht zu Ende gedacht. Wenn Maschinen selbstständig lernen, wirft das eine Fülle an Fragen auf. Das wird auch die Gemeinden berühren.“

Die Christliche Medieninitiative pro (früher: Christlicher Medienverbund KEP) war bei der Konferenz „Gott@Digital“ Medienpartner der Tagung.

Von: Norbert Schäfer

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