Christen weltweit: „Versklavt, vergewaltigt, ermordet“

Nicht nur die jüngsten Anschläge in Ägypten zeigen: Für Christen ist die Lage in vielen Ländern der Welt dramatisch. Während die "Deutsche Presse-Agentur" von erneuten Festnahmen Gläubiger im Iran berichtet, hat das Hilfswerk "Open Doors" am Mittwoch seinen Weltverfolgungsindex herausgegeben.

Von PRO

Nordkorea bestraft bekennende Christen mit Festnahmen, steckt sie ins Arbeitslager oder richtet sie gar hin. Rund 70.000 Christen sind nach Angaben des Hilfswerks "Open Doors" derzeit in Straflagern des asiatischen Staates gefangen. Damit führt Nordkorea die Liste der Staaten, die Christen am stärksten verfolgen, an. Das geht aus einem am Mittwoch erschienenen "Open Doors"-Index zur Christenverfolgung hervor. Der Iran nimmt auf dieser Liste den zweiten Platz ein, es folgen Afghanistan, Saudi-Arabien, Somalia, die Malediven und der Jemen.

Auf dem siebten Platz steht der Irak. Laut "Open Doors" hat sich die Lage der Christen dort dramatisch verschlechtert. Im Mai seien bei einem Bombenanschlag auf christliche Studenten drei Menschen getötet und 180 verletzt worden. Ende Oktober starben 58 Personen bei einer Geiselnahme in einer Bagdader Kirche, laut "Open Doors" der bisher schlimmste Anschlag auf Christen im Irak. Ziel der Attentäter sei die Vertreibung der religiösen Minderheit aus dem Land. Derzeit lebten dort noch rund 334.000 Christen – halb so viele wie im Jahr 1991.

Festnahmen im Iran

Der Islam ist in acht der ersten zehn Länder des Weltverfolgungsindex 2011 die Religion der Mehrheitsbevölkerung. Rund 100 Millionen Menschen werden nach Einschätzungen des überkonfessionellen christlichen Hilfswerks weltweit aufgrund ihres christlichen Glaubens verfolgt. Mit dem jährlich erscheinenden Weltverfolgungsindex zeigt die Organisation die Situation verfolgter Christen in 50 Ländern auf. "Es ist zutiefst schmerzlich, zu wissen, dass Christen brutal verprügelt, junge Christinnen versklavt und vergewaltigt, Pastoren ermordet und Kirchen abgebrannt werden", teilte der Leiter von "Open Doors Deutschland", Markus Rode, mit und rief zum Gebet für verfolgte Christen auf.

Welchen Gefahren Christen weltweit ausgesetzt sind, zeigen nicht nur die jüngsten Anschläge in Ägypten und Nigeria, bei denen Dutzende ums Leben kamen. Am Mittwoch berichtete die "Deutsche Presse-Agentur" (dpa) von Festnahmen mehrerer Christen im Iran. Die Beschuldigten hätten einer "verdorbenen Gruppe christlicher Missionare" angehört, erklärte der Gouverneur der Provinz Teheran, Mortzea Tamadon, am Dienstag der staatlichen Nachrichtenagentur "Irna". Die Christen hätten einen "religiösen und kulturellen Angriff" auf den Iran geplant. Tamadon kündigte weitere Festnahmen an. In der Islamischen Republik Iran sind Christentum, Judentum und der von Zarathustra gestiftete Zoroastrismus gesetzlich als Religionen anerkannt und dürfen praktiziert werden. Muslimen, die zu einem anderen Glauben konvertieren, droht jedoch die Todesstrafe.

"Kein diktatorisches Regime kann eine andere Macht im Staat akzeptieren", erklärte der Menschenrechtsexperte des katholischen Hilfswerks "missio", Ottmar Ohring, die Christenverfolgung in vielen Ländern. Weil der Staat vielerorts Angst vor dem Erstarken der Kirchen habe und Unruhen befürchte, verstärke sich der Druck auf die Gläubigen, sagte er in einem Beitrag des "heute-journals".

UN sollen sich für Christen stark machen

Politiker und Journalisten haben im Zuge der jüngsten Anschläge und Festnahmen zum Schutz der Christen weltweit aufgerufen. Der Unions-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder sagte gegenüber dem "Südkurier", die Bundesregierung werde Ägypten dazu auffordern, den Schutz für bedrohte Christen zu verstärken. "Vor allem werden wir mit islamischen Vertretern weltweit ins Gespräch kommen. Religionsfreiheit gilt nicht nur für Muslime, sondern für alle Religionen in der Welt", sagte Kauder. Die Lage der Christen ließe sich aber nicht von heute auf morgen verändern: "Ja, wir brauchen einen langen Atem", fügte der bekennende Christ hinzu. Julian Reichelt, Kommentator der "Bild"-Zeitung, verlangt eine stärkere Distanzierung der Muslime von den Gewalttaten: "Besonders die Vertreter des Islam, die vom Westen immer Toleranz für ihren Glauben einfordern, sind auffällig still, wenn ein Moslem sich vor einer christlichen Kirche in die Luft sprengt und unschuldige Menschen in den Tod reißt."

In einem Kommentar des Berliner "Tagesspiegels" forderte Autor Malte Lehming ein stärkeres Engagement des Außenministers Guido Westerwelle für verfolgte Christen. Als nichtständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats habe Deutschland nun die Chance, sich für die Religionsfreiheit stark zu machen. "Jetzt kommt die Preisfrage: Und wie oft hat sich der UN-Sicherheitsrat mit der zunehmenden Christenverfolgung besonders in islamischen Ländern befasst? Wie oft hat er eine Resolution verabschiedet, die in den Massakern eine Bedrohung des Friedens sieht? Antwort: kein einziges Mal. Dabei zieht sich die Blutspur der Gewalt vom Irak bis nach Ägypten, von Eritrea bis nach Somalia, vom Jemen bis nach Saudi-Arabien", schreibt Lehming.

Auch Christen in Deutschland hoffen auf ein stärkeres Engagement der Bundesregierung. In einem Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesaußenminister Guido Westerwelle schrieb der Beauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung, Wolfgang Baake, "angesichts der zunehmenden Gewalt auf Christen in verschiedenen Ländern" sei es ein "dringendes Gebot der Stunde", dass sich die internationale Gemeinschaft mit der "Verfolgung, Diskriminierung, Folterung und Inhaftierung von Christen" beschäftige. Baake bat die Kanzlerin und den Außenminister: "Geben Sie den verfolgten Christen, die bisher im UNO-Sicherheitsrat keine Stimme haben, eine Stimme". (pro)

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