Über die Situation der christlichen Minderheit in der Türkei referierte am Freitagnachmittag der in Deutschland aufgewachsene türkische Pastor Ertan Cevik. Er war als Jugendlicher in Deutschland vom Islam zum Christentum übergetreten und lebt nun seit 21 Jahren als Evangelist mit seiner Familie in der Türkei.
"In den letzten neun Jahren haben die Christen in der Türkei mehr Freiheiten erhalten als in den letzten 80 Jahren", berichtete er. "Das ist eigentlich nicht die Haltung, die man von einer islamisch-konservativen Regierung erwarten würde", so Cevik, "aber die Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union geben der Regierung einen Ansporn. Sie will ihr Gesicht nicht verlieren." Der Pastor, der Vorstandsmitglied der Türkischen Evangelischen Allianz ist, nannte einige neue Rechte, die Christen unter der Regierung Erdogans erhalten hätten. Beispielsweise sei es Gemeinden erleichtert worden, Vereine zu gründen. Auch der Wechsel der Religionszugehörigkeit im Pass könne nun problemlos vollzogen werden.
Polizeischutz für Pastoren
Gleichwohl hätten Christen in der Türkei noch immer mit großen Problemen zu kämpfen: Immer wieder würden Gemeindeleiter bedroht, manche Pastoren stünden unter Polizeischutz. Um die Sicherheit zu gewährleisten, seien oftmals Zivilpolizisten in Gottesdiensten zugegen. Christliche Gemeinden könnten nur in größeren Städten existieren, auf dem Land wäre die Bedrohung zu stark. Christen in der Türkei hätten durchaus das Recht, auch Kirchengebäude zu errichten, so Cevik. Jedoch würden strenge Bauvorschriften dies in der Praxis oft unmöglich machen, da Mindestanforderungen an Quadratmeterzahl oder die Anzahl der Parkplätze nicht erfüllt werden können. Unter den Christen im Land herrsche insgesamt eine "optimistische Stimmung."
Die Baptistengemeinde, der Cevik vorsteht, hat 25 getaufte Mitglieder. 40 bis 60 Personen besuchen die Gottesdienste. (pro)