Christen im Irak: „Ein ungeheurer Exodus

Über einen christlichen Exodus im Irak berichtet die Tageszeitung "Die Welt". Seit 2003 habe sich die Zahl der Christen dort um die Hälfte reduziert. Schuld daran sei die anhaltende Gewalt gegen die Gläubigen. Allein in der vergangenen Woche starben vier Menschen bei Angriffen.

Von PRO

"Christ zu sein im Irak heißt heute, allen Verirrungen des Fanatismus ausgesetzt zu sein", erklärt der Erzbischof von Bagdad, Jean Benjamin Sleiman, laut "Welt" in seinem kürzlich erschienen Buch. "Der Aufschrei des Erzbischofs von Bagdad – christliche Kirchen im Irak" erzählt von der Emigrationsbewegung der Christen in seiner Heimat – und schildert somit den Alltag irakischer Gläubiger. Zwischen Gewalt und Flucht leben sie in einem Land, in dem immer wieder zur Verfolgung und Vertreibung von Christen aufgerufen wird. "Mittlerweile hat sich die Emigrationsbewegung der Christen zu einem ungeheuren Exodus ausgewachsen. Die erzwungenen Ausreisen sind wie ein regelmäßiger Aderlass", zitiert die "Welt" den Geistlichen.

Ein Ausbluten, das nicht mehr zu stoppen ist

Die seit 2003 anhaltende Gewalt gegen Christen habe zum Ausbluten der Gemeinden geführt, das vermutlich nicht mehr zu stoppen sei. Alles habe im Februar 2008 begonnen: mit gezielten Terroranschlägen gegen Christen und der Entführung des Erzbischofs Faraj Raho in Mossul, der einen Monat später in Geiselhaft starb. Zwar habe es auch zuvor schon Gewalt gegen Christen im Irak gegeben, es sei aber keine Systematik erkennbar gewesen, so die "Welt". Im September des vergangenen Jahres wurden 17 chaldäische Christen ermordet, unter anderem der Nachfolger Rahos. Ende 2008 sollten die Christen aus Mossul vertrieben werden. Mit Megafonen habe man sie zum Verlassen des Gebiets aufgefordert. Jeden Tag sei ein Christ erschossen worden. Die Morde hielten wochenlang an.

In der vergangenen Woche dramatisierte sich die Lage erneut: "Sieben Kirchen wurden innerhalb von 48 Stunden angegriffen – sechs in Bagdad, eine in Mossul. Vier Menschen starben, 32 wurden verletzt", schreibt die "Welt". Schuld an dem Wiederaufleben der Gewalt sei das nach dem Abzug der US-Truppen aus den beiden Städten im Juni entstandene Machtvakuum, erklärt der chaldäisch-katholische Erzbischof Louis Sako von Kirkuk. In einem solchen Fall seien immer die Christen die Leidtragenden. "Wir sind ein weiches Ziel. Wir haben keine Miliz, sind nicht bewaffnet", sagt er.

Milizen bewachen Gottesdienste

Aufgrund der anhaltenden Gewalt habe die irakische Regierung den Schutz für Christen verstärkt. Polizeimilizen bewachten Gottesdienste und Kirchen, heißt es in der "Welt". Sarko ist sich sicher: "Wenn das so weitergeht, wird es in zehn Jahren hier keine Christen mehr geben." Seit dem Einmarsch der Amerikaner und Briten im März 2003 habe sich die Zahl der Christen halbiert. Von 26 Millionen Irakern machten sie nur noch zwei Prozent aus. Viele flöhen in den Nordosten, nach Jordanien und Syrien oder nach Europa, Kanada und die USA. Erst im vergangenen Monat, vor Ausbruch der Gewalt, seien 300 christliche Familien zurückgekehrt. (PRO)  

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