Christen im Film: Von Heiligen und Sündern

Der überzeugte Katholik Peter E. Dans ist der Ansicht, dass sich die Darstellung von Christen im Film seit den Anfängen des Kinos stark ins Negative gewandelt hat. Um seine These zu stützen, analysierte er über 200 Filme. Herausgekommen ist das faszinierende Werk: "Christians in the Movies. A Century of Saints and Sinners".
Von PRO

Das Buch umfasst ein ganzes Jahrhundert, der Autor berücksichtigt Filme aus der Zeit von 1905 bis 2008. Die zehn Kapitel sind in Jahrzehnte gegliedert, beginnend mit der Ära der Stummfilme. Um die einzelnen Filme in ihren jeweiligen Kontext einordnen zu können, beginnt jedes Kapitel mit einer kurzen Beschreibung der gesellschaftlichen Zustände, der Filmindustrie und der filmischen Darstellung der Christen zu dieser Zeit. Den Hauptteil bilden Rezensionen der Filme, die Religion und religiöse Menschen auf die eine oder andere Art behandeln, gefolgt von einem kurzen Kommentar Dans‘. Immer wieder präsentiert er auch Hintergrundwissen, etwa Portraits bedeutender Regisseure, oder Anekdoten zur Entstehungsgeschichte einzelner Streifen. "Christians in the Movies. A Century of Saints and Sinners" erschien 2009 im Rowman & Littlefield Verlag in den USA und ist bisher nur auf Englisch erhältlich.

Als Professor für Medizin und Filmliebhaber hatte Peter E. Dans ein verständliches Interesse an der Darstellung von Ärzten im Film. 2000 verfasste er daher sein Werk: "Doctors in the Movies: Boil the Water and Just Say Aah!" (zu Deutsch "Ärzte im Film: Lass das Wasser kochen und sag einfach Aah!"), auch dieses ist nur auf Englisch erschienen. Als bekennender Katholik wurde er außerdem auf Hollywoods Darstellung von Religion aufmerksam.

In "Christians in the Movies" vertritt Dans die These, dass sich die Haltung der Filmindustrie gegenüber gläubigen Menschen ins Negative verkehrt hat. Mehr als sechs Jahrzehnte seien die Darstellungen von Priestern, Nonnen und anderen Gläubigen wohlwollend und positiv gewesen. In den siebziger Jahren habe sich dies gewandelt, insbesondere Katholiken würden zunehmend mit Feindseligkeit und Häme behandelt. Als Beispiel führt er hierfür "M*A*S*H" (1970) an. Darüber schreibt Dans, dass der Film Anti-Institutionalismus propagiere. Nicht nur die Ehre der Armee werde verspottet, sondern auch christliche Doktrin, besonders in der Szene, die das letzte Abendmahl parodiert. Der Professor begründet diesen Wandel mit verschiedenen Entwicklungen in der Gesellschaft, unter anderem mit dem schwindenden Einfluss der katholischen Kirche auf die Unterhaltungsindustrie. In den dreißiger Jahren wirkte diese an der Aufstellung von Richtlinien mit, die amerikanische Spielfilme in der Darstellung von Gewalt und sexuellen Inhalten beschränkten. Angesichts drohender Zensurgesetze seitens der Regierung übernahmen amerikanische Filmproduktionsfirmen diesen Kodex. Im Zuge der sich verändernden Filmindustrie wurde er jedoch 1967 abgeschafft, für Dans ein wichtiges Indiz der wachsenden Ablehnung von Religion.

Eine Liste mit jeweils zehn pro-katholischen und 10 anti-katholischen Filmen enthält auf der positiven Seite unter anderem "The Sound of Music" (1965) und "Die Glocken von St. Marien" (1945). Auf der negativen Seite findet sich neben Werken wie "Dogma" (1999) und "Die unbarmherzigen Schwestern" (2002) überraschenderweise auch "Chocolat" (2000). Dans glaubt, dass der Streifen zwar handwerklich und schauspielerisch gelungen sei, aber eine problematische Botschaft transportiere und mit negativen christlichen Stereotypen arbeite. Das christliche Konzept, während der Fastenzeit auf Dinge zu verzichten, werde als altmodisch und überflüssig dargestellt. Dans fällt auf, dass die Mehrheit der pro-katholischen Filme vor 1968 entstand, als der Kodex noch galt. Die anti-katholischen Filme wiederum wurden alle nach 1985 gedreht.

Den Film "Der Da Vinci Code" (2006) nennt der Autor "fundamental anti-katholisch", noch schlimmer findet Dans allerdings, dass der Film langweilig sei. Außerdem sei das Spiel Tom Hanks‘ hölzern, die Chemie zwischen ihm und Audrey Tatou stimme nicht. 2008 wurde das bekannte Theaterstück "Glaubensfrage" verfilmt, das die Geschichte einer Mutter Oberin und eines Priesters (Oscarpreisträger Meryl Streep und Philip Seymour Hoffman) erzählt, die eine katholische Schule leiten. Die Nonne verdächtigt den Priester, eine unpassende Beziehung zu einem Schüler zu führen. Dans lobt das intensive Drehbuch und die beiden Hauptdarsteller, ist aber auch der Meinung, dass die Verfilmung gegenüber dem ursprünglichen Theaterstück einiges an Atmosphäre einbüße.

Mit seinem Werk möchte der Professor nach eigener Aussage auf das Problem der Manipulation durch Filme aufmerksam machen und wieder eine Balance herstellen: Laut Dans sind Christen vielleicht nicht immer so ehrenvoll, wie in früheren Filmen gezeigt, aber längst nicht so schlecht, wie sie heute oft anmuten.

Das Buch besitzt enzyklopädische Ausmaße und kann als Nachschlagewerk für inspirierende Filme von großem Nutzen sein. Auch als historische Studie über das wechselnde Schicksal der Kirche in Hollywood ist es wirklich hilfreich, und wartet mit einer großen Fülle an praktischem Hintergundwissen auf. (pro)

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