Christ und Politik: Dem „Kampf der Generationen“ begegnen

Schwindende Geburtenzahlen und eine zunehmende Lebenserwartung sind die Tretmühlen des demografischen Wandels. In der Berliner Konrad-Adenauer-Stiftung diskutierten Politiker und Experten darüber, wie den daraus entstehenden Problemen beizukommen ist – und was Christen zu einer besseren Gesellschaft beitragen können.
Von PRO

Im Jahr 2025 wird es in Deutschland 70 Prozent mehr Menschen über 80 Jahren geben als heute. Ihr Anteil der Bevölkerung wird dann acht Prozent ausmachen. Die Hälfte der Deutschen wird älter als 47 Jahre sein. Das waren die Fakten, die die Diskussionsteilnehmer, Julia Klöckner und Otto Wulff, am Auftaktabend des vierten „Forums Christ und Politik“ in Berlin präsentierten. Veranstalter waren die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung und die Deutsche Evangelische Allianz. Wulff selbst bemerkte: „Nur noch ein Viertel der Bevölkerung wird Kinder an der Hand führen, weniger als Hunde an der Leine“. „Keiner lebt für sich allein – Das Miteinander der Generationen“ wurde am 9. und 10. Februar in der Konrad-Adenauer-Stiftung diskutiert.

Am ersten Abend traten Julia Klöckner, stellvertretende Vorsitzende der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, und Otto Wulff, Bundesvorsitzender der Senioren-Union der CDU Deutschlands, zur Diskussion aufs Podium. Klöckner vertrat die junge Generation, die also, die kaum noch Kinder groß zieht, Wulff die ältere Generation, die in wenigen Jahren die größte politische Kraft in Deutschland stellen wird.

Familien fördern – Freiheit und Nächstenliebe schaffen

Klöckner betonte die Wichtigkeit eines fairen Lastenausgleichs zwischen Jung und Alt. Dieser, so plädierte sie, werde vor allem durch eine Förderung des familiären Miteinanders hergestellt. Dialog, so betonte sie, sei der Schlüssel zu einer Lösung des vermeintlichen „Kampfes der Generationen“. „Politik lebt von Konflikt“, hieß es dazu vonseiten Wulffs. Jung und Alt, so betonte er, müssten sich über das Thema Gerechtigkeit unterhalten. Nach christlicher Tradition seien es vor allem Freiheit und Nächstenliebe, die ein faires Miteinander der Generationen möglich machten. Politik könne dazu nur die Rahmenbedingungen liefern, der Schlüssel des Problems liege bei den Menschen selbst. Generationengerechtigkeit, das bedeute, die Jungen nicht zu überfordern und die Alten nicht auszugrenzen.

Ziel einer gerechten Politik, so waren sich die CDU-Mitglieder einig, sollte eine finanzielle Förderung von Familien sowie eine Anpassung der sozialen Sicherungssysteme sein, etwa, so Klöckner, indem Demenzkranke verstärkt abgesichert würden. Angesichts von 140.000 Abtreibungen im Jahr, müssten Kinder wieder „als Erfüllung im Leben erkannt werden“.

„Der Wandel wird uns mit voller Wucht treffen“

Die Dramatik der demografischen Entwicklung machte Jürgen Borchert, Richter am hessischen Landessozialgericht, am zweiten Tag der Veranstaltung klar. Die deutsche Gesellschaft gleiche einem Fensterputzer, der von einem hundertstöckigen Gebäude falle und auf Höhe der 50. Etage denke: „Es ist ja gar nicht so schlimm.“ Auf dem Boden aufschlagen werde er allemal. „Der Wandel wird uns mit voller Wucht treffen“, insistierte Borchert, „und die Politik tut nichts!“ Dabei seien die Deutschen „Weltmeister der Kinderlosigkeit“. 30 Prozent der deutschen Haushalte blieben kinderlos. Finanziell könne man dieser Entwicklung nur durch eine Abschaffung des Generationenvertrages beikommen.

Rede und Antwort standen dem etwa 120 Personen starken Plenum in der Konrad-Adenauer-Stiftung schließlich Kerstin Griese, Mitglied der SPD-Fraktion im Bundestag, und Hermann Gröhe, Staatsminister im Bundeskanzleramt. Beide sind in der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) engagiert.

Säkularisierung und Demografie – Krisenherde der Moderne

Freiwilligendienste, Ehrenamt und Bildung zu fördern, sind die Hauptanliegen Kerstin Grieses. Paradedisziplinen der Kirchengemeinden, wie sie meint. Gröhe hob die seiner Meinung nach erheblichsten Krisenherde der Moderne hervor: „Säkularisierung und demografische Entwicklung“. Beides nämlich reduziere den Blick auf den Anderen, einerseits, weil die nachwachsende Generation nicht mehr wahrgenommen werde, andererseits, weil die Schrumpfung der Gemeinden das Gemeinschaftsgefühl schwäche. Dem zu begegnen sei „eine intellektuelle wie geistliche Herausforderung“, so Gröhe.

Angehen will er diese zum einen durch die Schaffung von „Familienzentren“, in denen gezielt Ehe- und Familienberatung stattfindet. Kinder bekommen, so betonte er, müsse eine individuelle Entscheidung bleiben. Die im Plenum aufgekommene Kritik am „Gender Mainstreaming“ wollte der Staatsminister allerdings nicht teilen. „Es schadet den Männern nicht, dass heute auch Väter wissen, wie man einen Kinderwagen schiebt“, meinte Gröhe. Das Elterngeld, so findet die SPD-Politikerin, helfe, den Kinderschwund zu bekämpfen. Dennoch müsse sich etwas in der Einstellung der Bundesbürger ändern. Deutschland, so betonte Griese, sei zu kinderfeindlich. In jedem Fall gehe eine gute Familienpolitik mit einer guten Gleichstellungspolitik einher.

Was können Christen also selbst tun, um Generationenungerechtigkeit zu bekämpfen? Gröhe hatte darauf eine simpel anmutende Antwort: „Seien Sie selbst ein guter Christ.“ Wenn jeder an sich selbst arbeite, sich jeder in seiner Heimatgemeinde engagiere, würden viele soziale Probleme automatisch bekämpft, etwa bei der Kinderbetreuung oder in der Diakonie. (PRO)

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