Bundesverfassungsgericht kippt Betreuungsgeld

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat das Betreuungsgeld als verfassungswidrig abgelehnt. Die Regelung war auf Wunsch der CSU eingeführt worden, um Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen, zu unterstützen.
Von PRO
Das Gericht in Karlsruhe hat das Aus für das Betreuungsgeld in seiner jetzigen Form beschlossen
Das Bundesverfassungsgericht entschied am Dienstag in Karlsruhe, dass nicht der Bund, sondern die Länder für eine Leistung wie das Betreuungsgeld zuständig seien. Damit folgten die Richter einstimmig dem Land Hamburg, das gegen das Betreuungsgeld geklagt hatte. Das Betreuungsgeld, von Kritikern „Herdprämie“ genannt, war eine Leistung von monatlich 150 Euro an Eltern, die ihre Kinder nicht in einer Kita, sondern selbst zu Hause betreuen. Die Zuwendung sei nicht zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse notwendig, heißt es in der Urteilsbegründung weiter. „Wegen der fehlenden Zuständigkeit des Bundes hat sich der Senat nicht mehr mit der materiellen Frage befasst, ob ein Betreuungsgeld mit den Grundrechten vereinbar wäre“, sagte Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchhof in Karlsruhe. Hamburg hatte die Prämie auch inhaltlich in Frage gestellt, zu diesem Aspekt wollte sich das Gericht nicht äußern. Für die Umsetzung des Urteils setzten die Richter keine Übergangsfrist. Damit bleibt es dem Bund und der Verwaltung überlassen, über die weitere Geltung bereits bewilligter Leistungen zu entscheiden.

Jubel bei SPD und Grünen, Ärger bei der CSU

SPD und Grüne nahmen die Entscheidung mit Freude zur Kenntnis. Die SPD habe nie einen Hehl daraus gemacht, das Betreuungsgeld für eine „Schnapsidee“ gehalten zu haben, erklärte Generalsekretärin Yasmin Fahimi. „Ich finde es sinnvoll, dass die nun freiwerdenden Mittel aus dem Haushalt allen Familien zu Gute kommen, indem wir damit die Kinderbetreuung weiter ausbauen.“ Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) freute sich über das Urteil und erklärte, die frei werdenden Mittel sollten für Kinderbetreuung und frühkindliche Bildung ausgegeben werden. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer kündigte an, das Betreuungsgeld nun so schnell wie möglich in Bayern einzuführen. „Die Wahlfreiheit der Eltern ist Markenkern bayerischer Familienpolitik, daran halten wir fest,“ sagte er. Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfelt, teilte laut Spiegel Online mit, für das bayerische Betreuungsgeld auf Bundesmittel zurückgreifen zu wollen: „Schließlich hat der Bund auch den Bau und den Betrieb von Kindertagesstätten mit bisher mehr als sechs Milliarden Euro gefördert, obwohl er originär auch dafür nicht zuständig ist.“ CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte dem Online-Magazin Huffington Post, es müsse nun dafür gesorgt werden, dass die betroffenen Familien nicht „in die Röhre schauen“. Er bedauere die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, sagte Tauber. Die nun frei werdenden finanziellen Mittel will Tauber gut investiert sehen: „Wir werden nicht einfach das Geld Frau Schwesig geben mit der Bitte, damit irgendwas zu machen. Denn ich bin mir sicher: Da würde wenig Vernünftiges herauskommen, um einen Beitrag zu echter Wahlfreiheit für junge Familien zu leisten.“ Die Grünen ließen über ihre Facebook-Seite verlauten, die Entscheidung sei ein „Gewinn für die Zukunft der Kinder“, und weiter: „Uns sind gute Kitas wichtiger, damit es überhaupt echte Wahlfreiheit für Familien gibt!“ FDP-Chef Christian Lindner erklärte: „Eltern brauchen Wahlfreiheit, Erziehung zuhause verdient Respekt.“ Aber: Defizite lägen nicht bei Geldzahlungen, sondern bei der Qualität und Zahl der Betreuungsplätze. Hier müsse die Politik handeln. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/kommentar/detailansicht/aktuell/lasst-die-eltern-allein-entscheiden-88848/
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