Bundesverfassungsgericht: Ehegattensplitting für alle

Homosexuelle Paare mit eingetragener Lebenspartnerschaft haben ein Recht auf das sogenannte Ehegattensplitting. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Eine steuerliche Ungleichbehandlung mit Ehepaaren ist demnach verfassungswidrig.

Von PRO

Das Einkommenssteuergesetz in seiner jetzigen Form ist nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung vereinbar, teilte das Gericht in Karlsruhe am Mittwoch mit. Eine steuerliche „Differenzierung nach der sexuellen Orientierung” stelle eine Diskriminierung dar. Eine Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft sei somit nicht zu rechtfertigen. Unterschiede zwischen der Lebenssituation von Ehepartnern und Lebenspartnern, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten, seien nicht zu erkennen. „Zum einen gibt es nicht in jeder Ehe Kinder und ist nicht jede Ehe auf Kinder ausgerichtet. Zum anderen werden zunehmend auch in Lebenspartnerschaften Kinder großgezogen”, heißt es weiter.

„Überglücklich” zeigte sich am Mittwoch in einer ersten Reaktion der parlamentarische Geschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion, Volker Beck. Zugleich warf er der schwarz-gelben Regierung „Diskriminierungspolitik” vor. „Ein fauler Kompromiss, die Eingetragenen Lebenspartnerschaften in ein schwarz-gelbes Familiensplitting einzubeziehen, reicht nicht aus. Erstens, weil dann die Ungleichbehandlung bei der Ehe bestehen bleibt und zweitens weil die Vorschläge der Union für ein Familiensplitting nur teure Taschenspielertricks sind”, teilte Beck mit.

Minister begrüßten Urteil

Gegenüber „Spiegel Online” begrüßten auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Außenminister Guido Westerwelle das Urteil: "Die heutige Entscheidung ist ein weiterer konsequenter Schritt und markiert den Durchbruch für die volle Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft mit der Ehe", sagte Leutheusser-Schnarrenberger. „Spiegel Online” zitiert Westerwelle mit den Worten: "Wenn liebende Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, darf der Staat sie nicht diskriminieren. Eingetragenen Lebenspartnerschaften die rechtlichen Verpflichtungen der Ehe aufzuerlegen, nicht aber auch die gleichen Rechte einzuräumen, wurde zu Recht als verfassungswidrig von Karlsruhe verworfen. Es ist jetzt an der Zeit, dass das deutsche Steuerrecht so modern wird wie unsere Gesellschaft." Die FDP sprach von einem "Schuss vor den Bug der Union, die sich in dieser Frage als Blockierer erwiesen hat". Generalsekretär Patrick Döring sagte in Berlin an den Koalitionspartner gewandt: "Es ist ein Trauerspiel, dass CDU und CSU nicht von sich aus zu einer Gesetzesänderung bereit waren."

Die CDU-Bundesfamilienministerin Kristina Schröder teilte auf ihrer Facebook-Seite schlicht mit: „Karlsruhe hat entschieden: Gleichstellung Lebenspartnerschaften beim Ehegattensplitting. Ich finde das gut.“

Allianz und Katholiken lehnen Gleichstellung ab, EKD dafür

Am Nachmittag teilte die Deutsche Evangelische Allianz mit, sie sehe in dem Urteil ein Untergraben der Verfassung: Dass Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung anvertraut würden, sei mit dem Richterspruch obsolet. Die Begriffe Ehe und Familie blieben zwar als wertlose Hülle inhaltlich ausgezehrt noch stehen, würden aber in ihrer Bedeutung verkannt. "Ungleiches gleich zu behandeln, ist kein Akt der Gleichberechtigung", erklärte der Generalsekretär der Allianz, Hartmut Steeb. Die katholische Kirche bezog ebenfalls Stellung gegen die Gleichstellung: "Das Rechtsinstitut der Ehe hat nicht nur die Partnerschaft zwischen Frau und Mann allein zum Bezugspunkt, sondern auch das Ehepaar, das Elternpaar geworden ist und Sorge und Verantwortung für Kinder trägt. Auf diese Weise ist die Ehe Keimzelle der Gesellschaft", teilte die Deutsche Bischofskonferenz mit.

Die Evangelische Kirche in Deutschland begrüßte das Urteil laut Evangelischem Presse-Dienst. Es sei ethisch geboten, Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und Verantwortungsbereitschaft in allen Formen des Zusammenlebens zu stärken, sagte Vizepräsident Friedrich Hauschildt vom EKD-Kirchenamt am Donnerstag. Dazu leiste die Rechtsform der eingetragenen Lebenspartnerschaft einen wichtigen Beitrag. (pro)

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