Bundestag möchte Beschneidungen erlauben

Mit einer symbolischen Grundsatz-Erklärung hat sich der Bundestag für die Legalisierung religiöser Beschneidungen ausgesprochen. Der Beschluss soll die aufgeregte Debatte vorerst beruhigen. Zuvor hatte das Kölner Landgericht die Beschneidung von Jungen, sofern diese medizinisch nicht notwendig ist, untersagt.
Von PRO

Das Parlament verabschiedete am Donnerstag mit breiter Mehrheit eine entsprechende Resolution. Darin sprechen sich die Abgeordneten dafür aus, "dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist". Unions-Fraktionsvize Günter Krings (CDU) sprach von einem klaren Signal, dass jüdisches und muslimisches Leben in Deutschland nicht unzumutbar erschwert werden dürfe.

Die Entschließung des Bundestages hat zunächst nur symbolischen Charakter. Die Bundesregierung ist damit jedoch aufgefordert, bis zum Herbst ein verbindliches Gesetz vorzulegen. Laut der Resolution soll dieses Gesetz den rechtlichen Status der Beschneidung klären, sowohl für die betroffenen Gläubigen als auch für die Ärzte, die eine Beschneidung vornehmen. Den Antrag auf die Resolution stellten die Fraktionen der Koalition sowie der SPD.

Das Kölner Landgericht hatte am 7. Mai dieses Jahres die Beschneidung eines vierjährigen Jungen als rechtswidrige Körperverletzung gewertet. Das Urteil löste einen Proteststurm aus. Sowohl im Judentum als auch im Islam ist dieser Eingriff ein wichtiges Ritual mit langer Tradition.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) begrüßte die schnelle Reaktion des Parlaments. Nach seinen Worten wäre es in der Welt nicht zu vermitteln, wenn den Bürgern in Deutschland eine Beschneidung aus religiösen Gründen nicht ermöglicht werde.

Bedenken bleiben

Widerstand gegen die Verabschiedung kam vor allem von der Linken. Deren Rechtspolitiker Jens Petermann warb dafür, mit einer Beschneidung bis zum 14. Geburtstag zu warten, damit der Betroffene selbst entscheiden könne. Ähnliche Bedenken gab es auch bei den Grünen, die dem Entschließungsantrag nicht geschlossen zustimmten. Einzelne Abweichler gab es auch bei der SPD und bei den Koalitionsfraktionen.

Nach dem Bundestagsvotum haben sich auch mehrere Verbände in einer gemeinsamen Petition gegen die Legalisierung der Beschneidung ausgesprochen. So fordert die Deutsche Krebshilfe, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte und der Bund Deutscher Kriminalbeamter ein zweijähriges Moratorium. In diesem Zeitraum solle die Angelegenheit an einem Runden Tisch diskutiert werden, bevor gesetzliche Schritte eingeleitet werden. Die Verbände warnen vor einem "irreparablen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit eines Kindes".

Die deutsche Bevölkerung ist in der Frage unentschieden. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa sprachen sich 45 Prozent dafür aus, der Jahrhunderte alten Tradition einen Riegel vorzuschieben. Gegen ein Verbot sind 42 Prozent, 13 Prozent hatten dazu keine Meinung.

Die Frauenrechtsorganisation "Terre des Femmes" warnte vor der Gefahr, dass ungewollt auch bestimmte Formen der weiblichen Genitalverstümmelung legalisiert werden könnten. SPD-Fraktionsvize Lambrecht versicherte hingegen: "Genitalverstümmelung von Mädchen hat nichts, aber auch gar nichts mit der Beschneidung von Jungen zu tun." (dpa/pro)

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