Bürgerkriegszustände in Nigeria

Die Spannungen zwischen Muslimen und Christen in Nigeria nehmen nicht ab. Erstmals hat Staatspräsident Goodluck Jonathan nun eingeräumt, dass Anhänger der Terrorgruppe "Boko Haram" auch in der Regierung zu finden seien. Terrorchef Abubakar Shekau forderte derweil auf YouTube einen islamischen Gottesstaat.
Von PRO

Wie nigerianische Medien berichten, sprach Präsident Jonathan von Zuständen, die "schlimmer als der Bürgerkrieg" seien, bei dem zwischen 1967 und 1970 etwa eine Million Menschen ums Leben gekommen waren. Während man damals jedoch gewusst habe, woher der Feind gekommen war, sei die Herausforderung diesmal komplizierter. Mitglieder der radikal-islamischen Terrorgruppe "Boko Haram" hätten auch in der Regierung, dem Parlament und im Justizsystem ihre Anhänger. Auch bei Polizei, Militär und Geheimdienst seien Sympathisanten der Gruppe zu finden. "Boko Haram" hat Nigeria erheblich destabilisiert. Zu den Aktionen der Gruppe gehören zahlreiche Terroranschläge auf christliche Kirchen, staatliche Einrichtungen und selten auch gegen ihrer Meinung nach zu liberale Moscheen. Sie wollen die Christen gänzlich aus dem Norden des Landes vertreiben. Allein 2011 starben dabei mehrere Hundert Menschen. 2012 geht das Töten weiter: Am Dienstag wurden bei einem Anschlag auf Christen im muslimischen Bundesstaat Bauchi drei Menschen getötet. Offenbar als Reaktion darauf wurde im christlichen Süden des Landes eine Moschee in Brand gesetzt, fünf Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein.

Wie die "Süddeutsche Zeitung" analysiert, ist die Erklärung Jonathans ein Abrücken von seiner bisherigen Taktik des Herunterspielens der Gefahr. Offenbar wolle der Staatschef das Land für den gemeinsamen Kampf gegen "Boko Haram" zusammenschweißen.

Bedrohliche Videobotschaft

Der Führer der Terrorgruppe "Boko Haram", Abubakar Shekau, hat in einer Videobotschaft im Internet erstmals die Ziele seiner Organisation erklärt. Die Angriffe auf christliche Kirchen bezeichnete er als "Vergeltungsschläge für die Ermordung zahlreicher Muslime", berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Das Blatt ergänzt, dass es bei den bisherigen Zusammenstößen zwischen Christen und Muslimen weniger um Religion, als vielmehr um Land gegangen sei. Der Top-Terrorist erklärte außerdem, nigerianische Sicherheitskräfte seien ein "legitimes Ziel" für weitere Aktionen. Er sei nur zu Verhandlungen mit einer Regierung bereit, wenn diese auf den Grundlagen des Islam basiere.

Nigeria ist mit mehr als 150 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land Afrikas. Jeweils mehr als 40 Prozent der Nigerianer sind Christen oder Muslime. Das Land erlebt derzeit einen Generalstreik gegen die extrem steigenden Treibstoffpreise, der das Land zusätzlich destabilisiert. (pro)

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