Buch: Erklär‘ mir den Atheismus

Die Zahl der Menschen, die sich als Atheisten bezeichnen, ist weltweit rückläufig. Von den rund 147 Millionen Atheisten weltweit wohnen 2,5 % in Ostdeutschland. Solche Fakten, bekannte Argumente von Atheisten und mögliche Antworten erfährt der Leser eines neuen Buches aus dem Hänssler-Verlag.
Von PRO

Das gerade mal 100 Seiten umfassende Büchlein „Atheismus – Der neue Streit um Gott“ ist vor kurzem in der Hänssler-Reihe „Kurz und bündig“ erschienen. Michael Kotsch, Theologe, Dozent für Kirchengeschichte, Religionen und Apologetik, der in Lemgo und Basel lehrt, will auf wenigen Seiten das Wichtigste erklären, was man zum Atheismus wissen sollte.

Betrachtet man die Schlagzeilen insbesondere im „Darwin-Jahr“ und rund um den britischen Biologen Richard Dawkins, so könnte man meinen, der Atheismus nehme an Anhängern zu. Doch nur 1,5 Prozent der Menschen weltweit sehen sich als Atheisten. Tendenz sinkend. Ein Grund für den Schwund liegt sicherlich im Ende der kommunistisch-atheistischen Staaten. Und selbst in China wachsen die Religionen enorm, heißt es bereits im Vorwort.

Dem gelegentlich als „Papst der Atheisten“ bezeichneten Evolutionsbiologen Dawkins widmet Kotsch ein eigenes großes Kapitel. Immerhin fühlt sich jener seit einiger Zeit berufen, der Welt zu verkünden: Alles Übel geht von den Religionen aus. Dawkins gebe zu, dass es ein religiöses Revival gebe, wolle jedoch dabei helfen, es zu beenden.

„Dawkins polemisiert und diffamiert“

Kotsch stellt Dawkins ausführlich vor und gibt seine Argumente wieder, urteilt jedoch zusammenfassend über dessen bekanntestes Werk: „Dawkins gibt sich in seinem Buch ‚Der Gotteswahn‘ keine Mühe, objektiv zu argumentieren. Religiöse Gegner, selbst anerkannte Wissenschaftler, werden diffamiert, Gläubige werden polemisch als dumm oder sogar böswillig hingestellt.“

Dawkins schreibe nicht für die Religiösen, sondern für verunsicherte Atheisten, deren Selbstbewusstsein er stärken will. Ähnliche Gründe geben übrigens auch die Initiatoren der Kampagne an, die Werbetafeln auf Busse in drei deutschen Großstädten kleben wollten, auf denen stehen sollte: „Es gibt höchstwahrscheinlich keinen Gott.“

Auch die derzeitige Diskussion um Evolution oder Kreation und Dawkins‘ Bezüge darauf streift Kotsch. „Dawkins erwähnt einige der altbekannten Probleme des Darwinismus (z.B. die Entstehung der ersten Zelle, die Entwicklung komplexer Organe), ohne allerdings wirklich einsichtige Lösungen zu bieten. Letztlich läuft es auf die Behauptung hinaus, das alles, was auf den ersten Blick unmöglich erscheint, durch eine nahezu unendliche Zeit oder eine immense Zahl von Versuchen (sehr viele Planeten, sehr viele Individuen) irgendwann doch geschieht.“

Vollkommene Sicherheit gibt’s nicht

„Irgendwie gab es den Atheismus schon immer“, schreibt der Experte für Kirchengeschichte. Interessanterweise waren selbst die Christen anfangs als Atheisten verschrien, denn sie predigten einen Gott, der nicht sichtbar und greifbar war. Selbst die Bibel berichtet im Alten Testament von Menschen, die sagten, dass es keinen Gott gebe.

Bekanntere philosophische Strömungen, die den Atheismus propagieren, entstanden im 19. Jahrhundert. „Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde“, war der Philosoph Ludwig Feuerbach, ein Schüler Georg Wilhelm Friedrich Hegels, überzeugt. Bekannt ist Karl Marx‘ Ausspruch: „Religion ist Opium für’s Volk“. „Friedrich Nietzsches leidenschaftliches Plädoyer für den ‚Tod Gottes‘ bringt keine substanziell neuen Argumente“, so Kotsch. „Der christliche Gott ist für ihn eine Erfindung der Schwachen.“

Kotsch räumt mit einem Missverständnis auf, das in diesen Tagen öfters sichtbar wird: „Obwohl sich manche Menschen als Atheisten bezeichnen, wären sie bei genauerem Hinsehen wahrscheinlich eher Agnostiker oder Deisten.“ Während Atheismus die Existenz Gottes leugnet, sagen Agnostiker, man könne schlichtweg nichts wissen über Gott, das Jenseits oder eine geistliche Welt. Deisten wiederum glauben, dass die Welt sehr wohl von einem übernatürlichen Wesen erschaffen wurde, dieses habe sich danach aber aus der Welt zurückgezogen und sie sich selbst überlassen.

Der Indifferentismus (von Lateinisch „indifferent“ für „keinen Unterschied machend“) bezeichnet die Auffassung, dass es im Grunde egal sei, sich mit Fragen nach Gott zu beschäftigen. Bibelgläubige Christen ließen sich am ehesten als Theisten bezeichnen, denn der Theismus geht davon aus, dass ein außerweltlicher, persönlicher und selbst-bewusster Gott das Universum geschaffen hat und daran interessiert ist, sich per Offenbarungen Menschen mitzuteilen. Interessant ist Kotschs Erläuterung zu den verschiedenen Atheisten-Typen, zu denen etwa „der leidende Atheist“ gehört, der intellektuelle oder der kämpferische.

„Gerne würde der suchende Mensch Gewissheit haben, so oder so“, schreibt der Theologe. „Entweder könnte er seine Existenz auf die Aussagen Gottes bauen oder aber er könnte Gott ein für alle Mal beiseiteschieben und das Leben in eigener Regie gestalten. Doch die Unsicherheit, ob mit Gott gerechnet werden kann oder muss, drängt dazu, dieser Frage intensiver nachzugehen.“ Aber Kotsch weiß auch: „Eine vollkommene Sicherheit ist in der Gottesfrage so wenig zu erlangen wie in der Liebe oder der Wahrheit.“

Das Buch fasst ebenso Gottesbeweise – und ihre Gegenargumente – zusammen wie „10 Gründe gegen die Existenz Gottes“ – und ihre Gegenargumente. Wer ein kleines Büchlein sucht, das einem – aus einer zugegebenermaßen christlichen Perspektive – in kaum zwei Stunden einerseits die wichtigsten Punkte des Atheismus erklärt, andererseits jedoch auch logische Denkfehler und mögliche Gegenargumente aufzeigt, für den ist dieses Buch. Es ist für suchende Atheisten ebenso geeignet wie für Gläubige, die den christlichen Glauben im Gespräch mit Atheisten verteidigen wollen und nach guten Antworten suchen. (PRO)

Michael Kotsch: „Atheismus – Der neue Streit um Gott“
SCM Hänssler, 2008, Reihe: „Kurz und bündig“
ISBN: 978-3-7751-4963-1
Preis: 6,95 EUR

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