Britische Behörden erlauben Genmanipulationen an Embryos
Großbritannien hat erstmals die Genmanipulation an Embryos erlaubt. In dem Land dürfen die Wissenschaftler künftig zu Forschungszwecken das Erbgut menschlicher Embryonen verändern. Befürworter sprechen von einem Meilenstein, Kritiker sehen den Eingriff in ein ethisches Tabu.
Von PRO
Foto: Darren Brode, fotolia
Der Ethikrat hat über die Embryonen-Adoption beraten und empfiehlt nun, Gesetzeslücken zu schließen
Um mehr über die Entwicklung des menschlichen Lebens zu erfahren, wollen die Forscher am Francis-Crick-Institut in London das Erbgut der Embryos verändern. Die britische HFEA (Human Fertilisation and Embryology Authority) habe am Montag diesen Schritt erlaubt. Die Erlaubnis gelte aber ausschließlich zu Forschungszwecken, betonte die Behörde. Bisher durften Embryos in Großbritannien lediglich genutzt, aber nicht genetisch verändert werden. Laut Spiegel Online steht noch die Genehmigung der Versuche durch eine Ethikkommission aus. Der Antrag dort wurde bereits gestellt.
Für die Forschungen will die Wissenschaftlerin Kathy Niakan überzählige Embryos aus künstlichen Befruchtungen nutzen. Zur Geburt eines genetisch veränderten Menschen wird es infolge der Experimente nicht kommen, schreibt die Süddeutsche Zeitung in ihrer aktuellen Ausgabe. Die Veränderungen sollen in den ersten sieben Tagen nach der Befruchtung durchgeführt werden und Aufschluss darüber geben, warum es zu Fehlgeburten kommt.
„Triumph des Menschenverstandes“
Die britischen Wissenschaftler sehen mit dieser Entscheidung ihre weltweit führende Position gefestigt. Der Genetiker Darren Griffin von der Universität in Kent bezeichnete den Schritt als „Triumph des Menschenverstandes“. Die Versuche der britischen Forscherin nehmen den Embryonen wahrscheinlich ihre Lebensfähigkeit. Die Embryos, an denen die Forscher arbeiten werden, stammen von Paaren, die nach der künstlichen Befruchtung nicht alle Eizellen benötigten. Nach der Genmanipulation müssen die Embryos innerhalb von 14 Tagen zerstört werden.
Bisher war der aktive Eingriff ins menschliche Erbgut ethisch tabu. Von Versuchen chinesischer Wissenschaftler im vergangenen Jahr berichtet die britische Zeitung The Telegraph. Viele erwarten, dass mit der Genehmigung der britischen Behörde die ethische Debatte über Genmanipulationen am Menschen wieder neu entfacht wird. Kritiker befürchten sogenannte Designer-Babys, weil die Eingriffe in Eizellen, Samenzellen und oder Embryos kurz nach der Befruchtung das Genom sämtlicher Nachkommen verändere.
Die Katholische Kirche lehnt die künstliche Befruchtung ab, weil Kinder nicht durch ein technisches Verfahren, sondern aus der liebevollen Partnerschaft von Vater und Mutter gezeugt werden sollten. Sie befürchtet nach wie vor, dass die assistierte Reproduktion den Zugriff auf das menschliche Erbgut ermögliche und die Tür für Manipulation und Selektion öffne. Zudem würden Embryonen nach der Forschung zerstört. Dies meldet Domradio. Die Anglikanische Kirche stehe Veränderungen der Gensequenz aufgeschlossen gegenüber, solange „Fragen der Sicherheit, Effektivität und Fairness“ berücksichtigt würden. Es müsse sichergestellt werden, dass verantwortungsvoll mit einer „so bedeutenden Behandlung und deren Regulierung“ umgegangen werde.
In Deutschland nach wie vor strafbar
Bereits im vergangenen Jahr wurden intensive Debatten darüber in Fachkreisen geführt. Das deutsche Embryonenschutzgesetz verbietet die Herstellung oder Verwendung von Embryonen zu einem anderen Zweck als dem, eine Schwangerschaft herbeizuführen. Die Experimente an menschlichen Embryonen sind nach wie vor strafbar. In Deutschland hat sich der Direktor des Max-Planck-Institutes, Hans Schöler, deutlich bekannt: „Ich lehne das Genome-Editing von menschlichen Embryos derzeit vollständig ab.“ Solche Eingriffe nicht durchzuführen sei bislang internationaler Konsens gewesen: „Die Briten wollen offenbar eine Vorreiterrolle einnehmen.“ (pro)
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