Die Kirchen müssen überlegen, „welche Vorstellungen von öffentlicher Religion auch künftig in die Breite der Gesellschaft hinein“ vermittelbar sind. Das fragt der Göttinger Jura-Professor Hans Michael Heinig in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Die Kirchen stehen in der Gesellschaft vor gravierenden Veränderungen und müssen darauf reagieren
Die Mitte Europas bezeichnet Heinig als längst gemäßigte religiöse Zone. Immer stärker träten dagegen der Islam und fernöstliche Religionsfomrne in der öffentlichen Wahrnehmung auf: „Diese Langzeit-Entwicklung führt zum Verlust religionspolitischer Selbstverständlichkeiten.“ Die Praxis von der wohlwollenden Kooperation zwischen Staat und Kirche werde von immer mehr Menschen in Frage gestellt. Um sich als Teil der öffentlichen Ordnung zu behaupten, müsse die Kirche „die Prägekraft des Christentums“ herausstellen.
Kirchliche Positionen eine Stimme unter vielen
Der Staat, von dem im Grundgesetz die Rede ist, beruhe auf dem Grundsatz „gleicher Freiheit auch in religiös-weltanschaulichen Dingen“. Er dürfe weder Missionsinstrument noch Säkularisierungsmotor sein. Während die amerikanische Verfassung Religion vor dem Staat schützen wolle, ziele die französische Gesetzgebung darauf ab, Religion aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen. In Deutschland würden kirchliche Stellungnahmen zwar gehört, seien aber in der demokratischen Auseinandersetzung nur eine Stimme unter vielen. Vor allem Einwanderung und Entkirchlichung hätten für eine vielfältigere religiöse Landschaft gesorgt.
Heinig bringt eine „gemeinsame Interessenvertretung“ der beiden Großkirchen – auch im Verbund mit anderen Kirchen – ins Spiel. Kirche solle zudem davon Abstand nehmen, in das Grundgesetz „eine jüdisch-christliche Leitkultur“ hineinzulesen. Zugenommen habe aus seiner Sicht die skeptische Haltung und die Ablehnung des Islam. Die Kirchen antworteten auf diese Entwicklung oft mit einer „Hierarchisierung der Religion“: „Hielten die Kirchen an ihrer Strategie fest, liefen sie Gefahr, sich von (oft selbst areligiösen) Islamkritikern instrumentalisieren zu lassen und dabei auch wesentliche theologische Einsichten des Christentums über die Unterscheidung von Religion und Politik zu verraten.“
Selbst wenn die Kirchen die beschriebenen Entwicklungen nicht aufhalten, könnten sie den „gesellschaftlichen Kräften entgegenwirken, die eine radikal andere religionspolitische Ordnung fordern und letztlich bezweifeln, dass religiöse und nichtreligiöse Bürger mit gleichen Recht an der demokratischen Selbstverständigung teilnehmen.“ Hans Michael Heinig lehrt Öffentliches Recht an der Universität Göttingen. Gleichzeitig leitet er das Kirchenrechtliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland. (pro)
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