Brandenburg könnte Schmuck aus Totenasche erlauben

In Brandenburg könnte es schon bald möglich sein, Schmuckstücke aus Totenasche zu formen. In der kommenden Woche debattiert der Landtag über eine entsprechende deutschlandweit einzigartige Gesetzesänderung. Die Kirchen sehen die Neuerung kritisch.
Von Anna Lutz
Was soll mit der Asche eines Verstorbenen geschehen dürfen? Das regelt der Brandenburger Landtag in der kommenden Woche neu.

Als erstes deutsches Bundesland könnte es Brandenburg Hinterbliebenen ermöglichen, Diamanten aus Totenasche herzustellen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf der rot-roten Regierung debattieren die Parlamentarier am kommenden Mittwoch im Potsdamer Landtag. Es soll außerdem darum gehen, ob Totgeborene mit einem Gewicht unter einem Kilogramm künftig auch unter das Bestattungsgesetz fallen, also beigesetzt werden müssen.

Bisher sind sogenannte Diamantbestattungen in Deutschland illegal. Zwar regelt jedes Bundesland sein Bestattungsgesetz individuell. Erlaubt ist die neuartige Form der Erinnerungskultur aber hierzulande noch nirgends. Für Urnenbestattungen gilt: Die Asche des Verstorbenen darf vor der Beisetzung nicht entnommen werden, auch nicht ein Teil davon. Der Brandenburger Gesetzesentwurf sieht nun vor, die Entnahme „einer geringfügigen Menge der Totenasche“ zu ermöglichen, „wenn dies dem schriftlich verfügten Wunsch der verstorbenen Person entspricht“. Daraus können dann etwa Schmuckstücke hergestellt werden.

Tote nicht zur Sache machen

Die Kirchen kritisieren diese mögliche Gesetzesnovelle. Am Montag teilten die Berliner Bischöfe Heiner Koch und Markus Dröge mit, wer aus Totenasche Diamanten presse, mache den Verstorbenen zu einer Sache, die von einzelnen Personen in Besitz genommen werden könne. Das entspreche nicht dem christlichen Verständnis von der Würde des Menschen. „Als Kirchen erwarten wir vom Gesetzgeber einen robusten Schutz der verstorbenen Person sowie der Wahrung der Menschenwürde über den Tod hinaus“, heißt es in der Erklärung.

Die Bischöfe fordern außerdem die Einführung einer Bestattungspflicht für Tot- und Fehlgeborene, unabhängig von deren Gewicht: „Die Erfahrung in der Seelsorge zeigt, dass trauernde Eltern den Verlust ihres Kindes als Katastrophe empfinden. Dieser Situation sollte der Gesetzgeber aus unserer Sicht in ausreichender Weise Rechnung tragen. Eltern brauchen einen Ort zum Trauern, unabhängig davon, wann sie ihr Kind verloren haben.“

Wer darf vorschreiben, wie zu trauern ist?

Befürworter einer Diamantbestattung hingegen argumentieren, dass diese bereits im Ausland erlaubt ist. Wer eine solche Bestattung wünsche, müsse die Asche des Toten derzeit aufwändig etwa in die Schweiz bringen und dort beisetzen lassen. Niemand solle Hinterbliebenen vorschreiben, wie sie zu trauern hätten, erklärte etwa die Bestatter-Innung in Berlin-Brandenburg Medienberichten zufolge vor der Landespressekonferenz in Potsdam.

Klara Geywitz, SPD-Abgeordnete im Brandenburger Landtag, erklärte auf Anfrage von pro, derzeit sei nicht absehbar, wie die Abstimmung im Plenum ausgehen werde. Fest steht aber: Sie wird als Gewissensentscheidung gewertet und findet ohne den üblichen Fraktionszwang statt. Die Protestantin ist selbst gegen die Legalisierung der Diamantbestattung. Trauer dürfe nicht privatisiert werden, sagte sie. Wer ein Schmuckstück, gefertigt aus einem Toten, zu Hause habe, mache sich damit zum exklusiven Besitzer der Trauermöglichkeit. Außerdem sei zu fragen, was mit dem Diamanten geschehe, wenn er einige Generationen überdauert habe. „Landet er dann am Ende auf dem Flohmarkt?“, fragte Geywitz.

Sie ist außerdem dafür, das Bestattungsgewicht von bisher mindestens 1.000 auf 500 Gramm herabzusetzen. Eine Bestattungspflicht auch bei geringerem Gewicht hält sie für problematisch. Das könne Eltern, die bereits mehrere Fehlgeburten hatten, schwer belasten. Auch nach Abtreibungen hält sie eine Pflicht zur Bestattung für nicht angemessen. Sie befürwortet es aber, wenn Krankenhäuser die Möglichkeit bieten, Fehl- oder Totgeborene auf sogenannten „Sternenkinderfeldern“ beizusetzen. Vereinzelt gebe es das schon, die Einrichtungen könnten aber zusätzlich für das Thema sensibilisiert werden.

Von: Anna Lutz

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