Bolsonaro: „Ich glaube an das Wort Gottes“

Brasiliens Staatspräsident Jair Bolsonaro hat sich klar zum christlichen Glauben bekannt. Doch der Mann, in den viele Christen ihre Hoffnung setzen, gilt in den deutschen Medien als rechtspopulistisch und extrem. Eine Analyse von Norbert Schäfer
Von PRO
Der rechts-konservative Ex-Militär Jair Bolsonaro ist seit Januar 2019 der Präsident Brasiliens

Jair Bolsonaro ist seit Januar Brasiliens Staatspräsident. Er spricht vielen Evangelikalen aus der Seele, wenn er Korruption in dem Land anprangert und unterbinden will und sich für die Ehe ausschließlich von Mann und Frau ausspricht. Dass viele Evangelikale Hoffungen mit Bolsonaro verbinden, hat der Präsident in einem Interview selbst zu erkennen gegeben. In den Medien – vor allem den westlichen – gilt der Politiker als rechtspopulistisch, gar als rechtsextrem. Das sollte auch Christen – bei aller Freude über das klare Bekenntnis des Präsidenten zum christlichen Glauben – aufhorchen lassen.

In einem Gespräch mit dem christlichen US-amerikanischen Nachrichtensender CBN News hat sich Bolsonaro jüngst zu seinem christlichen Glauben bekannt. „Ich glaube an das Wort Gottes“, erklärte er in dem Interview des Senders am Dienstag. Menschen hätten unterschiedliche Gründe, nicht an das Wort Gottes zu glauben, „aber christliche Werte helfen uns, die Gesellschaft auf einen Weg hin zum Guten zu führen“. In dem Interview erklärte Bolsonaro, dass er in der brasilianischen Gesellschaft einen „Durst nach Wahrheit“ festgestellt habe und er von evangelikal gesinnten Christen in seinem Land „massive Unterstützung“ erhalten habe. „Die Evangelikalen in Brasilien machen ein Drittel der Bevölkerung aus und wachsen“, sagte der Präsident. Er sei „als Katholik, vor allem aber Christ“ der „natürliche Kandidat“ für evangelikale Leiter gewesen, die sich in dem Land die Veränderung wünschten und keine linke Regierung akzeptierten.

„Gender“ trifft den Nerv von Christen

Seine Themen treffen in der Tat den Nerv vieler Christen. Etwa wenn er sagt, dass die USA und Brasilien „Seite an Seite stehen“, wenn es darum geht, die „Freiheiten und den Respekt vor traditionellen familiären Lebensstilen“ zu wahren. Oder wenn er sich für Respekt vor „Gott, unseren Schöpfer“ und gegen „die Gender-Ideologie oder politisch korrekte Einstellungen und gegen Fake News“ ausspricht. Das Bekenntnis zur traditionellen Ehe ist neben der Forderung, Abtreibung zu verbieten, vor allem ein zentraler Grundwert vieler evangelikal gesinnter Christen. In den USA sind ebenfalls dieser Themen ein Grund dafür, dass viele Wertkonservative – mit anderen Worten Evangelikale – offen Sympathie für Donald Trump bekunden und einen nicht zu leugnenden Einfluss auf die Politik ausüben. Die kritische Haltung US-Evangelikaler zur Abtreibung, der Ehe für Homosexuelle, die Unterstützung Israels und restriktive Positionen in ethischen Fragen finden bei Donald Trump Gehör. Er weiß, wie er sich die Unterstützung der Evangelikalen sichert. Insofern haben Trump und Bolsonaro einiges gemeinsam. Inwiefern sich ihre politische Agenda tatsächlich aus christlichen Überzeugungen speist, ist schwerlich zu beurteilen. Ein so ausdrückliches Glaubensbekenntnis wie von Bolsonaro hat man von Trump aber noch nicht gehört.

Bolsonaro vertritt offenbar aber auch Positionen, die mit dem Wort Gottes nur schwer in Einklang zu bringen sind. Die Zeit etwa erkennt in dem „rechten Präsidenten“ einen „Fan der mörderischen Militärdiktatur Brasiliens“. Während der Zeit von 1964 bis 1985 waren Menschenrechtsgruppen zufolge staatlicher Mord, staatliche Todesschwadronen, Folter und das Verschwindenlassen von Oppositionellen die Normalität. Ein staatlicher Bericht aus dem Jahr 2014 belegt schwere Menschenrechtsverletzungen. Die Zeitung führt auch „sprachliche Ausfälle gegen Feministen, Homosexuelle, Linke aller Art und die Angehörigen benachteiligter Minderheiten“ an. Nach Evangelium in Reinstform klingt das nicht. Ebenso könnten sich Christen daran stören, dass Bolsonaro eine Abneigung gegen das Pariser Klimaschutzabkommen hat. Die Bewahrung der Schöpfung – etwa in der Form des brasilianischen Regenwaldes, der eine unwiederbringliche Artenvielfalt beheimatet – ist jedenfalls kein erklärtes Ziel des Präsidenten.

Der Politiker war vor seiner Wahl nicht nur wegen zweifelhafter Äußerungen ins Visier geraten, wohl auch wegen seiner Nähe zu den „erzkonservativen Freikirchen“. Allein darin sehen einige Medienvertreter eine Kampfansage an die Gesellschaft. Die Wahl Bolsonaros war deshalb hierzulande meist kritisch bewertet worden. Die ständige Berufung des Politikers auf Gott stört viele und gilt als ein Zugeständnis an die evangelikalen Pfingstkirchen des Landes.

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