BKA-Gesetz: Muslime fühlen sich betrogen

Der neue BKA-Gesetzentwurf schützt staatlich anerkannte Religionsgemeinschaften. Christliche Geistliche, Abgeordnete und Strafverteidiger dürfen nicht abgehört werden - Imame hingegen sind nicht mit inbegriffen und fühlen sich daher diskriminiert.
Von PRO

Am Dienstag haben sich Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) auf einen neuen Entwurf für das BKA-Gesetz geeinigt. Grund für den neuen Gesetzentwurf war der vorherige Entwurf Anfang dieses Jahres, in dem der absolute Abhörschutz für Geistliche bei Terrorverdacht nicht mehr gelten sollte. Das Kabinett soll noch vor der Sommerpause über den neuen Gesetzentwurf entscheiden.

Angeblich stammte der ursprüngliche Entwurf von Schäuble, der daraufhin sagte, er habe von dem Schriftstück nie gewusst, meldet „Spiegel Online“. Der Innenminister stoppte den Gesetzentwurf und einigte sich mit Zypries am vergangenen Dienstag auf den neuen Entwurf. Pfarrer und Priester behalten darin ihren Abhörschutz, den Imame weiterhin nicht haben. Ein Sprecher des Bundesministeriums gab gegenüber „Spiegel Online“ als Grund an, dass der Islam keine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, Imame also keiner staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft angehörten.

„Nicht jeder Geistliche ist auch rechtlich einer“

Aiman Mazyek, Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, sagte, die Begründung des Bundesministeriums beinhalte „fadenscheinige Argumente“ und sei in Wirklichkeit eine „staatliche sanktionierte Diskriminierung“ – schließlich sei der Islam bereits als Religionsgemeinschaft im Grundgesetz geschützt. Es werde immer so getan, als ob es um muslimische Extremisten gehe – aber die würden immer ein Schlupfloch finden. Der Gesetzentwurf solle daher überarbeitet werden und Imame auch vor Abhörungen schützen, fordert Mazyek. Imame müssten genauso behandelt werden wie christliche Geistliche, sie leisteten schließlich dieselbe Arbeit, sagte Bekir Alboga von der türkischen-islamischen Union der Anstalt für Religion „Ditib“.

„Nicht jeder, der behauptet, Geistlicher zu sein, ist auch rechtlich einer“, sagte SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz. „Dass Imame nicht unter die geschützten Berufsgruppen fallen, ist kein gezieltes Manöver, um islamischen Hasspredigern nachzustellen. Der absolute Abhörschutz besteht ohnehin nur für Personen, die im Rahmen des Gesetzes handeln. Wenn etwa ein Imam mit einem Selbstmordattentäter telefoniert und ihm den letzten Segen gibt, macht er sich damit schon strafbar. In so einem Fall könnten auch christliche Geistliche abgehört werden.“ Laut Wiefelspütz sei das letzte Wort bei dem BKA-Gesetzesentwurf noch nicht gesprochen.

Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagte zu den Plänen der Regierung: „Imame sind keine Geistlichen im Sinne von Gesetz und Rechtsprechung. Es genießt nicht jeder Schutz, der sich als Geistlicher bezeichnet“, so Bosbach. Dies sei nicht erst jetzt so geregelt worden, sondern schon früher in dem Entwurf festgeschrieben worden.

Online-Durchsuchungen in Wohnung von Verdächtigem nicht möglich

Der neue BKA-Gesetzentwurf soll nun auch das zuvor strittige Thema der Online-Durchsuchung klären. Die Nachrichtenagentur „Reuters“ meldete, dass Ermittler nicht heimlich in die Wohnung eines Verdächtigen eindringen dürfen, um eine Spionage-Software auf einem Computer zu installieren. „Die Fahnder sind damit darauf angewiesen, über das Internet auf den fremden Computer zuzugreifen“, schreibt „Reuters“.

Die Sprecherin des Zentralrats der Muslime, Nurhan Soykan, sagte am Mittwoch: „Anders als christliche Geistliche werden Imame nicht vor Online-Durchsuchungen und Telefonüberwachungen geschützt. Wir halten das für eine unsachliche Ungleichbehandlung.“ (PRO)

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