Bischof Huber mahnt Politiker: „Macht ist kein Selbstzweck“

P o t s d a m (KEP) - Politische Aufgaben sind wichtiger als "die politischen Farbkombinationen. Die Lösung gemeinsamer Aufgaben muss Vorrang haben vor dem Erreichen persönlicher Ziele", mit diesen Worten hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, die Politiker zum Tag der Deutschen Einheit an ihre Verantwortung erinnert. Huber predigte bei dem ökumenischen Gottesdienst in der Potsdamer Nikolaikirche.
Von PRO

Bischof Huber begann den Gottesdienst mit einem Zitat aus der Bibel: „Wer unter euch groß sein will, der soll euer Diener sein und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein.“ Mit dem Gottesdienst begannen die zentralen Feiern zum 15. Jahrestag der Deutschen Einheit. Allerdings verpassten die Hauptadressaten die mahnenden Worte des Bischofs. Die beiden Anwärter auf das Amt des künftigen Regierungschefs waren während der Predigt nicht anwesend. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) traf wegen Nebels in Hannover verspätet beim ökumenischen Gottesdienst ein. Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) nahm nicht an dem Gottesdienst teil und erschien erst zum anschließenden Festakt.

„Untragbare Situation für unsere Kinder“

In seiner Bilanz über die Situation des vereinten Deutschlands nannte Huber die Verschuldung des Staates eine „untragbare Hypothek für unsere Kinder“. Er gab zu, dass „die Last, die politisch Verantwortlich zu tragen haben, groß ist“, forderte aber gerade deswegen dazu auf, den Blick stärker auf das Kreuz zu richten.

In seiner Predigt stellte der Bischof die Aussagen des Evangeliums in den Vordergrund:  „Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.“

Deutliche Anspielungen gab es vonseiten des Bischofs auch zum derzeitigen Machtkampf um das Amt des zukünftigen Bundeskanzlers: „Wer darauf pocht, der Erste zu sein, verletzt die Regeln. Denn wer Jesus als den Herrn bekennt, der sich allen zum Diener gemacht hat, der richtet sich auch im eigenen Handeln am Wohl des Nächsten aus, nicht am eigenen Machtanspruch. Das Kreuz Jesu steht als Zeichen dafür, dass Menschen sich nur vor Gott beugen, sonst vor keiner Macht der Welt. Aufrecht stehen sie und lassen sich nicht verbiegen. Aber sie beugen sich für den Nächsten, der ihre Hilfe braucht. Sie stellen sich in den Dienst einer Botschaft, in der sich die Liebe zu Gott mit der Liebe zum Nächsten verbindet.“

Nicht herrschen, sondern dienen

Huber wies klar darauf hin, dass Jesu Worte Auswirkungen auf den politischen Bereich haben müssten. „Wenn im Zentrum unserer Welt und unseres Glaubens einer steht, dem es nicht aufs Herrschen ankommt, sondern aufs dienen, dann bleibt das nicht ohne Folgen für die Ausübung von Herrschaft.“

Nach der Ansicht Hubers wollen Menschen „auf dem schwierigen Weg, der jetzt gemeistert werden muss“, mitgenommen werden. Dies sei die Chance, wieder Vertrauen zu wecken und zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. „Die Menschen erwarten ehrliche Antworten und wollen dabei sein, wenn es darum geht, unser Vaterland zu erneuern“, erklärte Huber. Dafür brauchen wir „Verantwortungsträger, die bereit sind, den Hilfsbedürftigen eine Hand zu reichen, damit Starke und Schwache ans Ziel kommen“, ermahnte Huber.

Der Berliner Erzbischof Sterzinsky mahnte, obwohl sich seit 1990 vieles zum Besseren entwickelt habe, dürfe man sich mit dem Erreichten nicht zufrieden geben.

An dem Gottesdienst nahmen neben Bundespräsident Horst Köhler, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und dem amtierenden Bundesratpräsidenten Matthias Platzeck (beide SPD) auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Hans-Jürgen Papier, sowie Kabinettsmitglieder der Bundesregierung und zahlreiche Ministerpräsidenten teil.

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