Bildungsplan: Gegner und Befürworter treffen bei Demo aufeinander

Gegner des baden-württembergischen Bildungsplans haben am Samstag in Stuttgart erneut gegen den Gesetzesentwurf der Landesregierung demonstriert, sexuelle Vielfalt in den Lehrplan aufzunehmen. Dabei feierten sie auch die Erfolge der eurokritischen Parteien in Europa.
Von PRO
"Ehe und Familie vor" war das Motto der Demonstranten in Stuttgart, ...
Unter dem Motto „Ehe und Familie vor“ versammelten sich am Samstag in Stuttgart Bildungsplangegner zur vierten Demonstration gegen den Gesetzesentwurf der grün-roten Landesregierung. Laut dem Papier sollen Homosexualität und sexuelle Vielfalt in den Lehrplänen aufgegriffen werden. Bei der Kundgebung trafen Demonstranten und Gegendemonstranten aufeinander. Die bei der sogenannten „Demo für alle“ anwesende Publizistin Birgit Kelle sagte: „Das kann doch nicht angehen, das wir so attackiert werden.“ Mit der den Bildungsplan ablehnenden Position haben besonders die Gegendemonstranten ein Problem, die vor allem der schwul-lesbischen Bewegung und dem linken Spektrum angehörten. Mehrere Hundertschaften der Polizei mussten die laut Polizeiangaben 700 Demonstranten – die Veranstalter sprechen von 1.000 – von knapp 300 Gegendemonstranten getrennt halten, die den Demozug angriffen. 800 Polizisten waren im Einsatz.

Störungen und 70 vorläufige Festnahmen

Insgesamt kam es zu 70 vorläufigen Festnahmen, nachdem „Antifa“-Anhänger versuchten, die Absperrgitter zu überwinden. Sie müssen mit Anzeigen wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz rechnen. Olef Petersen, Sprecher des Polizeipräsidiums Stuttgart, sagte: „Bei den Störaktionen kam es zu einem Gerangel, bei dem wir Schlagstöcke und Pfefferspray einsetzen mussten.“ Bis auf einen Böller, der einen unbeteiligten 50-Jährigen leicht verletzte, sei es verglichen mit vorangegangenen Demonstrationen relativ friedlich zugegangen. Lediglich gegen Ende der Demonstration beim Staatstheater ertönten die Lautsprecher der Polizei noch einmal vor dem See: „Unterlassen Sie das Bespritzen der Polizeibeamten.“

„Kulturkampf“ ist europäische Angelegenheit

Obwohl weniger Demonstranten als bei den vergangenen Veranstaltungen der Bildungsplangegner gekommen waren, feierten die Redner ihre Bewegung als Erfolg. Guillaume Got von „La Manif Pour Tous“, der französischen Vorbildaktion für die „Demo für alle“, sagte: „Jetzt sollte der grün-rote Bildungsplan eigentlich verabschiedet werden. Und wir haben erreicht, dass er zumindest herausgezögert ist.“ Er sieht den „Kulturkampf“ als europäische Angelegenheit und freut sich über das Erstarken der national-konservativen Parteien in Europa. Hubert Gindert, Vorsitzender des Forums Deutscher Katholiken, wurde noch deutlicher: „Es reicht nicht, dass der Bildungsplan der Landesregierung modifiziert wird. Er muss ganz gestoppt werden.“ Er fügte hinzu, dass Genderideologie gegen die Vernunft und gegen Gott sei. Die Beiträge der Redner eröffnete Birgit Kelle und plädierte dafür, dass nicht dem Staat, sondern den Eltern „die Hoheit über die Kinderbetten“ gehört.

Meinungen zum Umgang mit Homosexualität gehen auseinander

Während unter den Demonstranten Einigkeit herrscht, dass der Bildungsplan gestoppt werden müsse, ist eine große Bandbreite von Meinungen zu vernehmen, was den Umgang mit Homosexualität im allgemeinen angeht. Einige Demonstranten lehnen Homosexualität ab. Volker Kempf, Sprecher des AfD-Kreisverbands Breisgau-Hochschwarzwald, sieht Homosexualität an sich als nichts Verwerfliches, fordert aber, dass sexuelle Fragen Erziehungssache sind. Er ärgert sich, dass ihn „die Grünen mit ihrem pädophilen Rattenschwanz“ über Moral aufklären wollten. Dass er sich bei der „Demo für alle“ auch in Gesellschaft von radikaleren Gruppen befindet, stört ihn nicht. Zur Kundgebung reisten auch Vertreter der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften „Identitären Bewegung“ an. Kempf meinte: „Ob hier ein paar Rechtsradikale oder Sektenmitglieder sind oder nicht – ich sehe hier anständige, bürgerliche Leute.“ Chritoph Ozasek, der am Rand des Schillerplatzes steht, will sich nicht so recht ins Erscheinungsbild der Bildungsplangegner einreihen. Ozasek wurde für die Linke neu in den Stuttgarter Gemeinderat gewählt. „Ich habe mich hier reingeschlichen“, sagte er zu und deutete auf einen Torbogen, der nicht von der Polizei abgesperrt wurde. Er hält ein Plakat hoch, auf dem er bekennt, für den Bildungsplan der grün-roten Landesregierung zu sein. Besonders stört er sich daran, dass sich mit dem Kreisvorsitzenden Karl-Christian Hausmann die CDU an der Demonstration beteiligt. „Mit dem schwulen Bundestagsabgeordneten Stefan Kaufmann dachte ich eigentlich, dass die CDU langsam ein liberales Großstadtmodell etabliert. Der Redebeitrag von Herrn Hausmann hier zeigt, dass das noch ein weiter Weg ist“, sagte Ozasek, der die erste Gegendemo mitorganisiert hatte, als Bildungsplangegner zum ersten Mal zusammengekommen waren. CDU-Politiker Kaufmann meldete sich am Sonntag per Twitter zu Wort: „Herr Hausmann hat sich gegen das Votum des CDU-Kreisvorstandes als Einzelperson an dieser Demo beteiligt.“

Rechtsextreme Gruppen waren vor Ort, aber nicht erwünscht

Hedwig von Beverfoerde, Koordinatorin der „Demo für alle“, betrachtete die Demonstration als Erfolg. „Es ist schön, dass trotz des Regenwetters so viele gekommen sind“, resümierte sie. Besonders lobt sie die „gute Arbeit der Polizei“, die Eskalationen mit den Gegendemonstranten weitestgehend verhindert habe. Konfrontiert man von Beverfoerde damit, dass sich auch rechtsextreme Gruppen unter die Demonstrantenschar mischten, beharrte diese darauf, dass das nicht im Sinne des Erfinders sei. „Als wir gesehen haben, dass die Identitären ihre Fahne geschwenkt haben, sind unsere Ordner sofort eingeschritten und haben sie gebeten, die Fahne einzupacken oder den Platz zu verlassen“, sagte von Beverfoerde. Auch, dass ein muslimischer Redebeitrag auf der Demo zugelassen sei, zeige, dass die Initiatoren sich deutlich vom rechten Spektrum distanzieren. Ein Termin für die nächste Demo der Bildungsplangegner steht noch nicht fest. „Irgendwann im Herbst“, sagte von Beverfoerde. Bis dahin würden die Initiatoren mit kleineren Aktionen wie Infoständen für die Sache der Bildungsplangegner werben. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/politik/detailansicht/aktuell/startschuss-fuer-bildungsplan-auf-2016-verschoben-87960/
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/detailansicht/aktuell/gespraech-zwischen-kretschmann-und-evangelikalen-bildungsplan-wird-ueberarbeitet-87753/
https://www.pro-medienmagazin.de/paedagogik/detailansicht/aktuell/lack-und-leder-auf-dem-lehrplan-87954/
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