„Big Brother“: Jubiläum eines Tabubruchs

 Vor zehn Jahren lief in den Niederlanden die erste Folge der umstrittenen TV-Show "Big Brother". Die später auch in Deutschland erfolgreiche Fernsehsendung zeigt eine Gruppe von Menschen, die in einem "Container" lebt und permanent von Kameras überwacht wird. Ein Kandidat nach dem Anderen wird von den Zuschauern "rausgewählt". Die Gewinner sind hoch geflogen – und zum Teil tief gefallen.  

Von PRO

Bart Spring in ‚t Veld war 1999 der Erste, der aus dem Wohncontainer von "Big Brother" als Gewinner hervorging. Er bekam 250.000 Gulden (etwa 120.000 Euro)– und eine Popularität, die ihn in den kommenden Jahren fünf Nervenzusammenbrüche kosten sollte. In der "Süddeutschen Zeitung" erzählt er, dass er niemals teilgenommen hätte, wenn ihm die Konsequenzen bewusst gewesen wären. "Wir hatten oft einen Riesenspaß an der Show", gibt Spring in ‚t Veld dennoch zu. Das sagt er wohl auch rückblickend auf seine Liebesnacht mit Teilnehmerin Sabine vor laufenden Kameras. Die Sexszene ließ den Marktanteil der Sendung von 20 auf 75 Prozent steigen. Dennoch sei das Fernsehen seit "Big Brother" zu einer "Orgie der Verdummung" verkommen. Seinen Gewinn hat der Kurzzeit-Star inzwischen verspekuliert, arbeitet heute als Verkehrserzieher.

Bereits 9 Staffeln in Deutschland

In Deutschland begann "Big Brother" im Jahr 2000 auf "RTL II" – mit großen Erfolg. Besonders um die Bewohner Jürgen Milski und Zlatko Trpkovski entwickelte sich schnell ein Hype. Beide landeten nach ihren Auszügen mit Party-Schlagern auf Platz 1 der deutschen Musikcharts. Während sich Trpkovski seit einem misslichen Auftritt beim deutschen Vorentscheid zum "Eurovision Song Contest" im Jahr 2001 wieder seiner Tätigkeit als Kfz-Mechaniker widmet, moderiert Milski bis heute Call-In-Gewinnspiele beim Quizsender "9Live". Obwohl der Erfolg und der Medienrummel um "Big Brother" mit jeder neuen Staffel geringer wurde, ist für 2010 eine zehnte Auflage der Show geplant.

Kritiker: Menschenwürde in Gefahr

Kritiker der Show mahnen die Verletzung der Menschenwürde der Kandidaten durch die 24-Stündige Videoüberwaschung an. Bemängelt wird außerdem, dass die Bewohner in den jüngeren Staffeln, getrennt nach arm und reich, entweder in luxuriösen oder unkomfortablen Bereichen hausen müssen – ein inszenierter Klassenkampf. Beobachter kritisieren darüber hinaus, dass das Sozialverhalten der zusammengecasteten Teilnehmer nicht immer vorbildlich sei. Für Kopfschütteln sorgte hier zum Beispiel Christian Möllmann aus Staffel zwei: nach seinem freiwilligen Auszug lästerte und schimpfte er über die anderen Teilnehmer. Seine CD mit dem Titel "Es ist geil, ein Arschloch zu sein" erreichte Platinstatus.

Viele Fernsehsender versuchten, an den Erfolg von "Big Brother" anzuknüpfen: "GirlsCamp" (Sat.1) und "House of Love" (RTL) setzten noch expliziter auf den Faktor Erotik als Zuschauermagnet – allerdings mit mäßigem Erfolg. Die Dschungelshow "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus" wurde allerdings auch 2009 wieder vom Publikum mit Rekordquoten belohnt. So wurde "Big Brother" vor zehn Jahren zu einem Türöffner für Trash-TV – und diese Tür wird offen bleiben, bis der Zuschauer sie schließt. (PRO)

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