Bielefeldt: Medien sollen Muslime fair behandeln

Kein zwangsläufig schönes – aber ein faires Bild sollen die Medien von Muslimen in Deutschland zeichnen. Das hat der Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen für Religionsfreiheit, Heiner Bielefeldt, bei einer Veranstaltung der Deutschen Islamkonferenz in Berlin gefordert.

Von PRO

Muslimfeinde spielten sich öffentlich "als letzte Heroen der Meinungsfreiheit" auf, sagte Bielefeldt in einem Vortrag im Rahmen der Fachtagung "Muslimfeindlichkeit – Phänomen und Gegenstrategien". "Es ist nichts Heroisches an einem Geert Wilders oder einem Thilo Sarrazin", führte er fort und rief die Muslime dazu auf, sich mit Aufklärung und öffentlichem Widerspruch gegen "Hassreden" zu wehren. Bielefeldt sieht in Deutschland eine verbreitete Muslimfeindlichkeit, die teilweise auch zum Rassismus tendiere. Immer dann, wenn die Rede von "den Muslimen" sei und das Individuum nicht mehr wahrgenommen werde, könne man von ersterem sprechen. Ein Beispiel dafür sei der oft pauschal geäußerte Vorwurf, Muslime seien verlogen.

Besonders "schrill" und "übel" habe sich die Muslimfeindlichkeit im Rahmen der Beschneidungsdebatte gezeigt. Die religiöse Diskriminierung von Muslimen sei auch Ausdruck eines "aggressiven Säkularismus", der in der jüngsten Debatte schärfer und ausgrenzender zutage getreten sei, als er es jemals vermutet habe, sagte Bielefeld. Insgesamt bewertete er den Streit um die Beschneidung als "vollkommen unangemessen". Ein entsprechendes Gesetz, wie es die Bundesregierung nun auf den Weg gebracht hat, reiche nicht aus, um die Vorbehalte gegen Muslime abzubauen. Eine gesellschaftliche Veränderung müsse geschehen. Die größten Vorbehalte der Deutschen gegenüber Muslimen sieht Bielefeldt im Bereich der Frauenrechte und der Sexualität, etwa in Fragen des Kopftuchs oder der Burka, der Zwangsverheiratung, der Homophobie oder eben der Beschneidung. Die christliche Identität und der Anspruch, in einer modernen westlichen Demokratie zu leben, diene vielen Deutschen als Abgrenzung zu Muslimen.

Muslima hat schlechteste Chancen auf Studienplatz

Der Konfliktforscher Andreas Zick belegte eine Muslimfeindlichkeit in Deutschland mit eigenen Forschungsergebnissen. Im europäischen Vergleich seien die Deutschen überdurchschnittlich islamfeindlich. So seien 2008 46 Prozent der Meinung gewesen, es gebe zu viele Muslime in Deutschland – in allen EU-Staaten zusammen waren es durchschnittlich 44 Prozent. Die Aussage, die muslimische Kultur passe gut nach Deutschland, bejahten 17 Prozent – in den EU-Staaten waren es 31 Prozent. Im Islam sehen 53 Prozent der Deutschen eine Religion der Intoleranz.

Zick fand zudem heraus, dass Islamfeindlichkeit mit dem Alter zunimmt, aber nicht vom Geschlecht abhängig ist. Stärker ausgeprägt sei sie zudem bei einem niedrigen Bildungsniveau und ausgeprägtem Nationalstolz. Interkulturelle Freundschaften wirkten Islamfeindlichkeit entgegen: "Kontakt nützt", stellte Zick dazu fest. Für eine weitere Erhebung hatte Zicks Team Testpersonen die fiktiven Lebensläufe dreier mutmaßlich unterschiedlicher Personen vorgelegt, die sich um einen Studienplatz für Psychologie bewarben. Tatsächlich unterschied die Lebensläufe lediglich der Name der Person und deren leicht verändertes Äußeres. Einmal mutete die dargestellte Frau polnisch, einmal deutsch und einmal muslimisch an. Als Muslima hielten sie die Testpersonen in zwei von drei Fällen für am wenigsten geeignet für den Studienplatz. Nur einmal schnitt sie als Polin leicht schlechter ab. Der Deutschen gaben die Befragten jeweils am liebsten den Platz in der psychologischen Fakultät.

Religion wirkt positiv

Passend dazu erklärte der Vorsitzende des DITIB-Landesverbandes Hamburg, Zekeriya Altuğ, heutzutage sei nicht mehr der Mann zu Hause der Grund dafür, dass muslimische Frauen an den heimischen Herd verbannt würden – sondern die Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Deutschland fehlten Normen zur Anerkennung von Muslimen. Altuğ sprach von einer "Kulturhierarchie" und forderte ein Ende des Kopftuchverbots bei Beamtinnen, wie es in manchen Bundesländern existiert. Die DITIB ist die "Türkisch-Islamische Union" und einer von verschiedenen muslimischen Dachverbänden in Deutschland.

Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Klaus-Dieter Fritsche, geißelte "Hasspropaganda und Hasskriminalität". "Religiöse Bindungen sind grundsätzlich positiv wirkende Faktoren in unserer Gesellschaft", nahm er die Muslime in Schutz. Um Diskrimierungen und Gewalttaten vorzubeugen, bedürfe es zweierlei: Gesellschaftlicher Aufklärung und einer eindeutigen Distanzierung der Islamverbände vom Extremismus. (pro)

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