Bibelstudium für gestresste Polizisten

Die brasilianische Militärpolizei muss für Recht und Ordnung sorgen, darf gegen Zivilisten aber nicht grundlos handgreiflich werden. Weil Stress und damit die Gewaltbereitschaft der Polizisten immer mehr steigen, soll in der Hauptstadt Brasilia nun ein Bibelkurs helfen, berichtet das Nachrichtenportal Charisma News.
Von PRO

Paulo Henrique Silva de Pinho und seine Frau haben viel gestritten. Nicht nur sein Sohn litt darunter, auch bei der Arbeit war der Polizist unkonzentriert und stand ständig unter Stress. Dann nahm der 34-jährige Brasilianer an einem dreimonatigen Bibelkurs teil, der sein Leben veränderte. „Es war eine hervorragende Gelegenheit für mich, zu lernen, wer ich bin, und als Vater, Ehemann und als Polizist zu wachsen.“ Er habe gelernt, geduldiger und toleranter zu sein. Der Kurs habe ihm geholfen, seine Rolle in der Familie zu erfüllen, sagte er gegenüber der amerikanischen Nachrichtenseite Charisma News.

De Pinho ist einer von 70 Teilnehmern des „Moralischen Bildungsprogramms“, das die Militärpolizei der brasilianischen Hauptstadt Brasilia zusammen mit der „Universität der Familie“ in Sao Paulo anbietet. Das dreimonatige Pilotprojekt lehrt, wie biblische Prinzipien im Alltag angewendet werden können, zum Beispiel zur Lösung familiärer Probleme. Außerdem geht es um Themen wie Erziehung, Finanzen und den Aufbau persönlicher Beziehungen.

Menschenrechte respektieren

Die Militärpolizei ist der zivile Arm des Militärs und für die Einhaltung von Recht und Gesetz auf Brasiliens Straßen zuständig. Durch familiären und persönlichen Stress wächst bei den Polizisten die Gewaltbereitschaft gegenüber der Zivilbevölkerung stetig an, schreibt Charisma News. Besonders in Einsätzen bei derzeit häufigen Demonstrationen gegen die Finanzpolitik und gegen politische Korruption sind die Polizisten gefordert, einen kühlen Kopf zu bewahren und gelernte, militärische Taktiken nicht gegen Zivilpersonen anzuwenden.

Lucia Nader, Geschäftsführerin einer Menschenrechtsorganisation in Sao Paulo, sieht deshalb dringenden Handlungsbedarf. „Die Militärpolizei hat den Demokratisierungsprozess im Land noch nicht durchgemacht. Sie muss in der Lage sein, Zivilisten zu schützen und darf sie nicht als Feinde behandeln. Sie muss ihre Rolle effizient erfüllen, aber gleichzeitig Menschenrechte respektieren“, erklärte sie.

Da sich 90 Prozent der Brasilianer als Christen bezeichneten, habe das Material des Kurses auch einen christlichen Schwerpunkt, sagte der Polizeiseelsorger Gisleno Farias, der das Programm koordiniert. „Im Dezember dieses Jahres, wenn der Kurs zu Ende geht, werden wir die Ergebnisse auswerten und es darüber entscheiden, ob der Kurs landesweit fortgesetzt wird. Wenn es soweit kommt, werden wir sicher gehen, dass ähnliche Initiativen daran angeschlossen werden, die auf Materialien anderer Glaubensrichtungen basieren. Das hängt aber von der Nachfrage ab“, erklärte der Seelsorger.

Keine religiösen Doktrinen verbreiten

Für den Bibel-Kurs hatten sich mehr als 150 Polizisten beworben. Nur 70 davon bekamen einen Platz in dem Kurs. Einmal in der Woche treffen sich die Polizisten dort für zwei Stunden, um die Bibel zu studieren.

Der christliche Schwerpunkt rufe allerdings Kritik hervor, berichtet das Nachrichtenportal Charisma News. Brasilien sei ein säkularer Staat und die Polizei dürfe nicht bestimmte religiöse Interessen verfolgen. In öffentlichen Institutionen dürften keine christlichen Lehren verbreitet werden, fordern die Kritiker. „Das Gesetz verbietet die Ausbreitung religiöser Doktrinen“, erklärte Paulo Blair, Dozent an der Universität Brasilien für Staatsrecht. Ein Sprecher der Militärpolizei sagte daraufhin, so wie einerseits keine Religion bevorzugt werden dürfe, dürfe andererseits auch keine Religionsausübung behindert werden. Man sehe den Kurs als eine Möglichkeit, die den Polizisten helfen könne.

Bei de Pinho hat das funktioniert, erklärte seine Frau Ruth: „Dieser Bibelkurs hätte zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Ich habe meinen Ehemann wieder zurück bekommen.“ Ihr Mann sei motiviert, liebevoll und seine Veränderung habe auch ihr geholfen, verständnisvoller mit ihm umzugehen. „Ich freue mich auf unsere gemeinsame Zukunft als Familie.“ (pro)

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