Die Grünen-Fraktion des Landtages hatte die geplante – und am gestrigen Montag durchgeführte – Aktion in der letzten Woche heftig kritisiert. Ihre Parlamentarische Geschäftsführerin Gabriele Heinen-Kljajic hatte in einem Brief die Bedenken damit begründet, dass sich innerhalb der Evangelischen Allianz christlich-fundamentalistische Positionen wiederfänden, "die mit Toleranz und einem aufgeklärten Menschenbild wenig gemein" hätten.
Die Evangelische Allianz Hannover zeigte sich von den Vorwürfen unbeeindruckt. Christen aus 30 Gemeinden der Stadt beteten am Montag für die politischen Verantwortlichen. "Es war kein politisches Gebet, sondern es galt, die Arbeit der Abgeordneten und Bediensteten zu würdigen", so Graap gegenüber pro. Die 20 Personen in der Staatskanzlei, 15 im Rathaus und weitere 25 im Portikus des Landtages ließen sich auch von dem Medieninteresse vor Ort nicht beirren.
Wenn das Beten zur Herzensangelegenheit wird
Während im Landtag Vizepräsident Hans-Werner Schwarz (FDP) die Gäste begrüßte, wurden die Christen im Rathaus vom Ersten Bürgermeister Bernd Strauch (SPD) willkommen geheißen. In der Staatskanzlei empfing Referatsleiter Ulff Konze die Anwesenden. Schwarz würdigte die Menschen, denen es eine Herzensangelegenheit sei, für Politiker zu beten. Laut der Nachrichtenagentur idea habe Schwarz auch seine Absicht geäußert, am Nationalen Gebetsfrühstück in den USA am 2. Februar teilzunehmen.
Die Grünen hatten kritisiert, den Landtag religiösen Gruppen gleich welcher Konfession für religiöse Handlungen zur Verfügung zu stellen. Mit der Einladung werde die Verpflichtung zur Neutralität verletzt. Bei einer Organisation wie der Evangelischen Allianz erscheine es nicht geboten, von der üblichen Praxis abzuweichen. Graap hatte die Vorwürfe bereits im Vorfeld entkräftet. "Dass wir nicht tolerant sind und kein aufgeklärtes Menschenbild vertreten, können wir so nicht nachvollziehen. Wir suchen nur der Stadt Bestes", sagte er in Anlehnung an die Bibelstelle aus Jeremia 29,7 .
Proteste der Humanistischen Union
Das Ereignis hatte regionale und christliche Fernsehstationen in die niedersächsische Landeshauptstadt gelockt. Auch die Humanistische Union hatte ihren Protest zum Ausdruck gebracht. Zumindest auf landespolitischer Ebene bleibt das Thema auf der Agenda. Auf Anfrage von pro teilte die Pressestelle des Landtags mit, dass Landtagspräsident Hermann Dinkla (CDU) das Schreiben zum Anlass nehmen wird, im Landtagspräsidium "über diese Begegnung und andere vergleichbare Veranstaltungsbegehren" zu diskutieren. Er hatte die Abgeordneten und Mitarbeiter per Flyer eingeladen.
Die Veranstaltung in Hannover fand im Rahmen der 166. Internationalen Allianzgebetswoche vom 8. bis 15. Januar statt. Daran beteiligen sich über 1.100 Gemeinden. Die 1846 gegründete Allianz ist eine Vereinigung von Christen unterschiedlicher Kirchenzugehörigkeit in mehr als 120 nationalen Zusammenschlüssen. Laut Deutscher Evangelischer Allianz (DEA) wird die Gebetswoche nicht nur in Deutschland, sondern in mindestens 25 weiteren Staaten veranstaltet. Die DEA vertritt als Dachorganisation Schätzungen zufolge mehr als eine Million evangelikal-pietistisch orientierte Christen aus Landes- und Freikirchen in Deutschland. Sie steht als treibende Kraft hinter Missionsveranstaltungen wie "ProChrist" und "JesusHouse" und hat ihren Sitz in Bad Blankenburg in Thüringen. (pro)