Besier in „WamS“: „Religion nicht mit Religion begegnen“

B e r l i n (PRO) - Europa sollte dem islamischen Fundamentalismus nicht die eigene Religion entgegensetzen, sondern seine säkularen Werte. Diese Meinung vertritt Gerhard Besier, Direktor des Hanna-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung der Technischen Universität Dresden. Der wegen seiner Sympathie für die Scientology-Sekte umstrittene Theologe schrieb einen Gastkommentar in der Wochenzeitung "Welt am Sonntag".
Von PRO

Bedrohungen unserer Gesellschaft

„Während die etablierten Kirchen im Westen ständig Marktanteile verlieren und unter ihrer Randständigkeit leiden, ‚opfern‘ sich im Nahen Osten islamische ‚Gotteskrieger‘ für ihre religiöse Überzeugung“, so Besier. Für diese Menschen seien Himmel und Hölle so wirklich wie diese Welt.

„Das ist bei der überwältigenden Mehrheit der Menschen in Europa und Nordamerika anders“, meint der Wissenschaftler. Für die christlichen Denominationen sei dies schmerzlich. Auch die islamistische Bewegung wolle die „schlummernden Gelüste nach mehr offizieller Anerkennung“ der aufgeklärten Religionen wecken. Dieses Anerkennungsstreben berge eine Gefahr: „Natürlich geben sich unsere Amtskirchen heute aufgeklärt und fromm und tun meist so, als hätten sie sich mit ihrer religiös wie politisch marginalen Rolle abgefunden. Aber die klerikale Versuchung bleibt eine latente Bedrohung auch in unserer Gesellschaft“, warnt der Kirchenhistoriker.

Zivilgesellschaft anstatt Religion

In Deutschland und auch in anderen europäischen Ländern gäbe es zwar eine tiefe Abneigung gegen den fundamentalistischen Islam, allerdings begegne man diesem mit den falschen Mitteln: „Anstatt die säkularen Manifeste unseres universalen Menschenrechtsverständnisses, die aufklärerischen Grundlagen unseres pluralen, demokratischen Verfassungsstaates stark zu machen, wird die Neigung genährt, auf einfache Mythen und Feindbilder zurückzugreifen, Religion mit Religion zu begegnen.“ Kirchliche Vertreter wollten sowohl „christliche Werte“ als auch die Nation als „Bollwerk gegen den bedrohlichen Fundamentalismus“ nutzen.

Auch die Politik setze dem Fundamentalismus ein eigenes christliches Menschenbild entgegen. Dieses werde sich jedoch schon sehr bald „als leeres Postulat erweisen“, prognostiziert Besier. Er empfiehlt deshalb: „Das säkulare, rationale Europa sollte seine offene Zivilgesellschaft als Modell stark machen – eine Gesellschaft, die unabhängig von Nationalitäten, Kulturen und Religionen funktionsträchtig und zukunftsfest ist.“ Eines sei dazu erforderlich: eine klare Trennung von Staat und Kirche.

Scientology-Sympathisant?

Der Kirchenhistoriker Besier, der seit dem Jahr 2003 Direktor des Hannah-Arendt-Institutes ist, musste sich in den vergangenen Jahren dem Vorwurf der „Kumpanei mit Scientology“ stellen. Im September 2003 hatte er als Ehrengast und Redner an der Eröffnungsfeier der Scientologyzentrale in Brüssel teilgenommen. Einen Monat später nahm er die Veröffentlichung seiner Studie „Feindbild Scientology? – Eine amerikanische Religion in Deutschland“ zurück. Besier hatte sich mehrmals gegen die Diskriminierung von Scientology, der „Zeugen Jehovas“ und anderen, teils religiösen Organisationen gewandt.

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