Das Drama „Die Bibel“ verfasste der 15-jährige Bertolt Brecht 1913 für die Schülerzeitung „Die Ernte“, deren Chefredakteur und Herausgeber er war. In Szene gesetzt hat es nun Brechts Enkelin, Johanna Schall, im Rahmen des Brechtfestivals. In der Augsburger Barfüßerkirche wurde der Schriftsteller getauft und konfirmiert. Jetzt diente der Raum als Kulisse für sein Frühwerk. Das Stück besteht aus nicht mehr als drei Szenen und umfasst gerade mal sechs Seiten.
Die Handlung spielt in den Niederlanden, in einer von Katholiken belagerten protestantischen Stadt. Die Lage der Protestanten erscheint aussichtslos. „Das Mädchen“, das keinen Namen hat, sitzt mit ihrem Großvater in der Wohnstube. Sie fürchtet sich, der strenggläubige Großvater zitiert die Bibel. Der Kommandant der Katholiken setzt ein Ultimatum: Er werde die Stadt nur dann verschonen, wenn die Bewohner konvertieren würden und das Mädchen eine Nacht mit dem Kommandanten verbringen würde.
Vater und Bruder des Mädchens sind gewillt, die Tochter und Schwester opfern. Doch der Großvater und das Mädchen gehen nicht auf das Ultimatum ein, die Stadt wird zerstört. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schreibt: „Doch Gott tut nichts. […] Das verweigerte Opfer fürs große Ganze vernichtet auch die Verweigerer. Und Religion ist Opium für Egoisten.“ Die Welt urteilt: „Es ist frappierend, wie klar er (Brecht, Anm. d. Red.) den Konflikt zwischen religiöser Pflicht und tätiger Menschlichkeit ausarbeitete.“
Religiöser Stoff auf der Bühne
Der Trend, religiöse Inhalte auf die Bühne zu bringen, ist zwar nicht neu, nimmt in diesem Jahr aber merklich zu. Längst nicht alle Autoren sind dabei so religionskritisch wie Bertolt Brecht. „Heute ist es nicht selten regelrechte Entdeckerfreude, die einen Theatermacher zur Bibel führt: Es gibt immer mehr Autoren oder Regisseure, die religiös kaum oder gar nicht sozialisiert sind. Irgendwann greifen sie neugierig zur Bibel, sind dann überrascht und geradezu fasziniert von ihrem dramatischen Potenzial,“ erklärte Jakob Johannes Koch, Kulturreferent im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, gegenüber pro.
In der nächsten Ausgabe von pro thematisieren wir drei aktuelle Inszenierungen, die sich mit biblischen Inhalten auseinandersetzen. Unter anderem haben wir für Sie das Werk „Die Apokalypse“ von Theaterregisseur Ulrich Rasche besucht. Die pro 1/2013 können Sie kostenlos und unverbindlich unter der Telefonnummer 06441/915151, via E-Mail an info@pro-medienmagazin.de oder online bestellen.