„Berliner Morgenpost“: Serie über Zehn Gebote fordert heraus

Mit Beginn der Adventszeit hat die "Berliner Morgenpost" eine Serie über "Die Zehn Gebote" gestartet. Mittlerweile ist die Reihe bei Gebot Nummer Neun angelangt. Die Texte werden ebenso in der Online-Ausgabe der größten Berliner Tageszeitung und bei "Welt online" veröffentlicht, wo sie kontrovers diskutiert werden.
Von PRO

Wer als Leser kurze, einspaltige Beiträge in salbungsvoller Sprache erwartet hatte, wurde positiv überrascht. Die einzelnen Artikel fallen schon allein durch ihre exorbitante Länge auf. Der „Berliner Morgenpost“ sind sie je eine Doppelseite wert. Darüber hinaus wird das jeweilige „Gebot des Tages“ durch einen Kommentar des Berliner Bischofs Wolfgang Huber oder seines katholischen Kollegen, Erzbischof Georg Sterzinsky, sowie eines Schülers aus Berlin ergänzt. Interviews, beispielsweise mit dem Berliner Rabbiner Andreas Nachama, Erläuterungen zu den unterschiedlichen Zählweisen der Zehn Gebote sowie die Meinung von Prominenten und ein Bibelquiz runden die Serie ab.

„Zehn Gebote sind mehr als Regeln zur Lebensbewältigung“

Der Religions-Experte der „Berliner Morgenpost“, Matthias Kamann, eröffnete die Serie am 4. Dezember. Er rief seine Leser dazu auf, sich „schleunigst auf das Abenteuer einlassen, alle Zehn Gebote neu kennenzulernen.“ Die Zehn Gebote seien weit mehr als einfach nur Regeln, die man zur Lebensbewältigung auswendig lernen und schematisch einhalten müsse, schreibt Kamann. Vielmehr forderten sie dazu heraus, das eigene Handeln zu überdenken.

Aus diesem Grund begibt sich der Journalist Kamann auf eine Spurensuche zu der Entstehungsgeschichte der Zehn Gebote. Diese seien eine Art „Gründungsmythos“, der im 6. Jahrhundert vor Christus von der religiösen Oberschicht Israels im babylonischen Exil verfasst wurde. Allen voran das Erste Gebot sei als Begründung für den monotheistischen Glauben der Israelis „erfunden“ worden.

„Gebote sind gründlicher Betrachtung wert“

Tatsache sei aber, so Kamann, dass Israel mit dem Ersten Gebot („Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“) einen entscheidenden Fortschritt auf dem Weg zum Rechtsstaat und zur Demokratie gemacht habe. Der darin angelegte Monotheismus habe die Macht des Königs beschränkt. Dadurch, dass sich selbst der König Gott unterordnen musste, war es möglich, dass sich die Propheten ständig mit ihnen streiten konnten. Diese unablässigen Diskussionen offenbarten den „demokratischen Kern“ des jüdischen Monotheismus, so Kamann. Insofern sei besonders das Erste Gebot, dass für „eine pluralistische Gesellschaft an sich inakzeptabel ist, gründlichster Betrachtung wert.“

„Wie prägen die Zehn Gebote unser Leben“

Doch welche Bedeutung haben die Zehn Gebote für den Alltag in einer Stadt wie Berlin? Zur Beantwortung dieser Frage mischten sich Kamanns Kollegen unter die Bewohner der Hauptstadt. Sie trafen sich mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Sterbehilfevereins „Dignitate“ und dem Leiter eines Hospizes, um über das Fünfte Gebot („Du sollst nicht töten“) zu reden. Sie sprachen mit Mobbingopfern und Managerberatern, um über den seelischen und volkswirtschaftlichen Schaden zu diskutieren, der durch das „falsche Zeugnis geben“ (Achtes Gebot) entsteht. Und sie hören sich die Argumente von jungen Hausbesetzern und genervten Mietern an, die sich darüber streiten, ob man das Haus seines Nächsten „begehren“ dürfe (Neuntes Gebot).

Alle Autoren bemühen sich, das jeweilige „Tagesgebot“ in Bezug zum Alltag ihrer Leser zu setzen. Ihre Ansätze sind größtenteils originell und weisen einen hohen Grad an Aktualität auf, wie beispielsweise die Verknüpfung des Fünften Gebots mit dem Thema Sterbehilfe zeigt. Teilweise schießen die Journalisten allerdings auch über das Ziel hinaus. Joachim Fahrun beispielsweise beschreibt in seinem Artikel zum Achten Gebot zunächst den Streit um die Hausbesetzer, um anschließend die Geschichte eines Unternehmers zu erzählen, der durch die Betrügereien von Immobilienspekulanten ruiniert wurde. Eines der Portraits hätte vielleicht ausgereicht, um den Leser zum Nachdenken anzuregen. Zumal dem Artikel ein Kommentar von Bischof Huber und einer Schülerin folgt.

Die Serie endet am 15. Dezember mit einer Seite zur Leserresonanz. Im Internet werden die Artikel bereits jetzt kontrovers diskutiert. Die Texte erscheinen nämlich nicht nur in der Print- und Online-Ausgabe der größten Berliner Tageszeitung, sondern auch auf „Welt-Online“. Die „Berliner Morgenpost“ hat knapp eine halbe Million Leser, Tausende besuchen täglich die Nachrichtenplattform „Welt-Online“.

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