Bei RTL wieder Schönheitsoperationen vor der Kamera

Die Schauspielerin Brigitte Nielsen will sich vor laufender Kamera von deutschen Schönheitschirurgen verschönern lassen. RTL zeigt in der Doku-Serie "Aus alt mach neu – Brigitte Nielsen in der Promi-Beauty-Klinik" die Stationen von der Entscheidung über die Operation bis hin zum Wiedersehen mit ihren Kindern. Mediziner und Pädagogen aber warnen.
Von PRO

Dass sich Menschen vor laufender Fernsehkamera an Nase, Brust oder Bauch operieren lassen, ist für die Fernsehzuschauer nichts Neues mehr. Bereits im Jahr 2004 sorgten TV-Formate wie „I want a famous face“ (MTV) oder „The Swan“ ( Pro7) für Diskussionen. Nun bereitet RTL mit „Aus alt mach neu“ das Thema neu auf. Denn Brigitte Nielsen lässt sich bewusst vor der Kamera „runderneuern“, wie sie es nennt. Gesichts- und Augenfaltenstraffung, Fettunterspritzung im Gesicht, Fettabsaugung, Bruststraffung und neue Zähne sind laut RTL geplant.

Die 44-Jährige redet offen über ihre Motive: „Ich mache eine Rundumerneuerung, eine Grundrenovierung… Es ist wirklich, als würde eine Horde Handwerker ein altes Haus in Schuss bringen“, äußerte sich Nielsen über die anstehenden Operationen. Mit dem öffentlichen Umgang will sie einen „Tabubruch unter den Schönen und Reichen“ in Hollywood bewirken. „Ich weiß, ich bin die erste Promifrau weltweit, die sich so tabulos im Operationssaal filmen lässt.“ Die Heimlichtuerei in Hollywood findet sie „nervig“ und will eine neue Diskussion auslösen: „Man sieht doch, dass die Stars nicht altern. Es ist nicht in Ordnung, dass die Fans angelogen werden.“ Es sei Zeit, dass sich Dinge änderten. „Ich fühle mich wie 30 und will auch wieder so aussehen.“

Der Trend: Ganz schnell schön werden

Die Stars machen es vor – und damit rücken Schönheits-Operationen für viele Jugendliche als scheinbar praktikable Möglichkeit, ihr Aussehen entsprechend dem gängigen Schönheitsideal zu verändern, stärker ins Bewusstsein.

Uwe Schönrade, Medienforscher und Psychologe aus Köln, sagte gegenüber der Deutschen Presse- Agentur: „Gerade Pubertierende, die noch nach ihrer Rolle und Richtung suchen, sind bei fehlenden Vorbildern empfänglich für das inszenierte Idealbild mit makelloser Figur und perfekten Proportionen“. Damit spielte er auch auf Formate wie „Germany`s Next Topmodel“ an. Seiner Ansicht nach sind die Berührungsängste beim Thema Schönheitsoperation deutlich kleiner geworden. Das trifft allerdings nicht nur auf Jugendliche zu.

Insgesamt stieg die Zahl der Schönheitsoperationen in Deutschland laut einer Studie der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung innerhalb von zwei Jahren von 400.000 auf rund eine Million pro Jahr an. Dass 22 Prozent der Frauen nach einem Eingriff über Taubheitsgefühle, Infektionen und andere Nebenwirkungen klagen, zeigt allerdings, dass es sich bei plastischen Operationen keineswegs um eine harmlose Kleinigkeit handelt.

Jeder 5. Teenager möchte seinen Körper verändern

Gerade Pubertierende, die mit ihrem Körper unzufrieden sind, können die Folgen der Eingriffe aber nicht einschätzen. Nach einer Umfrage des Kinderbarometers der LBS-Initiative „Junge Familien“ wünscht sich jeder fünfte Teenager zwischen 9 und 14 Jahren eine Schönheitsoperation. „Der Kopf ist das Problem, nicht der Körper. Der Geist hinkt der Entwicklung hinterher“, kommentierte Michael Mühlschlegel, Sprecher der Kinder- und Jugendärzte in Baden-Württemberg, diese Zahlen. Seiner Ansicht nach würden „nur wenige Kollegen“ Eingriffe wie Fettabsaugungen oder Brustvergrößerungen an Jugendlichen vornehmen. „Aber es gibt überall schwarze Schafe, und genau darin liegt die Gefahr“, sagte er gegenüber dem Magazin „Stern“. In Deutschland darf sich jeder Arzt „Schönheitschirurg“ nennen, ein plastischer Chirurg dagegen muss eine sechsjährige Facharztausbildung absolvieren.

Medienvorbild Idealfigur

Laut Medienberichten ist in den USA eine Nasenkorrektur oder eine Brust-OP zum Schulabschluss keine Seltenheit mehr. In Deutschland forderten Gesundheitspolitiker bereits im April dieses Jahres ein Verbot von Schönheitsoperationen bei Minderjährigen. Kinder würden schon sehr früh darauf vorbereitet, eine Idealfigur zu entwickeln, begründete der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach diese Forderung gegenüber dem NDR. Seiner Ansicht nach sei ein gesetzliches Verbot unumgänglich, weil es zu wenig Selbstbeschränkung der Ärzte gebe.

Laut Kerstin van Ark, Sprecherin der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästethischen Chirurgen (DGPRÄC), sei die bisherige Regelung hingegen ausreichend. “Wir gehen davon aus, dass Eltern und Ärzte sich ihrer Verantwortung bewusst sind.“ Sie verwies aber auf Spanien, wo nach gesetzlichen Vorgaben nur Plastische Chirurgen Schönheits-OPs vornehmen dürften.

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGPÄC), Heinz Bull, sagte gegenüber dem „Stern“: „Seriöse Ärzte werden in Deutschland keine Patienten unter 18 Jahren ästhetisch operieren, es sei denn, es handelt sich um Ohrenkorrekturen, die vor allem bei Kindern empfehlenswert sind.“

Bei den 10.000 Eingriffen, die jährlich an Minderjährigen vorgenommen werden, handele es sich nach Angaben der DGPRÄC um medizinisch angezeigte Operationen bei Kindern, die durch einen Unfall entstellt seien oder eine Ohrenkorrektur bräuchten, so Kinderarzt Mühlschlegel.

Brigitte Nielsen startet ihre „Runderneuerung“ in wenigen Wochen. Medienberichten zufolge will sie als „neue 30-Jährige“ im Herbst für das Magazin „Playboy“ posieren. Ab dem 13. Juli dokumentiert RTL mit vier Folgen die Umgestaltung.

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